Bottrop. Kaum vorstellbar: Einst war der extrovertierte Plauderer Piet Metzen vom Bottcast ein völlig anderer. Was hat ihn verändert?

Charmant, schlagfertig, eloquent (andere nennen das schon mal große Klappe): Wer Peter „Piet“ Metzen vom Bottroper Erfolgsformat Bottcast oder aus seiner Zeit hinterm Tresen bei Passmanns und später im Stadtcafé kennt, erlebt einen zumeist selbstbewussten, entspannten Typen, der „auf jeden Pott ‘nen Deckel hat“, wie man im Ruhrgebiet so sagt. Aber: „Alles, was ich heute mache, hätte ich mir vor zehn Jahren nicht vorstellen können“, sagt der 46-Jährige heute von sich.

Ein „People-Pleaser“ sei er gewesen, jemand, der es allen recht machen wollte und dafür auch mit seiner Meinung und Wünschen hinterm Berg gehalten habe. Tief in den Rollen von Dungeons & Dragons habe er gesteckt, mit einer ganzen Reihe vom Kumpels sei er mit allem Drum und Dran ab seinem zehnten Lebensjahr in diese Fantasy-Welt abgetaucht.

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Nicht eine kurze Begeisterung, nein: Jahrzehnte hat ihn dieses Spiel fasziniert. Als er später das allermeiste des Equipments verkauft, hat ihm das sogar ein Auto finanziert. Das Rollenspiel ist Kult. „Und ich war zum Schluss Spielleiter, also gewissermaßen Regisseur und Drehbuchautor und ich habe Ordner voller selbsterfundener Geschichten.“

Der bekennende Bottroper würde nie aus seiner Heimatstadt wegziehen

In seinem persönlichen Drehbuch ist vieles nicht so gelaufen, wie er sich das vorgestellt hat. Dabei klingen die Voraussetzungen wie aus dem Bilderbuch: eine in jeder Beziehung intakte Familie im Fuhlenbrock. Das Elternhaus: „Für mich und meinen Bruder ein Ort, von dem ich bis heute weiß: Ich kann immer dorthin zurückkommen, finde dort nicht nur eine Wohnung, sondern vor allem Verständnis, Geborgenheit, vielleicht das, was man als ideale Familie bezeichnet.“ Für den nach eigener Aussage „mäßigen Schüler“, der auf dem HHG immer „soeben durchgerutscht“ ist, steht dieses Ideal ganz oben. „Ich bin ein Familienmensch, wollte selbst so eine ideale Familie, Kinder...“

Peter (Piet) Metzen hatte im Fuhlenbrock eine behütete Kindheit.
Peter (Piet) Metzen hatte im Fuhlenbrock eine behütete Kindheit. © P.M.

Er sei nie einer gewesen, der „ständig mit Mädchen rumgemacht“ hat. „Meine erste feste Freundin hatte ich mit 18, ja, echt jetzt.“ Piet grinst. Den Spitznamen – heute fast eine Art Markenname – hat er übrigens seit seiner Schulzeit. Aber als es dann so richtig funkt, stehen für den inzwischen ausgebildeten Zahntechniker zwei Dinge fest: „Ich möchte eine Familie und ich ziehe nicht aus Bottrop weg.“ Also muss die Freundin von Hamburg in den Pott ziehen. Tut sie auch. Als Piet 29 ist, wird geheiratet, zwei Jahre später wird die Tochter geboren, noch einmal zwei Jahre später, 2010: die Trennung.

Zwei Scheidungen bringen das Leben völlig aus dem Gleichgewicht, machen sogar krank

„Für mich war‘s die Katastrophe. Für mein Umfeld auch. Scheidungen kannten wir einfach nicht, weder im näheren Familien- noch im damaligen Freundeskreis, intakte Familie, so wie wir es kannten, war einfach mein großes Ideal.“ Die Tochter bleibt bei seiner Frau. Piet selbst wird krank. Die Galle muss raus. „Ich glaube schon, dass psychisches und körperliches Wohl Hand in Hand gehen“, sagt Piet. Dass er einmal „richtig dick“ war, bis zu 130 Kilo, ist kaum mehr vorstellbar. Vor allem nicht, wenn man die Fotos von 1999 (mit dem damals coolen schwarzen Ledermantel und komplett vorhandenem Haupthaar) und Bilder von heute betrachtet.

