Bottrop. Die Bottroper Tafel muss die Ausgabe von Lebensmitteln einschränken: „Wir sind an der Kapazitätsgrenze.“ Vorsitzender Kruse sagt, warum.

Die Bottroper Tafel ist an der Belastungsgrenze. Der Ukraine-Krieg und die hohen Lebensmittelpreise setzen ihr zu. Nun hat der Vorstand entschieden, dass Bedürftige ab sofort nicht mehr zweimal pro Woche Lebensmittel und Hilfsgüter erhalten, sondern nur noch einmal. „Wir haben ungefähr 150 neue Anmeldungen nur mit ukrainischen Flüchtlingen. Vor allem junge Frauen“, sagt Dieter Kruse, Vorsitzender der Tafel.

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Der 81-Jährige ist seit 2001 dabei, hat angefangen, als die Tafel noch Bottroper Tisch hieß. Krisen und Probleme gehören für ihn und sein Team seit jeher zum Alltag. Nun sagt er: „Wir sind an der Kapazitätsgrenze.“ In dem Zusammenhang erlebt er ein Déjà-vu zu den Jahren 2015 und 2016. Damals kamen zahlreiche Flüchtlinge aus Syrien nach Bottrop und suchten die Tafel auf. Und auch damals musste man das Angebot auf einen Wochentag begrenzen. „Jetzt ist es sogar noch schlimmer geworden, weil zusätzlich die Lebensmittel teurer sind.“

Bottroper Tafel reduziert die Lebensmittelausgabe

Supermärkte und Discounter würden weniger ordern. Mit Folgen für die Tafel. „Seit die Preise gestiegen sind, bekommen wir auch weniger“, so der Tafel-Vorsitzende. Ähnlich verhält es sich mit Lebensmitteln, deren Mindesthaltbarkeitsdatum fast abgelaufen sind. Diese wurden bis vor wenigen Wochen an die Tafel weitergegeben. „Das wird jetzt für’n Appel und’n Ei verkauft“, sagt Kruse. Die Tafel geht oftmals leer aus.

Tafel-Mitarbeiterin Martina Bauer füllt eine Tasche mit Lebensmitteln. Seit dieser Woche dürfen sich bedürftige Menschen nur noch einmal pro Woche Hilfsgüter abholen.
Tafel-Mitarbeiterin Martina Bauer füllt eine Tasche mit Lebensmitteln. Seit dieser Woche dürfen sich bedürftige Menschen nur noch einmal pro Woche Hilfsgüter abholen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Wie dramatisch die Lage ist, zeigt ein Blick auf die Ausgabetage. Montags, mittwochs und freitags erhalten Bedürftige an der Gladbecker Straße ab Mittag ihre Lebensmittel. Gewöhnlich dauere die Ausgabe knapp anderthalb Stunden, so Kruse. Nun sind die Mitarbeiter weit mehr als zwei Stunden damit beschäftigt. „Unser Personal spielt da bald nicht mehr mit“, mahnt Kruse. Ein-Euro-Jobber und Ehrenamtler würden ohnehin schon an den Ausgabetagen „immer ein bisschen länger machen“. Und nach der Ausgabe ist nicht Feierabend. „Es ist ja nicht so, dass wenn der letzte Kunde rausgeht, wir einfach nur die Tür zumachen und abschließen“, sagt Kruse. Dann wird aufgeräumt und sauber gemacht. „Wir sind ein Hygienebetrieb.“

Vorsitzender der Bottroper Tafel: „Jeder soll etwas bekommen.“

Auch der Umfang an Lebensmitteln, die nur noch einmal in der Woche verteilt werden, wird geringer. Kruse erklärt: „Wir können nur das verteilen, was wir bekommen. Und wir wollen, dass auch der letzte Kunde am Ausgabetag etwas bekommt.“ Er will keine Situation wie zum Beispiel in Essen. Dort gibt es zunächst für den Mai einen Aufnahmestopp. „Das wollen wir hier nicht“, meint Kruse. „Wir vertreten den Standpunkt: „Wir geben dann allen etwas weniger.“

Aufgrund der schwierigen Lage bittet er um mehr Lebensmittelspenden, nicht nur durch Unternehmen, sondern auch durch Privatpersonen. Einen solch drastischen Schritt wie in Essen will er künftig für Bottrop keineswegs ausschließen. „Vielleicht ist ein Aufnahmestopp irgendwann erforderlich. Schließlich weiß keiner, wie es weitergeht.“

Hilfsbedürftige aus Gladbeck kommen zur Bottroper Tafel

Ein erstes erhöhtes Aufkommen stellte er bereits im Herbst des vergangenen Jahres fest, als die Gladbecker Tafel geschlossen werden musste. Der langjährige Vorsitzende und seine Stellvertreterin starben innerhalb kürzester Zeit. Zwei Drittel der Kunden kommen laut Kruse seitdem nach Bottrop, das andere Drittel sucht die Tafel in Gelsenkirchen auf. „Auch ukrainische Flüchtlinge, die in Gladbeck wohnen, kommen zu uns“, berichtet Kruse. In Gladbeck soll nach seinen Informationen die Tafel erst in ein paar Wochen wieder öffnen. Bis zur Öffnung werden die Bedürftigen weiter in Bottrop versorgt.