Bottrop. In der Stadt verstecken sich an einigen Stellen historische Windmühlen. Nicht immer sind auf den ersten Blick zu erkennen.

In Bottrop gibt es noch einige alte Mühlen, die heute zum Teil unter Denkmalschutz stehen. Sie sind Zeugen einer längst vergangenen Zeit. Spannend ist die Historie der drei am besten erhaltenen Windmühlen.

Vietor‘sche Mühle

Sie ist die älteste noch erhaltene Bottroper Windmühle. Die Vietor‘sche Mühle ist eine Turmwindmühle mit Wall und holländischer Kappe. Die genaue Erfassung der Historie ist schwer nachzuvollziehen. Weder das Baujahr, noch die Besitzerwechsel sind präzise erfasst, wie Heimatforscher Josef Bucksteeg in seinem Buch „Mühlen in Bottrop“ schreibt.

Alte Aufzeichnungen widersprechen sich größtenteils. Erbaut wurde die Mühle sehr wahrscheinlich im Jahr 1821 durch den Ökonomen Bernhard Bremer. Dieser soll sie an Caspar Cremer verpachtet haben.

Blick vom Rathausturm auf die alte Vietor‘sche Mühle am Droste-Hülshoff-Platz. Sie ist heute Eventlocation und „Tempel des Bieres“.
Blick vom Rathausturm auf die alte Vietor‘sche Mühle am Droste-Hülshoff-Platz. Sie ist heute Eventlocation und „Tempel des Bieres“. © Oliver Mengedoht / FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Wenn man archivarischen Aufzeichnungen zugrunde legt, dann ging die Mühle 1876 von Gerhard Kleine-Venn in den Besitz von Fritz Spickenbaums, dem Bruder von Heinrich Spickenbaum, über. 1886/87 werden Wirt Johann Jansen und Auktionator Wilhelm Schmitz als Eigentümer vermerkt. 1884 soll eine Zwangsversteigerung der Mühle stattgefunden haben, so Bucksteeg in seinem Band, der in der Reihe „Geschichtsstunde“ des Stadtarchivs 2004 erschienen ist.

Um 1896 soll der Betrieb um einen Backofen ergänzt worden sein. Bis 1908 waren die Mühlenflügel der Antrieb des Mahlbetriebs, danach wurde es durch ein Dampfgetriebe ersetzt. Bei Luftangriffen der Alliierten im Jahr 1943 wurden die Gebäude rund um die Mühle stark beschädigt. Laut Aufzeichnungen blieb der Mühlenturm selbst unbeschädigt. Der Mühlenbesitzer nutzte die zur Mühle gehörenden Gebäude als Wurstküche und die Mühle selbst als Lager.

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Am 17. September 1987 sicherte das Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr der Mühle 400.000 D-Mark für den Umbau zu. Unter der Leitung von Architekt Günter Morscheck, der die Mühle Ende der 80er Jahre kaufte, wurde das Denkmal vollständig restauriert. Die Wände wurden gesandstrahlt und neu verfugt, es wurden neue Fenster und Holzbalkenecken eingebaut. Am 18. Dezember 1998 hieß es dann „Anzapfen“ in dem dreistöckigen Gaststättenbetrieb.

Aus alter Mühle wurde zunächst ein Denkmal und später Bottroper Eventlocation

Heute wird die Mühle als Eventlocation und teilweise als Restaurant betrieben. Besonders häufig wird sie für Hochzeiten genutzt. Die Mühle wird jetzt von Koch und Gastronom Thorsten Stöcker geführt. Der hatte sie, ebenso wie den Bahnhof Nord, bis 2014 zusammen mit seiner Lebenspartnerin Antje Döing geführt, der Tochter von Günther Morscheck. Seit deren überraschendem Tod vor zehn Jahren führt Thorsten Stöcker beide Häuser allein. Die Mühle steht am Droste-Hülshoff-Platz 7.

Spickenbaums Mühle

Die Mühle wurde 1874 unter Heinrich Spickenbaum fertiggestellt, nach dessen Familie sie auch im Volksmund benannt ist. Sie ist eine typische Wall-Turmwindmühle. Die Familie Spickenbaum ist am Niederrhein als Müllerfamilie bekannt gewesen und hatte einige Mühlen als Pächter in ihrem Besitz.

1873 begann der Bau der Mühle. Nachdem Heinrich Spickenbaum 1899 mit nur 54 Jahren verstorben war, übernahm sein Sohn Wilhelm Spickenbaum den Betrieb. 1904 baute er sich ein zweites Standbein auf, indem er eine Mühlengaststätte eröffnete. Später bezog ein belgischer Kommandant während der französisch-belgischen Besetzung des Ruhrgebiets 1923 bis 1925 dort Quartier.

