Bottrop. Mit einer Genossenschaft wollen engagierte Bottroper die Rathausschänke retten. Dafür sind aber weitere Geldgeber nötig. Das ist die Idee.

Die Rettung der Rathausschänke ist zwar noch nicht in trockenen Tüchern, aber die ersten Schritte sind und werden getan. Zunächst müssen noch etliche Fragen geklärt und bürokratische Hürden überwunden werden.

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Nachdem Wirt Abdel Hmadi im Sommer das Handtuch geworfen hatte, ist die Gaststätte seit der Kneipennacht wieder an einigen Tagen mit „Sondergestattung“ geöffnet. So könne es aber im kommenden Jahr nicht weitergehen, informierte Gregor Schaefers am Donnerstag die rund 40 Interessierten, die seiner Einladung zur „Vorinformation zur Gründung einer Bürgergenossenschaft“ gefolgt waren. Schaefers hatte Ende Oktober angekündigt, die Kultkneipe mit einer Genossenschaft retten und betreiben zu wollen.

Genossenschaft in Bottrop ist ein „Riesentalentpool“

Insgesamt haben sich sogar mehr als 70 interessierte Bürgerinnen und Bürger gemeldet, um sich am Projekt zur Rettung ihres Stammlokals zu beteiligen. Schon bei der langen Vorstellungsrunde stellte sich neben persönlichen Erinnerungen und emotionalen Äußerungen auch die Vielfalt der unterschiedlichen Berufe heraus, die sich entsprechend einbringen könnten. Laut Schaefers ein „Riesentalentpool.“ Ein Steuerberater will das anstehende Projekt begleiten, Studierende der Bottroper Hochschule wollen sich ebenfalls engagieren.

„Wir wollen was tun, anpacken“ stellte Schaefers die Grundidee vor. Der Geschäftsführer einer Firma für medizinische Geräte, der auch zum Gründungsteam von „Bottroper Bier“ gehört, hat die Idee bei der Genossenschaftskneipe im Münsterland kennengelernt. Außerdem hat er bei der vergeblichen Wiederbelebung des Biomarktes Bukes miterleben können, was beim genossenschaftlichen Gedanken alles zu beachten ist: „Wir müssen zusammenarbeiten, ein Wir-Gefühl schaffen. Der Erfolg des Plans hängt an den Menschen, die ihn umsetzen.“

Schaefers konnte im Anschluss einen Liquiditätsplan vorlegen, der mit hochgerechneten Zahlen arbeitet und noch in einen soliden Businessplan umgesetzt werden muss. Bei der Pacht sei man mit den Eigentümern zu einer für beide Seiten verträglichen Lösung gekommen. Businessplan und Genossenschaftsvertrag müssen noch vom Genossenschaftsverband Münster, der das Projekt begleitet, geprüft werden. Dessen Vertreter wies auf die zeitliche Komponente hin. Neben seiner Prüfung seien darüber hinaus noch andere Behörden involviert.

Rathausschänken-Rettung: So teuer soll ein Anteil werden

Eine Genossenschaft sei kein Verein, der sich durch Beiträge finanziere, bei einer Genossenschaft mit leichtem Ein- aber auch Austritt stehe der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund: „Es sollen Erlöse erzielt werden.“ Die Haftung beschränke sich dabei nur auf die eingesetzte Summe. Durch die Genossenschaftsanteile müsse die Anschubfinanzierung gesichert werden. In der Diskussion wurde manchem Anwesenden deutlich, dass es nicht reicht, „einfach“ eine Genossenschaft zu gründen. Auch Schaefers stellte klar, dass es nicht genüge als Freiwilliger mal ein paar Stunden Bier zu zapfen, denn auch Freiwillige brauchten Versicherungsschutz und Arbeitsverträge. Die „Modelle der Mitarbeit müssen rechtlich abgesichert sein.“ 

Durch die anstehenden Feiertage wird der Zeitplan dabei ziemlich eng, aber bei einer unverbindlichen Umfrage zeigten sich die Anwesenden entschlossen, den neuen Weg gemeinsam zu gehen: „Es ist eine Riesenchance, wir müssen mutig sein und uns etwas zutrauen.“ Bei einer Probeabstimmung wurde der Betrag von 150 Euro pro Anteil allgemein als angemessen beurteilt. Über die endgültige Anteilshöhe und -menge pro Person muss aber noch bei der rechtlichen Gründung entschieden werden.

Eine Kerngruppe wird dazu die nächsten Schritte vorbereiten, damit möglichst noch vor Weihnachten die Gründungsversammlung mit Verabschiedung der Satzung stattfinden kann. Erst wenn Aufsichtsrat und Vorstand feststehen, können die weiteren rechtlichen Schritte erfolgen.

Warme Küche und Veranstaltungen: Die Ideen der Kneipen-Genossen

Ideen, die Kneipe attraktiv und gefragt zu machen, gibt es bereits in Hülle und Fülle. So könnte man Mittagstische einführen oder eine Vielzahl an Events in der Innenstadt etablieren. Ob sie alle umzusetzen sind, muss die Zukunft zeigen. Denn bislang ist noch vieles unklar. Ob und in welchem Umfang es eine Küche geben soll, steht zum Beispiel noch nicht fest. Einige Beteiligte befürchten hohe Personalkosten, andere aber sind sich sicher, dass „man nicht ohne Essensangebot überleben“ könne. Wichtig, dabei sind sich die meisten Anwesenden einig, seien Veranstaltungen und Angebote, um neues Publikum zu erreichen. Dabei müssen „die Dinge beherrschbar sein.“

Was motiviert Leute dazu, sich so für ihre Kneipe zu engagieren? „Weil es die Kneipe ist, in der wir viele schöne Stunden verbracht haben“, sagt die ehemalige Fußballtruppe von St. Peter. „Wir informieren uns und werden Genossen.“ Die Rathausschänke gehöre zur Stadt, sie sei ein Traditionslokal ,ein „Wahrzeichen“. Sie müsse erhalten bleiben, fordern andere. Es sei ein „Muss“, diese Kneipe offen zu halten: „Beim Genossenschaftsgedanken schaffen viele, was ein Einzelner nicht schafft.“