Peter (Piet) Metzen 1999 im neuen, coolen schwarzen Ledermantel.
Peter (Piet) Metzen 1999 im neuen, coolen schwarzen Ledermantel.

2014, also vor mittlerweile zehn Jahren, sei der echte Wendepunkt gewesen. Scheidung von der zweiten Frau, die Ehe hat nur ein gutes Jahr gehalten. „Das war eigentlich nur noch der Versuch, die Beziehung zu retten, dass so etwas nicht klappt, weiß ich jetzt“, sagt Piet Metzen. Mitte 30, zwei Scheidungen: „Das schaffen eigentlich nur Rockstars“, lacht er heute. Damals nimmt Piet das nicht so locker, ist am Boden, macht eine Therapie, um aus dem Loch herauszukommen. Auch äußerlich fängt er an, an sich zu „arbeiten“. Fitnessstudio, Training. Und: „Ich wollte unbedingt den Vivawest-Marathon laufen.“ Schafft er auch, 2016.

Da ist er nach dem persönlichen Absturz langsam schon wieder auf dem Weg nach oben. Neben professioneller Hilfe hilft Piet auch die private „Gesprächstherapie“. Am Tresen: Nicht als Kunde oder mit Gästen, sondern dahinter, mit Menschen, die später Freunde werden. „Irgendwie hatte ich immer Spaß an Gastronomie, wollte das machen, obwohl ich meinen Hauptjob nie aufgegeben habe, und dann sagte Reimbern von Wedel-Parlow: Mach mit, hier im Passmanns.“ Piet Metzen erinnert sich, als wär‘s gestern gewesen. Dort lernt er auch Michael Pelikan kennen, Wedel-Parlows Nachfolger als Passmann-Wirt. „Beide holten mich mit aus meinem Loch.“

Äußerer Wandel: vom schmalen Jungen zum „dicken Peter“ und schließlich zum Marathon-Mann

In der Zeit ist er kaum wiederzuerkennen. Viel im Fitnessstudio, Muskelaufbau, die Bodybuilder-Figur nimmt Form an. Die weniger gewordenen Haare verschwinden ganz. Dafür steigt das Selbstbewusstsein, die Sicherheit und die Einsicht: „Ich muss es gar nicht immer allen recht machen.“ Als er zu Georg (Schorsch) Louven ins Stadtcafé hinter den Tresen wechselt, beschreibt sich Piet selbst auch wie „ausgewechselt“. „Eine Superzeit mit viel positiver Resonanz von Frauen und Männern“, erzählt der Fuhlenbrocker, der längst auf dem Eigen Wurzeln geschlagen hat.

Eine Superzeit auch deshalb, weil im Stadtcafé die Idee für den Bottcast entsteht. Aus den spontanen Podcast-Talks anfangs im Stadtcafé, ist eine Bottroper Institution geworden, inzwischen sogar mit eigenen Veranstaltungen wie Kneipenquiz, Bottrop-Bustouren oder zuletzt Public-Viewing. „Hätte ich mich alles früher nicht getraut, höchstens im stillen Kämmerlein mit ein paar Freunden.“ Natürlich ist das Team wichtig. „Auch wenn es seither wechselte: Es waren immer tolle Leute.“ Mit Alex Teichert sei es bis heute eine richtig gute Partnerschaft: „Er kann einfach viel besser verhandeln als ich.“

Und die Partnerschaft im Leben? Ja, die gibt es auch wieder seit einigen Jahren. Wieder ein Trauschein? Bisher eher nicht. „Ich glaube, meine Freundin und ich haben eine so gute Basis, es ist einfach schön, auch ganz ohne Urkunde.“