Bottrop. Bottrop hat das Ziel, klimaneutral zu sein, um Jahre verschoben. Politik reagiert überrascht und verärgert. Wann man nun klimaneutral sein will.
Die Stadt Bottrop korrigiert ihr Ziel einer Klimaneutralität um einige Jahre nach hinten. Eigentlich wollte man spätestens 2035 klimaneutral sein. Dieses Ziel scheint vorerst in weite Ferne zu rücken.
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Es war vor allem ein Satz in der Beschlussvorlage zum Masterplan Klimastadt, der im Planungs- und Umweltausschuss für Gesprächsstoff im Ratssaal sorgte. Laut Vorlage steht geschrieben: „Im laufenden Prozess wurde das zunächst verfolgte Zieljahr 2035 zur Erreichung der Klimaneutralität zu Gunsten der Formulierung spätestens 2045, möglichst jedoch bereits 2040, modifiziert.“
„Ich bin bei keiner Vorlage, die ich gelesen habe, so wütend und so fassungslos gewesen.““
Weiter heißt es: „Dies geschah aufgrund einer realistischen Einschätzung nach intensiver Beschäftigung mit den Möglichkeiten sowie in Hinblick auf die im Bearbeitungszeitraum aufgetretene Schieflage des städtischen Haushalts. Hierdurch musste wiederum auch der Inhalt des Masterplans angepasst werden.“
Ausschussmitglied und Ratsherr Sven Hermens (Bot.Sozial) reagierte sichtlich verärgert in Richtung Verwaltung. Ohne, dass darüber diskutiert wurde, würde man einfach die Ziele „mal eben für zehn Jahre verschieben“. „Ich finde es unmöglich für eine Stadt, die sich ständig als Vorreiter präsentiert.“ Das sei doch fatal für Innovation City. „Ich bin bei keiner Vorlage, die ich gelesen habe, so wütend und so fassungslos gewesen.“
Wegen gekürzter Umweltmaßnahmen: Grünen fühlen sich in Entscheidung bestätigt
Abschließend sagte er: „2045 ist zu spät, selbst 2035 wäre zu spät. Vor allem, weil wir doch als Stadt Bottrop Vorbild sein wollen für andere Städte.“
Ende April lehnte die Fraktion der Grünen das von der Verwaltung vorgelegte Haushaltssicherungskonzept (HSK) ab. Ratsfrau Andrea Swoboda sagte damals adressiert an Oberbürgermeister Bernd Tischler, dass er sich „ein Label“ um die Schultern legen würde, wie einen Tarnumhang. „Das Label heißt Innovation City“, so Swoboda damals in der Ratssitzung. Er würde sich „drücken vor den vielen Aufgaben, die außerhalb dieses Tarnumhangs sind“.
ÖDP-Vertreterin: „Wir können doch nicht mit dem Klima diskutieren“
Dass nun die anvisierte Klimaneutralität von 2035 verschoben wird, ist für die Grünen nur folgerichtig und eine Bestätigung der Entscheidung. Burkhard Hölting erinnerte im Umweltausschuss an die damalige Debatte. „Wir haben dem HSK nicht zugestimmt, weil Mittel für Umweltmaßnahmen gekürzt wurden.“ Er kündigte schon mal an, dass in der nächsten Haushaltsberatung dafür jedoch mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen.
Auch Elly Vaupel (ÖDP) kritisierte die Korrektur um höchstens zehn Jahre. Doch darin sehe sie nicht zwingend das Problem. „Ich befürchte, dass wir das Ziel in den nächsten Jahren immer weiter aufschieben werden“, sagte sie. Es müsse stattdessen schnell und konsequent etwas passieren. Man erlebe doch die Klimaveränderung am eigenen Leib. „Dem Klima selbst ist das doch egal. Wir können nicht mit dem Klima diskutieren“, sagte Elly Vaupel.
Kein neues Personal und kein Geld: Bundesregierung streicht ersatzlos Fördermittel
Mit der Kritik der Parteien konfrontiert, erklärte Umweltdezernent Klaus Müller: „Ich verspreche nicht Dinge, die ich nicht halten kann.“
Zur Umsetzung des Masterplans sei eine Vollzeitstelle als Teamleitung „Klimastadt“ vorgesehen gewesen. „Doch die Stelle konnte nicht realisiert werden und ist im HSK nicht eingerichtet worden“, sagte Klaus Müller. Diese Person hätte sich um Projekte kümmern sollen.
Zum anderen erklärte er, dass die Bundesregierung für das Jahr 2024 das Bundesprogramm „Energetische Stadtsanierung“ (KfW 432) als Fördermittel gestrichen habe. „Es sieht momentan auch nicht danach aus, dass es wieder aufgelegt wird“, sagte der Umweltdezernent. Zurzeit sollen von diesen energetischen Konzepten noch die Stadtteile Fuhlenbrock und Vonderort profitieren. Aber was kommt danach?
„Ich verspreche nicht Dinge, die ich nicht halten kann.“ “
Es gibt also weder Fördergeld für neue Mitarbeiter, die sich künftig um weitere energetische Sanierungen in den Stadtteilen kümmern. Noch gibt es Geld vom Land oder vom Bund, um für die Stadtteile entsprechende Konzepte entwickeln zu lassen.
„Es ist klar, dass wir im Klimaschutz und in der Klimaanpassung schneller werden müssen“, so Müller. „Aber wenn wir die Rahmenbedingungen auf örtlicher Ebene sowie auf Landes- und Bundesebene nicht haben, dann kann ich nicht versprechen, dass wir eine Klimaneutralität 2035 erreichen.“
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Zum Hintergrund: Die Stadt Bottrop hat die Innovation City Management GmbH mit der Erarbeitung eines Masterplans Klimastadt beauftragt. Der Masterplan verfügt über circa 200 Seiten, aufgeteilt in drei Teile (Umsetzung und Praxis, Entstehungsprozess und Dokumentation des Masterplans sowie Maßnahmensteckbriefe).
Die im Planungs- und Umweltausschuss erstmals vorgestellte Vorlage ist nur der Auftakt. Der Masterplan ist in den kommenden Wochen noch Gegenstand weiterer politischer Gremien bis letztlich zur Ratssitzung am 19. November dieses Jahres.