Der sorgte für das Ende des Mühlbetriebs, denn der Offizier war fest davon überzeugt, dass der Müller mit der Position der Windmühlenflügel dem Rathaus verschlüsselte Nachrichten zukommen ließ. Dementsprechend ordnete er den Stillstand der Flügel an. Als die Besatzer abgezogen waren, konnte der Betrieb dennoch nicht wieder aufgenommen werden. Durch Stillstand und mangelnde Wartung waren die Mühlenflügel morsch geworden und hätten komplett ersetzt werden müssen.

Die alte Spickenbaums Mühle an der Sterkrader Straße. Auf diesem Bild von 2007 ist der Mühlenstumpf im Hintergrund noch gut zu erkennen. Davor kann man das Restaurant „Mylos“ erkennen.
Die alte Spickenbaums Mühle an der Sterkrader Straße. Auf diesem Bild von 2007 ist der Mühlenstumpf im Hintergrund noch gut zu erkennen. Davor kann man das Restaurant „Mylos“ erkennen. © WAZ | Birgit Schweizer

Dafür fehlte aber das Geld. Außerdem war das „Windmühlensterben“ im vollen Gange. So wurde die Mühle samt Gasthof verkauft. Der alte Mühlenweg ist heute kaum noch als das zu erkennen. Es ist der schmale Durchgang an der Osterfelder Straße zwischen den Häusern 99 und 99A, der zur Sterkraeder Straße führt. Früher war dieser Weg wesentlich breiter, da ihn die Kötter mit ihren Wagen befuhren.

Seit vielen Jahren ist dort das beliebte griechische Familienrestaurant „Mylos“ („Mühle“)

Heute befindet sich das griechische Restaurant Mylos in dem Gebäude, das zur Mühle gehört. Dort setzt Familie Giotis nun die über 100 Jahre alte gastronomische Tradition an der Sterkrader Straße 75 fortführt.

Die Luggesmühle

Johann Lugge ließ die Mühle etwa zur gleichen Zeit erbauen, wie Spickenbaums ihre Mühle. Sie liegt etwa zwischen Spickenbaums Mühle und Cyriakuskirche. Allerdings verzögerte sich der Bau, da es ein Problem mit dem Mauerwerk gab.

Ein altes Gerücht legt sogar eine Bestechung der Maurer nah. Denn Spickerbaums und Lugges standen in Konkurrenz zueinander. Den Wahrheitsgehalt kann man nicht überprüfen. Dagegen spricht, dass wohl beide Betriebe in friedlicher Nachbarschaft gelebt haben sollen.

Auch die Luggesmühle ist eine klassische holländische Wall-Turmwindmühle, wie Josef Bucksteeg in dem erwähnten Band erklärt. Die Kappe mitsamt des Flügelkreuzes lässt sich in den Wind drehen. Gleich ein Jahr nach Inbetriebnahme wurde eine Dampfmaschine dazu gebaut, denn Johann Lugge war technischer Fortschritt wohl eine Herzensangelegenheit. So wundert es nicht, dass es ihm leicht gelang, den Standortnachteil auszugleichen. Denn Spickenbaums Mühle soll damals deutlich leichter erreichbar gewesen sein als die Luggesmühle.

Schon 1910 wird der Betrieb der Bottroper Luggesmühle elektrifiziert

1910 wurde die Mühle ganz auf elektrische Energie umgestellt. Einige Jahre später montierten die Besitzer die überflüssig gewordenen Flügel ab. Kurz davor ereignete sich eine Straftat, die den Müller jedoch nur geringfügig schädigte: „In der Nacht wurde einer der Mühlenflügel, der sich etwa drei Meter über dem Boden befunden haben wird, erklettert und stark beschädigt.“ Das berichtete die Bottroper Volkszeitung am 4. November 1913.

Später wurde der Mühlenbetrieb zugunsten eines Futtermittelhandels eingestellt. Auch mit diesem neuen Geschäftsmodell bewiesen die Lugges ihr wirtschaftliches Geschick.

Die Luggesmühle beherbergt heute eine Anwaltskanzlei.
Die Luggesmühle beherbergt heute eine Anwaltskanzlei. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

1939 wurden die alten Windmühlenblätter, sowie der Achsenkopf abmontiert. Bis Ende 2014 beherbergte die Mühle die Weinhandlung „Enopolio“ samt Weinbar. Nachdem Inhaber Ignazio Amante den Betrieb dort aufgegeben hat, übernahm die Anwaltskanzlei „Badde & Partner“ die komplette Mühle.

Die Mühle findet sich in der Bottroper Stadtmitte, An Luggesmühle 3.

Der Band „Mühlen in Bottrop“ aus der Reihe „Geschichtstunde“ ist im Stadtarchiv, Blumenstraße 12 erhältlich (5 Euro).