Bottrop. Mehr ausgesetzte Tiere, weniger Spenden: Das Bottroper Tierheim hat damit zu kämpfen, dass immer mehr Tiere abgegeben oder ausgesetzt werden.
Besonders im Katzenhaus des Bottroper Tierheims wird es eng. Immer mehr Besitzer möchten ihre Tiere abgeben, immer weniger wird gespendet. „Wir haben vor kurzem einige Tiere vermittelt bekommen, aber das ist leider ein Tropfen auf dem heißen Stein“, bedauert Hildegard Frank-Tüllmann, die Vorsitzende des Tierheims.
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Überfülltes Tierheim: Wieso geben so viele Menschen ihre Tiere ab?
Doch warum geben so viele Besitzer ihre Lieblinge ab? Die Tierarztkosten seien in den vergangenen Monaten und Jahren um das Dreifache gestiegen, sagt Frank-Tüllmann. Das sei eine unheimliche Belastung für Tierbesitzer, aber auch für das Tierheim. Menschen würden ihre Tiere besonders dann aussetzen, wenn sie schon krank oder verletzt seien. Dann beginne die Aufnahme des Tieres erstmal mit Untersuchungen beim Tierarzt – und einer Rechnung.
Eine arbeitslose Frau musste erst vor kurzem ihre Katze abgeben, nachdem sie an Diabetes erkrankt war – eine zu große finanzielle Belastung für die Besitzerin, erzählt Hildegard Frank-Tüllmann.
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Da die Tierarztbesuche teuer geworden sind, würden immer mehr auf die Kastration oder Sterilisation verzichten. Die Vorsitzende warnt: „Man denkt, man hat eine Wohnungskatze, die das nicht braucht, aber die entwischen gerne mal.“
Kater Luca und Hündin Lilli: Das Tierheim Bottrop kümmert sich um Tiere in Notlagen
Teuer ist zum Beispiel die Behandlung des Katers Luca. Als man ihn fand, humpelte er und sein Beinchen war stark geschwollen. Wie sich herausstellte, war es seit Wochen gebrochen. Die darauffolgende Operation und die Untersuchungen hätten mehr als 1500 Euro gekostet. „Wenn das nicht richtig verheilt, muss das Bein amputiert werden“, bedauert Frank-Tüllmann. „Wenn wir zur Tierklinik gehen müssen, kostet uns das mindestens 1000 Euro.“
Ein anderer Fall ist der von Lilli. Die Hündin hatte mit Blasensteinen zu kämpfen und war allgemein in einer sehr schlechten Verfassung. Schließlich musste ihr ein Auge entfernt werden. Doch Lilli schaffte es leider nicht und verstarb trotz medizinischer Behandlung. „Das hat allen weh getan. Man möchte den Tieren so gerne helfen.“
Neben Tierarztkosten: Das verschärft die Lage in Tierheimen zusätzlich
Dass der finanzielle Spielraum vieler Menschen für Spenden geschrumpft sei, merke man auch im Bottroper Tierheim. Hinzu komme, dass viele Spender bereits älter seien. Die Zahl der Unterstützer werde deshalb nach und nach kleiner. „Die Spenden werden weniger, die Anfragen werden mehr“, fasst die die Vorsitzende des Tierheims zusammen. „Wir leben von der Hand in den Mund“, beschreibt sie die finanzielle Situation.
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Das Futter ist ein weiterer Kostenfaktor: „Die Lebensmittel sind teurer geworden. Das ist beim Tierfutter nicht anders.“ Die Preissteigerung betreffe auch Katzenstreu, Medikamente und alles Weitere, was zur Haltung von Hunden, Katzen, Nagern, Vögeln und Reptilien nötig sei.
Zwar sei das Tierheim aktuell schon überfüllt, Hildegard Frank-Tüllmann betont aber, dass Notfälle nicht im Stich gelassen werden. „Die Menschen sollen uns anrufen. Wir werden helfen und gemeinsam eine Lösung finden.“ Sie bittet aber auch darum, sich frühzeitig zu melden, denn eine Tierabgabe funktioniere nicht von jetzt auf gleich. „Man weiß nicht erst einen Tag vorher über seinen Umzug Bescheid.“ Und sie appelliert an das Mitgefühl der Menschen: „Tiere merken, wenn sie ausgesetzt werden. Es ist plötzlich eine andere Situation und viele seien danach sehr verschreckt.“
Tiere als Weihnachtsgeschenke: Ein Dauerproblem
Die Problematik, dass Menschen Tiere zu Weihnachten verschenken würden, wiederhole sich jedes Jahr. „Es werden kleine Katzen für die Kinder gekauft, die gar nicht geeignet sind. Wenn die Katze dann die Krallen ausfährt, können die Kinder damit nicht umgehen“, sagt Frank-Tüllmann. Es sei „sehr unvernünftig“, ein Haustier zu verschenken.
Aus zwei Gründen vergebe das Tierheim kurz vor Weihnachten keine Tiere mehr: Zum einen brauche ein Tier die nötige Ruhe zur Eingewöhnung – das sei im Weihnachtstrubel nicht möglich, da es viel Stress für den Neuling bedeute. Die Konsequenz laut Frank-Tüllmann: „Sie verstecken sich und haben Angst.“
Zum anderen will das Tierheim damit verhindern, dass die Tiere verschenkt werden. Die Vorsitzende rät, lieber einen Gutschein zu verschenken, nach dem Motto: Wir schauen nach Weihnachten ins Tierheim.
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„Die Tiere brauchen unsere Hilfe. Sie können sich nicht selbst helfen.“
Bottroper Tierheim: Wie kann ich den Tieren helfen?
Um Geldspenden sind die Mitarbeiter besonders dankbar. „Jeder Euro hilft, sag ich immer. Wenn viele ein bisschen was geben, kommt auch viel zusammen“, findet Frank-Tüllmann. Neue Ehrenamtliche seien ebenfalls willkommen. „Die Tiere brauchen unsere Hilfe. Sie können sich nicht selbst helfen.“
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