Bottrop. 30 Wahlen hat Klaus Wenger in Bottrop organisiert. Zum Schluss erzählt er von schlaflosen Nächten und warum zur Wahl die Feuerwehr parat steht.

Der Druck, die Sorge einen Fehler zu machen und so schlimmstenfalls deutschlandweit zur Lachnummer zu werden, die hat Klaus Wenger in seinem Berufsleben fast immer begleitet. Bei der Stadtverwaltung ist er Sachgebietsleiter für Statistik und Wahlen. Klingt harmlos, dahinter steckt aber nicht weniger als die Verantwortung und Organisation sämtlicher Wahlen in Bottrop – von der Kommunal- über Landtags- und Bundestagswahl bis hin zur Europawahl.

Die Wahl zum Landtag am Sonntag ist nun seine letzte, 2023 geht er in Ruhestand und selbst wenn unvorhergesehen bis dahin doch noch eine Wahl anstehen sollte, „bin ich da nicht mehr dabei“. Sein Nachfolger Pascal Gniffke hat bereits übernommen, trägt die Verantwortung für die Landtagswahl. Klaus Wenger ist im Hintergrund dabei – und so entspannt wie noch nie zuvor bei einer Wahl. Das sagt er selbst.

1994 hat er in Bottrop die ersten Wahlen mit organisiert

Weil er wisse, dass sein Nachfolge alles im Griff habe. Und so kann Wenger am Vorabend der Wahl tatsächlich ins Theater gehen – sonst eigentlich undenkbar. Aber: „Wenn man in so eine Wahl einsteigt, bekommt man schnell ein Gefühl dafür, ob es läuft oder nicht. Und bei der Wahl jetzt bin ich tiefenentspannt.“

1994 hat Klaus Wenger erstmals bei der Organisation von Wahlen in Bottrop mitgeholfen.
1994 hat Klaus Wenger erstmals bei der Organisation von Wahlen in Bottrop mitgeholfen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

1994 hat er erstmals die Wahlen mitorganisiert, hat dann andere Aufgaben in der Verwaltung übernommen und kam 2002 zurück, 2009 hat er dann die Verantwortung für die Wahlen übernommen. Insgesamt 30 in 20 Jahren seien es gewesen, sagt er rückblickend. Angesichts dieser Zahlen kann er den Spott und die Frotzeleien einiger Kollegen, wonach Wenger und sein Team ja im „olympischen Amt“ arbeiteten – alle vier Jahre eine Wahl – locker kontern.

Kollegen in den Nachbarstädten sind über der Aufgabe krank geworden

Bei Klaus Wenger liefen über die Jahre alle Fäden zusammen. Die Organisation der Wahlräume, die Schulung der Wahlhelfer oder die Frage, ob auch genügend Wahlzettel vorhanden sind – um alles musste er sich mit seinem Team kümmern. „Ich habe mich immer für Politik interessiert, es war ein griffiges Thema und auch eine schöne Aufgabe, im Vergleich zu anderen Gebieten in der Verwaltung.“ Er muss es wissen, hat er doch auch Stationen bei der damaligen Volkszählung 1987, im Sozialamt und bei der Bußgeldstelle absolviert. Aber für seinen Job gelte eben auch: „Karriere macht man allerdings nicht: Läuft es perfekt, kommt man nicht weg. Läuft es schlecht, ist der Ruf schnell ruiniert.“

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Das bedeutet eben auch viel Druck. Kolleginnen und Kollegen in Nachbarstädten seien darüber teils lang erkrankt, einige seien gar nicht mehr in den Job zurückgekehrt. Das blieb Wenger zum Glück erspart, doch schlaflose Nächte vor den Wahlen, die kennt auch er. „Vor allem bei den ersten Wahlen, für die ich verantwortlich war, bin ich nachts oft aufgewacht, habe an die Wahlen gedacht und gegrübelt, ob ich an alles gedacht habe“. Stift und Zettel hätten immer am Bett gelegen, um Notizen zu machen.

Persönlich ist der Bottroper kein Freund der Briefwahl

In all den Jahren hat sich vieles bei der Organisation und Durchführung der Wahlen verändert. Manches macht die Arbeit für die Stadtverwaltung leichter. Die Wahlbenachrichtigung per Brief etwa. Wenger kann sich noch an Zeiten erinnern, da hat man Postkarten mit der Wahlbenachrichtigung noch selbst gedruckt, in Schuhkartons verpackt und mit städtischen Personal in die Haushalte verteilt. „Die Kartons haben wir tatsächlich vom damaligen Schuhhaus Böhmer sammeln lassen und geschenkt bekommen.“ Heute kommt die Wahlbenachrichtigung automatisch übers Rechenzentrum mit der Post, Schuhkartons muss niemand mehr sammeln.

