Bottrop. Der Kämmerer schlägt ein Verfahren vor, das Folgen der Reform abmildern soll. Aber er sagt: „Auch Bottroper Fälle werden vor Gericht gehen.“

Stadtkämmerer Jochen Brunnhofer empfiehlt dem Rat, für die Festsetzung der Grundsteuer ab Januar zwei verschiedene Hebesätze für Wohn- und für Nichtwohngrundstücke zu beschließen. Sowohl für die Gesamtzahl der Grundsteuerzahler, und das sind so gut wie alle Bottroperinnen und Bottroper, als auch für die Stadt wäre das aufkommensneutral, soll heißen: Die Summe der Grundsteuer bleibt ungefähr gleich. Für einzelne Grundsteuerzahler kann es aber deutlich teurer werden – oder auch günstiger.

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Eine lange Geschichte in drei Sätzen erzählt: Das Bundesverfassungsgericht hat im April 2018 die bisherige Form der Grundsteuer als grundgesetzwidrig verworfen, weil ihr uralte Grundstückswerte zugrunde lagen. Der Bund hat daraufhin ein Gesetz mit neuen Bemessungsregeln gemacht; ein Ergebnis: Wohngrundstücke werden dadurch deutlich höher besteuert als Nichtwohngrundstücke. Das Land hat deshalb ein Gesetz beschlossen, das den Kommunen ermöglicht, diesen Unterschied bei der Grundsteuer B mit abgestuften Hebesätzen für beide Grundstücksarten auszugleichen.

Änderung bei der Grundsteuer: In Bottrop geht es um 36.722 Grundstücke

Wie sieht das bisher in Bottrop aus? 36.722 Grundstücke werden in Bottrop zur Grundsteuer B veranlagt. Die große Mehrheit, 32.644 Objekte, sind Wohngrundstücke, für die beim aktuellen Hebesatz (680 Prozent) in Summe elf Prozent mehr Steuer fällig würden. Für die 4078 Grundstücke, die nicht zum Wohnen genutzt werden oder die unbebaut sind, würde die Grundsteuerlast in Summe um 40 Prozent sinken.

Diesen Unterschied will der Kämmerer nun ausgleichen, indem er für Wohngrundstücke den Hebesatz senkt und für die Nichtwohngrundstücke deutlich anhebt. Allerdings kann er die Sätze noch nicht genau festlegen. Dafür fehlen ihm Daten vom Finanzamt Bottrop.

„Mit der Festsetzung der Hebesätze will ich so lange wie möglich warten.“

Jochen Brunnhofer
Stadtkämmerer

Das Finanzamt überträgt der Stadtverwaltung immer noch Daten zu den Grundsteuerbescheiden. „Und immer noch verursachen diese Daten Fehler, die von Hand gefunden und behoben werden müssen“, berichtet Brunnhofer. Deshalb will er mit der Festsetzung der Hebesätze bis zum letzten Moment warten, bis er dem Rat für die Sitzung am 10. Dezember die Summen in die Satzung schreibt.

Einen Korridor kann er aber schon nennen, weil die Datenmenge groß genug ist und die Berechnungen des Landes und der Verwaltung von Anfang an halbwegs übereinstimmten. Das war keineswegs in jeder Stadt so. Brunnhofer sieht den Korridor für den Wohnraum-Hebesatz derzeit zwischen 620 und 625 Prozent und damit unter dem aktuellen Satz. Für Nichtwohngrundstücke sieht er den Hebesatz in einem Bereich um 1169 Prozent.

Das Risiko für die Stadt Bottrop: drei Millionen Euro

Ist dieses Berechnungsprinzip denn rechtssicher? Brunnhofer zuckt die Schultern: „Auch Bottroper Fälle werden vor Gericht gehen.“ Die städtischen Bescheide sind noch nicht vor Gericht, weil sie erst noch erlassen werden müssen. Gegen die Festsetzung der Finanzämter gibt es ein erstes Urteil des Finanzgerichtes Köln: Die neue Grundsteuerbewertung sei nicht zu beanstanden.

Der Rechtsstreit wird aber vermutlich bis hoch vor den Bundesfinanzhof gehen. Dazu gibt es zwei Gutachten, die sich eigentlich nur in einem Punkt einig sind: beim Risiko für die Kommune, falls Gerichte die Reform kippen.

Und das ist wichtig für Bottrop. Deshalb hat Brunnhofer den schlimmsten Fall ausrechnen lassen: Wenn die höheren Hebesätze von den Gerichten für ungültig erklärt werden, bezahlen alle Bottroper Grundbesitzer den niedrigen Hebesatz. Das würde die Stadt drei Millionen Euro kosten – im Jahr.

Wie so oft im Leben ist „Weitermachen wie gehabt“ auch hier keine Option: Wenn Bottrop seinen Hebesatz unverändert lässt, bedeutet das ab 2025 eine Mindereinnahme von rund 1,2 Mio. Euro im Vergleich zu 2024.