Witten. Die neue Gebührenordnung für Tierärzte hat viele Behandlungen teurer gemacht. Warum die Zahnbehandlung für Katze Vishnu jetzt das Sechsfache kostet.
Vishnu (14) hat Zahnschmerzen. Um der Katze von Lena Franz zu helfen, muss mindestens ein Übeltäter gezogen werden. Doch das kostet eine Menge Geld. Stolze 1300 Euro verlange der Tierarzt für die Prozedur, sagt die Wittenerin. Für die 35-Jährige ist das viel zu viel.
„Ich habe noch eine alte Abrechnung hier liegen. Der gleiche Arzt hat meinem Kater Leopold vor zehn Jahren Zähne gezogen. Damals habe ich weniger als 200 Euro bezahlt.“ Warum kostet die Behandlung heute das Sechsfache? Wie kann das sein?
Gebührenordnung für Tierärzte sorgt für hohe Preise in Witten
Schuld ist eine „neue“ Gebührenverordnung für Tierärzte (GOT). Die ist im Herbst 2022 in Kraft getreten und sieht wichtige Änderungen vor. Einerseits gibt es nun höhere Gebühren, um den gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen. Anderseits dürfen die Ärzte bei ihrer Abrechnung den einfachen Satz nicht mehr unterschreiten. Sonderangebote und Rabatte sind also verboten.
Aus Sicht der Tierärzte war die neue Gebührenordnung bitter nötig. „Die alte Verordnung stammte noch aus D-Mark-Zeiten. Seitdem hat sich einiges getan“, sagt Dr. Jochen Schulze Lammers. Seit über 20 Jahren betreibt er eine Praxis an der Mannesmannstraße.
Insbesondere Zahnbehandlungen seien früher „viel zu billig“ gewesen, so der Tiermediziner aus Herbede. Es habe auch Behandlungsschritte gegeben, die Ärzte nicht in Rechnung stellen konnten. Etwa für bestimmte Voruntersuchungen. Durch die neue Gebührenordnung sind also nicht nur die Preise gestiegen, es tauchen auch neue Posten auf der Abrechnung auf.
Gebühren fließen in die Behandlung und ins Personal
Laut Dr. Schulze Lammers führen die neuen Gebühren zu einem höheren Behandlungsstandard. Auch das Personal profitiere davon. Seit der Gebührenänderung habe man anderthalb Stellen neu besetzen können.
Für viele Tierbesitzer sind die Kosten dennoch zu hoch. „Viele fahren jetzt in die Niederlande, um ihre Tiere behandeln zu lassen. Wir überlegen auch, ob wir das mit Vishnu machen“, sagt Katzen-Besitzerin Lena Franz. Denn dort gibt es keine Gebührenverordnung. Ärzte dürfen ihre Preise selbst bestimmen und die deutschen Preise unterschreiten.
Das kosten Behandlungen heute
Die Gebührenordnung regelt, welche Beträge die Tierärzte für ihre erbrachten Leistungen verlangen dürfen. Sie müssen mindestens einen einfachen Satz berechnen. Der dreifache Satz ist das maximal Zulässige.
Eine allgemeine Untersuchung von Hunden, Katzen oder Frettchen mit anschließender Beratung liegt preislich zwischen rund 24 und 71 Euro (alle Angaben ohne Gewähr). Für das Röntgen kassieren Ärzte zwischen 37 und 110 Euro. Erst- und Zweitaufnahme können auch bei jeweils 27 bis 80 Euro liegen. Wenn der Arzt noch genauer in den Körper sehen muss, wird es eventuell richtig teuer. Die Preisspanne reicht hier von 700 bis 2100 Euro.
Eine Spritze wird mit zwölf bis 35 Euro veranschlagt. Andere Medikamentengaben schlagen mit vier bis zwölf Euro zu Buche. Das Kürzen von Krallen kostet zehn bis 30 Euro. Bei Schnäbeln werden bei dieser Prozedur acht bis 25 Euro fällig.
„Ich kenne auch einige Pferdehalter, die für Zahnbehandlungen und zum Impfen dorthin fahren“, so die 35-Jährige. Und das trotz des Aufwandes, den das Verladen in einen Hänger mit sich bringt. Doch gerade Pferdebesitzer greifen für Arztbesuche meist tief in die Tasche.
Hausbesuche sind besonders teuer
Lena Franz weiß das aus eigener Erfahrung. Sie besitzt nicht nur Katzen, sondern auch ein Pferd, das sie vor dem Einschläfern gerettet hat: die 24-jährige Stute Beatrice. Besonders ärgerlich ist laut Franz die „Hausbesuchsgebühr“. Die kostet neuerdings - je nach angewandtem Satz - zwischen 34,50 und 103,50 Euro.
Das führe dazu, dass Pferdebesitzer ihre Tiere auch im Inland zum Arzt fahren, um sich die hohe Gebühr zu sparen, sagt Lisa Eggert (27), deren Pferd auf einem Wittener Hof untergebracht ist. Allerdings sei nicht jedes Tier gleichermaßen transportfähig. Zudem bedeute es für das Tier zusätzlichen Stress, gibt sie zu bedenken.
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Für Lena Franz kommt eine solche Lösung schon aus einem einfachen Grund nicht in Frage. „Mir fehlt der Führerschein für den Anhänger.“ Außerdem hat die Wittenerin angesichts des hohen Kostenvoranschlags für die Behandlung von Katze Vishnu bereits ihr Auto verkauft. Der Erlös reichte dennoch nicht.
Deshalb kostet Vishnus Behandlung so viel Geld
Wie der Kostenvoranschlag für Vishnus Zahnbehandlung zustande kommt, kann Tierarzt Dr. Schulze Lammers schnell erklären, auch wenn er nicht der behandelnde Arzt ist. Allein die Voruntersuchung, die früher nicht berechnet werden konnte, verursache höhere Kosten. Auch bei der Narkose gebe es Fortschritte.
Mittlerweile betäube man Katzen per Inhalation. Das koste allein 200 Euro - so viel, wie Lena Franz seinerzeit für die gesamte Behandlung ihres Katers Leopold gezahlt hat. Dafür würde Vishnu nun gerade mal einschlafen. Vielleicht geht‘s ja doch noch zum Katzen-Doc in die Niederlande....
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