Wahlurnen und Material müssen rechtzeitig an den Wahlräumen sein – hier vor der Bundestagswahl 2017. Auch darauf muss Klaus Wenger achten. Gleichzeitig zeigt sich hier, dass bei Wahlen die ganze Verwaltung mitmachen muss. Der Transport etwa ist Aufgabe des Bauhofs. Viele Mitarbeiter der Verwaltung werden auch als Wahlhelfer verpflichtet. Nicht umsonst spricht Wenger von Wahlen als „Königsdisziplin der Verwaltung.
Wahlurnen und Material müssen rechtzeitig an den Wahlräumen sein – hier vor der Bundestagswahl 2017. Auch darauf muss Klaus Wenger achten. Gleichzeitig zeigt sich hier, dass bei Wahlen die ganze Verwaltung mitmachen muss. Der Transport etwa ist Aufgabe des Bauhofs. Viele Mitarbeiter der Verwaltung werden auch als Wahlhelfer verpflichtet. Nicht umsonst spricht Wenger von Wahlen als „Königsdisziplin der Verwaltung. © Oliver Mengedoht / FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Auch der zuletzt durch Corona gestiegene Trend zur Briefwahl mache die Organisation und den Ablauf am Wahltag einfacher, trotzdem sieht Wenger das zwiespältig, denn: „Persönlich, vom politischen Verständnis finde ich das nicht so gut. Ein Beispiel: Im Wahlraum darf man nur allein in die Kabine und sein Kreuz machen, damit das Wahlgeheimnis gewahrt bleibt. Wenn wir die Unterlagen nach Hause schicken, kontrolliert das niemand.“

Für den Bottroper gilt: „Wahlen sind die Königsdisziplin der Verwaltung

Trotzdem, für Wenger sind Wahlen die „Königsdisziplin der Verwaltung“. Diese Einstellung, habe er von seinen Vorgängern übernommen, das habe ihn geprägt, sagt er. Deshalb findet er es schade, dass sich nun mehr und mehr die Einstellung durchsetze auch Wahlen seien nur ein Job. „Früher hatte es noch einen hoheitlichen Touch, heute läuft es geschäftsmäßiger“, so Wengers Vergleich.

Das kann dann aber auch zu ganz schönen Situationen führen, erinnert sich Wenger an einen Höhepunkt. Bei einer Europawahl habe er in Düsseldorf angerufen, „da waren die noch gar nicht angemeldet und bereit, weil sie so früh noch nicht mit Ergebnissen gerechnet hatten“. Tatsächlich ist Bottrop mit den Ergebnissen immer vergleichsweise früh dran – auch weil es einer der kleineren Wahlkreise war. Jetzt ist ja bei der Landtagswahl erstmals ein Stück von Gladbeck dazu gekommen, daher sei man jetzt auch hier – wie bei der Bundestagswahl – auf die Nachbarstadt angewiesen.

Feuerwehr muss im Notfall Türen zu den Wahlräumen öffnen

Wichtig sei, dass an den Wahlsonntagen alles reibungslos ablaufe. Ja, auch in Bottrop seien an einigen Stellen die Stimmzettel schon mal knapp geworden, doch sie sind nie ausgegangen. „Wir hatten mal vor vielen Jahren in einem Wahlraum die Punktladung, da waren um 18 Uhr bei einer Kommunalwahl noch drei Zettel übrig.“

Wichtig auch: Sind alle informiert, werden die Wahlräume auch pünktlich geöffnet? Auch hier habe es mal Verspätungen gegeben, aber alles im Rahmen. Und im Zweifel stehen an Wahltagen eigens zwei Feuerwehrmänner parat. Sollte die- oder derjenige mit dem Schlüssel zum Wahlraum nicht auffindbar sein, können die Experten die Tür öffnen. „Doch das war zum Glück noch nie nötig“, sagt Klaus Wenger.

Für den anstehenden Ruhestand hat Wenger sich noch nicht viel vorgenommen, bis dahin dauert es ja noch ein wenig. Nur soviel: Eine lange Wohnwagentour durch Westeuropa ist geplant, gemeinsam mit seiner Frau. Praktisch: Die geht am selben Tag in den Ruhestand wie er.

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Lob vom Dezernenten

Wahlleiter in Bottrop ist in der Regel Paul Ketzer. Der erste Beigeordnete schätzt Klaus Wengers Arbeit sehr, betont das auch in Presserunden rund um die Wahl regelmäßig. Er wisse, man könne sich auf das Team verlassen. „Die Besonderheit bei Wahlen in Bottrop ist, dass es keine Besonderheit gibt“, so Ketzers Lob.Umgekehrt schätzt Wenger aber auch Ketzers Art als Wahlleiter. „Wir haben einen Wahlleiter, der uns extrem den Rücken freihält.“ Auch das sei wichtig und viel Wert in der Position.