Bottrop/Gladbeck. Gerade trifft sich die Zukunftsinitiative Klima.Werk in Bottrop. Experten der Emscher-Lippe-Region geht es um Problemlösungen zur Klimaanpassung.
Das nasseste Jahr an der Emscher seit 110 Jahren war 2023. Überdurchschnittlich viel Regen gab es auch im gerade zu Ende gegangenen September. Kontrastprogramm zu den Dürre- und Hitzejahren zuvor. Wetterereignisse wie diese machen Mensch, Tier und Pflanzen zu schaffen. Folgen des auch vom Menschen verursachten Klimawandels.
Seit zehn Jahren hält die Zukunftsinitiative „Klima.Werk“ mit Akteuren in zahlreichen Kommunen der Emscher- und Lipperegion aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und nicht zuletzt von Emschergenossenschaft und Lippeverband dagegen. „Immerhin das größte Netzwerk dieser Art in Deutschland“, betont Andreas Giga von der Emschergenossenschaft.
Forum zum klimaresilienten Stadtumbau: 300 Fachleute tagen in ehemaliger Diskothek
Zwei Tage lang treffen sich nun gut 300 Fachleute in Bottrops ehemaliger Diskothek Prisma, heute Story-Eventhouse. Auf diesem Forum geht es um den blau-grünen Wandel, den Umbau der Region und vor allem der Städte zu klimaresilienten, grünen Orten. Am Ende soll die große Schwammstadt stehen, in der Regenwasser nicht mehr in der Kanalisation verschwindet, sondern in natürliche Gewässer fließt, versickert und vor allem auch kühlt.
„Bottrop hat bereits durch Innovation City lange Erfahrung in Sachen Klimaschutz“, so Henrike Abromeit. Jetzt gehe es aber um Klimaanpassung, so die Koordinatorin für Bottrop beim Klima.Werk. Dabei zählt sie Maßnahmen wie Dach- und Fassadenbegrünung auf, aber auch die Entsiegelung von Flächen, die in der Stadt schon umgesetzt wurden und durch Förderprojekte weiter begleitet werden sollen.
Die große regionale Klammer dabei ist der naturnahe Umbau der Emscher samt Nebenflüssen und Bachläufen. Seit 20 Jahren versuchen Emschergenossenschaft und Lippeverband mit den Kommunen, mehr Regenwasser in Bäche und Flüsse zu bekommen und dieses Wasser von der Kanalisation abzukoppeln, so Giga im Vorfeld des Forums. Im Emschersystem habe man die Abkoppelung von Regen- und Abwasser bereits vollzogen. In den Städten gehe dies langsamer voran.
„Heute sind die alten Köttelbecken dank des naturnahen Umbaus nicht nur sauber, sondern auch Kaltluftschneisen und Erholungsräume.“
Die Mischung von Schmutz- und Regenwasser sei alt in der Region. „Es hat ja auch Dank der großen .Köttelbecken‘ gut funktioniert, nur kann man das heute nicht mehr so machen“, sagt Frank Restemeyer. „In Gladbeck bauen wir daher keine Mischsysteme mehr, trennen Regenwasser von Abwasser strikt“, so Gladbecks Klima.Werk-Koordinator. Heute seien alte Köttelbecken wie die Boye dank des naturnahen Umbaus nicht nur sauber, sondern auch Kaltluftschneisen und durch das neue Radwegenetz als Nebeneffekt auch Erholungsräume, so Restemeyer.
Auch im Neubaugebiet an Kirchhellens Dorfheide und dem Schultenkamp wird Regenwasser komplett abgekoppelt. Orte wie diese, aber auch die klimaresiliente Umgestaltung von Stadträumen wie dem Trapez oder dem Vietshof in Bottrops Stadtmitte, sind auch Ziel von Fachexkursionen beim Expertenforum.
Jede Stadt habe ihre Stärken beim klimagerechten Umbau. War Bochum zum Beispiel Vorreiter in Sachen Baumrigolen (Baumbewässerung durch Regenwasservorhaltung), Gladbeck bei der Trennung der Wassersysteme, so hatte Bottrop früh auf Fassaden-, Dach- und Haltestellenbegrünung gesetzt, sagt Andreas Giga. 50 Wartehäuschen gelten nun als kleine Klimainseln. Großprojekt mit einem Fördervolumen von 150.000 Euro war die Pflanzenfassade des Parkhauses am Hauptbahnhof.
Ein Marktplatz für Problemlösungen beim klimagerechten Umbau der Städte
Vom Ansatz her sei das Expertenforum eine Art Marktplatz für Problemlösungen beim klimagerechten Stadtumbau, beschreibt Andreas Giga das Format, das jährlich in einer anderen Stadt des Netzwerks zu Gast ist. Etwa 20 Workshops, zum Beispiel zum Thema „Parkplatz versus Baum“, dem Landeswassergesetz oder nachhaltigen Gewerbegebieten, Stände, an denen Wissenstransfer stattfindet, die Exkursionen: dies alles sei ein Rundum-Paket.
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Was wo umgesetzt werden kann oder welche Fördermöglichkeiten es gibt, ein Aspekt, der Bürger wie Gewerbe oder Industrie gleichermaßen interessieren dürfte, steht ebenfalls auf der Forums-Agenda. Der Hamburger Künstler Jan Kamensky hat im Auftrag von Bottrop und dem Klima.Werk sogar ein Kunstprojekt geschaffen: eine visuelle Utopie von einer grünen City, am Beispiel von Bottrops etwas trostloser Hansastraße.
Die visuelle Utopie ist ebenso auf youtube zu sehen, wie der Projektfilm „Blau-grünes Bottrop“, der zeigt, welche Maßnahmen Bottrop bereits umgesetzt hat.