Bottrop. Michael Pelikan will die Kultur-Tradition am historischen Ort beibehalten. Ein Spagat zwischen Job und Familie für den bald dreifachen Vater.

Das Passmanns ist eine Institution in der Stadt. Seit 122 Jahren durchgängig Wirtshaus, seit fast 20 Jahren mit dem Beinamen Kulturkneipe versehen – einen Ruf, den der langjährige Inhaber Reimbern von Wedel-Parlow im Traditionshaus an der Kirchhellener Straße zwischen Rathaus und Stadtgarten aufgebaut hat. „Kulturkneipe soll es auch bleiben“, betont Michael Pelikan. Der 33-Jährige hat nach einer gemeinsamen Übergangszeit vor vier Jahren das Geschäft komplett übernommen. Und dann kam Corona.

Bottrops Gastronomie hat Corona noch längst nicht überstanden

Nein, über die Zeit möchte Michael Pelikan am liebsten nicht sprechen. Höchstens über das Schönste, nämlich, dass er in dieser Zeit zum zweiten Mal Vater geworden ist – und Nummer drei ist gerade unterwegs. Passt das zusammen mit Passmanns? Einfach ist das nicht. „Aber immerhin haben wir kurze Wege, wir wohnen über der Kneipe, die Älteste geht in die neue Kita gegenüber am Lamperfeld und: Wir haben samstags und sonntags geschlossen.“ Da spielt natürlich auch der gravierende Personalmangel eine Rolle, den die gesamte Gastronomie seit der Corona-Krise quält.

Am Wochenende geschlossen. So etwas geht in der Gastronomie? Im Passmanns scheint das zu funktionieren. „Die Wochenenden waren auch früher schon sehr durchwachsen, das war schon zu meiner Mitarbeiterzeit so“, erinnert sich der Wirt. Seit 2013 kennt er das markante Haus, das immer noch wie die gute alte Eckkneipe daherkommt, wie seine Westentasche. „Aber bei bei geschlossenen Gesellschaften und Feiern geht natürlich auch Samstag oder Sonntag etwas“, räumt Pelikan ein.

Klassischer Eckbau der vorletzten Jahrhundertwende an der Ecke Kirchhellener/ Steinmetzstraße. Gastronomie spielt im Passmanns seit mehr als 120 Jahren ein Rolle.
Klassischer Eckbau der vorletzten Jahrhundertwende an der Ecke Kirchhellener/ Steinmetzstraße. Gastronomie spielt im Passmanns seit mehr als 120 Jahren ein Rolle. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Und durch den neuen Biergarten, auf dessen Genehmigung er lange warten musste, sind ja auch noch einmal 60 schattige Plätze dazugekommen. Da stößt mitten in der Stadt in guter Wohnlage Wirtsgarten an Privatgärten. Das riecht förmlich nach Interessenkonflikt. Fehlanzeige. Michael Pelikan betont das gute Verhältnis zu den umliegenden Bewohnerinnen und Bewohnern. „Einige Nachbarn gehören auch zu den Stammkunden – und vor allem: Wir halten uns ziemlich strikt an die Ruhezeit ab 22 Uhr.“

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Überhaupt bildet die Stammkundschaft ein wichtiges Rückgrat der Kneipeninstitution. Zwei von ihnen kommen auch bei der nächsten Bottcast-Folge dieser Gemeinschaftsserie von WAZ und Bottcast in der nächsten Woche zu Wort. Der Kunde ist dort nicht das „unbekannte Wesen“. Der Wirt erzählt von Stammgästen, die schon gegen fünf Uhr kommen, etwas trinken und dann zu „Heute“, spätestens zur „Tagesschau“ wieder zuhause sind. Die meisten kämen aber zur entspannten Unterhaltung, wollten etwas Frisches auf die Gabel – die hausgemachte Pizza sei immer noch ein Renner – und einen gemütlichen Abend verbringen.

Bisherige Folgen der gemeinsamen Serie von WAZ und Bottcast:

die Domschänke

die Alten Stuben

das König-Eck

das Keglereck

Natürlich soll Passmanns Kulturkneipe bleiben - vor allem wieder werden. Denn Corona habe vieles abbrechen lassen. Allerdings sei auch nicht jede Ausstellungseröffnung oder jedes Konzert ein Garant für volles Haus. „Am besten läuft hier das, was von Bottroperinnen und Bottropern gemacht wird“, weiß Michael Pelikan, der auch die Bottroper Kneipennacht gerne wieder aufleben lassen würde. „Aber nicht in diesem Jahr. Und: Wir müssen uns organisatorisch etwas Gutes einfallen lassen“, dämpft er die Hoffnung auf ein baldiges Wiederaufleben dieses Traditionsformats. Aber Bottroper Urgesteine, wie zum Beispiel Jürgen Pluta und andere, das wären schon wieder tolle Acts für einen Laden wie das Passmanns.

Schwiegeroma gibt des Anstoß zur Geschäftsübernahme

Dass der gebürtige Gelsenkirchener, der in Gladbeck aufgewachsen ist (in Zweckel ist der Katholik übrigens immer noch aktives Mitglied der Eucharistischen Ehrengarde!), in Osnabrück Jura studiert hat nun in Bottrop Wirt wurde, habe er ein wenig auch der Oma seiner Frau zu verdanken. „Als sie bei Passmanns eine Feier veranstaltete und die Besitzernachfolge noch in der Schwebe war, sagte sie: Warum macht das nicht der Michael?“. Das Ergebnis ist bekannt.

Eine gewisse Grenze zieht Michael Pelikan aber doch: „Ich wollte immer, dass die Gäste sagen, wir gehen ins Passmanns und nicht wir gehen zum Michael.“ Darum sollen auch Auftritte in Passmanns Kulturkneipe schrittweise wieder hochgefahren werden. Eine feste Bühne hat Michael Pelikan dafür schon einbauen lassen.

Und hier gehts zur aktuellen Folge von „Vorm Tresen – Hinterm Tresen“ von WAZ und Bottcast: der-bottcast.de. Zu hören ab nächster Woche.

Die Idee von „Vorm Tresen - Hinterm Tresen“

Die Idee von „Vorm Tresen - Hinterm Tresen“: die Wirtsleute vorzustellen (WAZ), aber auch Stammgäste, alte und jüngere Botttroperinnen und Bottroper zu Wort kommen zu lassen (Bottcast).Dabei soll es nicht nur um „Dönekes“, sondern vielleicht auch um Bottroper (Kneipen-)Geschichte, Atmosphäre und einfach das Leben in der Stadt gehen, die für viele schon lange, für andere möglicherweise auch erst seit kurzem Heimat ist.