Essen. In vielen Revierstädten liegen Sozialdemokraten klar vorne, die CDU verkürzt aber den Abstand. AfD in Gelsenkirchen und Duisburg erfolgreich.
Im Ruhrgebiet hat die Landtagswahl am Sonntag noch weniger Menschen an die Urnen gelockt als im landesweiten Durchschnitt. Von den rund 3,7 Millionen Wahlberechtigten zwischen Lippe und Ruhr gaben nur 52,7 Prozent ihre Stimme ab, das sind knapp 11 Prozentpunkte weniger als bei der Landtagswahl 2017, ergab eine Auswertung des Regionalverbands Ruhr (RVR). Auf Landesebene betrug die Wahlbeteiligung schwache 55,5 Prozent. Noch nie gingen in der Geschichte Nordrhein-Westfalens weniger Menschen zur Wahl.
„Die extrem niedrige Wahlbeteiligung macht uns erhebliche Sorgen, weil damit die Gefahr besteht, dass sich Menschen dauerhaft von ihrem demokratischen Recht verabschieden. Das müssen wir mit allen Mitteln verhindern“, sagte Thomas Eiskirch, Oberbürgermeister von Bochum und Vorsitzender der Ruhr-SPD, dieser Redaktion.
SPD bleibt in Revierstädten vorne
„Die Schere zwischen Union und SPD ist auch im SPD-Stammland weiter zusammengegangen“, freut sich Essens Oberbürgermeister und Vorsitzender der CDU-Ruhr, Thomas Kufen, am Tag nach der Wahl. Denn auch im Revier kann CDU zulegen und verkürzt mit 30,5 Prozent den Abstand zur SPD. Thomas Eiskirch zeigt sich hingegen zerknirscht: „Wir sind enttäuscht und hatten deutlich mehr erwartet. Das Ergebnis in Nordrhein-Westfalen ist eine schwere Schlappe für die SPD.“
Bei früheren Landtagswahlen wurde an der Ruhr traditionell sozialdemokratisch gewählt. Zwar hat die SPD im Ruhrgebiet entsprechend dem Landestrend bei der Wahl 2022 deutliche Stimmenverluste hinnehmen müssen, schnitt aber dennoch vergleichsweise gut ab. Mit 33,4 Prozent bleibt die SPD im Ruhrgebiet trotz Verlusten von 3,1 Prozentpunkten weiterhin stärkste politische Kraft. Laut RVR-Auswertung erobert die Partei 33 der 37 Revier-Wahlkreise direkt. Dies sei „ein Lichtblick“ für die SPD, meint OB Eiskirch. Stark bleibt die SPD bei den Zweitstimmen zum Beispiel in den Revierstädten Herne (39,4 %), Gelsenkirchen (37,5 %), Oberhausen (36,9 %), oder Duisburg (35,8 %).
FDP stürzt ab, Grüne gewinnen, AfD stark
Ähnlich wie bei den landesweiten Ergebnissen verliert die schwarz-gelbe Koalition im Ruhrgebiet an Zustimmung – mit unterschiedlichen Vorzeichen. So kann die CDU ihr Ergebnis gegenüber 2017 um 3,5 Prozentpunkte leicht verbessern, zugleich muss aber der bisherige Koalitionspartner FDP deutliche Verluste hinnehmen und kommt nur noch auf 5 Prozent – das ist ein Absturz um 5,7 Punkte. Die CDU holt ihre besten Ergebnisse vor allem am Rande des Reviers, etwa in Haltern am See (42,5 %) oder Dorsten (41,6 %).
Die Grünen sind hingegen revierweit die großen Wahlgewinner. In manchen Städten können sie im Vergleich zu 2017 ihre Ergebnisse glatt verdreifachen, etwa in Bochum, wo sie von 7,2 auf 21 Prozent springen, ebenfalls in Dortmund: von 7,3 auf 20,9. Mit insgesamt 16,4 Prozent erzielen die Grünen im Ruhrgebiet ihr bislang bestes Ergebnis.
In der von Strukturwandel und höherer Arbeitslosigkeit geprägten Region bleibt die AfD recht erfolgreich. Zwar verliert die Partei laut RVR-Analyse im Ruhrgebiet fast ein Drittel ihrer Wählerinnen und Wähler, schneidet aber etwa in Gelsenkirchen (10,4 %) oder Duisburg (7,8 %) überdurchschnittlich gut ab. 6,3 Prozent geben der Partei im Ruhrgebiet ihre Stimme, landesweit sind es 5,4 Prozent.