Bottrop. Seit 2009 ist er Oberbürgermeister. Zur Kommunalwahl 2025 stellt er sich nicht mehr zur Wahl. Was er bis dahin noch auf den Weg bringen will.
„Jetzt ist es so weit“, sagt Bernd Tischler. Er hat sich lange noch ein Hintertürchen aufgehalten bei der Frage, ob er sich bei der Kommunalwahl 2025 trotz seines Alters von dann 66 Jahren nicht doch noch mal als Oberbürgermeister zur Wahl stellt.
„Darauf bin ich in der Stadtgesellschaft in den letzten Monaten oft angesprochen worden. Auch, weil viele Menschen sich Sorgen machen um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserer Stadt. Ich stehe ja für Besonnenheit in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung.“
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Er hat sich dennoch gegen eine erneute Kandidatur entschieden. Seine Begründung: „15 Jahre sind genug. Ich will gehen, wenn die Menschen das noch bedauern und nicht sagen: na endlich. Und es hat auch etwas zu tun mit der Demut vor dem Amt. 73 Prozent der Stimmen bei der letzten Oberbürgermeisterwahl – das kannst Du nie mehr wiederholen. Dies wird mein letztes Jahr als Oberbürgermeister der Stadt Bottrop. Aber für dieses Jahr habe ich mir noch viel vorgenommen.“
Drei Schwerpunkte hat er sich zum Ende seiner Amtszeit gesetzt. Er will die Entwicklung Bottrops zur Klimastadt weiter vorantreiben, die Innenstadt zukunftsfest aufstellen und die Nachnutzung der ehemaligen Bergbauflächen sichern.
„Bottrop hat einen guten Ruf. Aber der ist schwer erarbeitet.“
Alle diese Ziele haben viel zu tun mit Strukturwandel. Kein Wunder: Dieses Thema hat ihn begeistert schon beim Studium des damals noch jungen Fachs Raumplanung an der Uni Dortmund. Und es hat ihn begleitet in seinen 35 Dienstjahren in Bottrop. „Ich fühle mich pudelwohl in dieser Story, die letzte Bergbaustadt Deutschlands zur Innovation City gemacht zu haben.“
Die Strahlkraft dieses Klimaexperiments ist auch vier Jahre nach dem Abschluss weltweit ungebrochen. Bottrop hat nicht nur im Pilotgebiet die CO₂-Emissionen halbiert. Die Stadt hat bis heute die höchste Photovoltaikdichte aller deutschen Großstädte und nebenbei bewiesen, dass man mit 2,7 Millionen Euro Fördermitteln mehr als 20 Millionen Euro Investitionen auslösen kann. „Wie Bottrop zum Vorbild der Energiewende wurde“, hat das Magazin „National Geographic“ erst im Juni getitelt. Solche Zeilen liefern Tischler die Steilvorlage für einen seiner Lieblingssätze: „Bottrop hat einen guten Ruf. Aber der ist hart erarbeitet.“
Bottrop auf dem Weg zur Klimastadt 2035
Nicht zuletzt wegen der Innovation City sieht Tischler Bottrop auf einem guten Weg zur Klimastadt. Das Ziel ist ehrgeizig: 2035 will Bottrop klimaneutral sein und arbeitet dafür einen Masterplan ab. Da bleibt noch viel zu tun. Im Großen, aber auch im Kleinen, zum Beispiel in der Innenstadt. Einen neuen Brunnen am Pferdemarkt wird es nächstes Jahr geben. Tischler macht sich dennoch eine Notiz zum Nachhaken: Schließlich hat die Stadt den Bürgern auch Trinkwasserbrunnen in der Stadt versprochen.
Ein wenig Wasser und Grün werden nicht ausreichen für die Wiederbelebung der Innenstadt mit ihren vielen Leerständen und den Dauer-Baustellen Hansa-Center und Karstadt-Komplex, das weiß auch der Oberbürgermeister. Immerhin: „Wir haben die ersten Maßnahmen des Wochenmarktkonzeptes umgesetzt.“
Beim Thema Hansa-Center hält sich Tischler bedeckt und verweist auf die anstehende Präsentation der Emerald-Experten, die ihre „Merhaba-Pläne“ und die Vision vom orientalischen Einkaufszentrum inzwischen selbst als Fehler bezeichnen.
Deutlich optimistischer sieht der Oberbürgermeister die Entwicklungschancen für das Karstadt-Gebäude. Er ist sicher, dass Projektentwickler Oliver Helmke zum Zuge kommt mit seinem Bottroper Gemeinschaftsprojekt. „Wenn ich gehe, wird sich der Baukran über Karstadt drehen.“
Bei der Nachnutzung der Bergbauflächen wird Bottrop einen langen Atem brauchen, sagt Tischler. Am schnellsten wird es noch unter dem Doppelbock des Bergwerks an der Fernewaldstraße gehen, immerhin mit 38 Hektar die größte Einzelfläche in Bottrop. Der Bebauungsplan ist in Arbeit, der geplanten Erschließung steht nichts mehr im Wege.
Und dann ist da noch das Megathema „Freiheit Emscher“ für den Essener Norden und den Bottroper Süden, der in einem planerischen und städtebaulichen Kraftakt neu aufgestellt werden soll. Dieses Mammutprojekt treibt Tischler seit zehn Jahren voran. Auf „Freiheit Emscher“ passt ein weiterer Lieblingssatz Tischlers: „Man muss Visionen haben, dann aber in Jahrzehnten denken können.“
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Und muss geduldig bleiben, auch wenn die ersten Fördermillionen in die Partnerstadt Essen fließen werden, obwohl Bottrop sie eingeworben haben wird. Von der Partnerschaft mit Essen und der Ruhrkohle AG bleibt er überzeugt: „In diesem Projektgebiet tun wir so, als gäbe es keine Stadtgrenzen. Und nur so kann es funktionieren. Alleine hätten wir das niemals geschafft.“