Bochum. In Räumen einer Grundschule pflegte ein Verein über 15 Jahre lang eine historische Sammlung. Nun kündigte die Stadt Bochum ihm überraschend.

Nach mehr als 15 Jahren plötzlich Schluss? Die ehemalige Hausmeisterwohnung der Frauenlobschule in Bochum-Hiltrop war Jahre lang das Zuhause des Knappenvereins BKV Glückauf Gerthe 1891. Mit viel Herzblut schuf der Verein dort eine bergbauhistorische Ausstellung zur regionalen Bergbaugeschichte. Sogar Exponate, die im Bochumer Bergbaumuseum nicht zu finden sind, stellt der Verein dort aus.

Nun steht der Verein allerdings vor einer ungewissen Zukunft: Die Räume sollen künftig dem offenen Ganztag der Schule zur Verfügung stehen. Deshalb wurde dem Verein Ende November der Überlassungsvertrag unerwartet gekündigt. Für den Vereinsvorsitzenden Hans Mohlek war das ein Schock.

Mehr zum Thema

Verein fühlt sich übergangen

Bereits seit Jahren seien Mitarbeiter der Stadtverwaltung vor Ort gewesen, um Messungen vorzunehmen, so Mohlek. Die Begründung: anstehende Renovierungsarbeiten. Doch inzwischen vermutet der Verein, dass die Ausmessungen mit der geplanten Umnutzung zusammenhingen. Eine Vorwarnung oder direkte Gespräche habe es jedoch nicht gegeben. „Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt“, kritisiert Mohlek.

Besonders schmerzlich ist für den Verein, dass viele Exponate nicht umziehen könnten. Ein auf den Putz gemaltes Wandgemälde etwa, das eine typische Szene des Bergbaus zeigt, wäre unwiederbringlich verloren. Auch handgefertigte Kunstwerke aus Kohlebrocken, die mit der Zeit porös werden, könnten beim Umzug beschädigt werden.

BKV Gerthe  in Bochum
Ein Wandgemälde ziert die Räume des BKV Gerthe in der Frauenlobschule. Sollte die frühere Hausmeisterwohnung für den Ganztag der Frauenlobschule renoviert werden, geht das Kunstwerk voraussichtlich verloren. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Ungewisse Zukunft trotz Zusagen

Zwar habe die Bezirksvertretung Bochum-Nord dem Verein inzwischen Entwarnung gegeben und ihm versichert, vorerst in der Hausmeisterwohnung bleiben zu dürfen, bis ein neuer Standort gefunden sei. Doch der Verein bleibt skeptisch. „Nur weil die Stadt uns etwas sucht, heißt das nicht, dass das, was sie uns dann anbieten, für uns geeignet ist“, so Mohlek.

+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bochum verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Newsletter! +++

Und auch die Pressestelle der Stadt sendet andere Signale: Sprecher Thomas Sprenger spricht von einer „Frist bis zum Anfang der Sommerferien 2025“.  Allerdings betont er auch: „Dem Knappenverein wurde die Möglichkeit der Nutzung von Schulraum für Vereinstreffen wie Vorstandssitzungen oder Mitgliederversammlungen unter Absprache der Nutzungszeiten bereits zugesagt.“

Schwieriger hingegen gestalte sich die „dauerhafte Unterbringung der Vereinsgegenstände“ – die Sammlung des Vereins. Und da (Schul-)Raum stadtweit knapp bemessen sei, könne eine zufriedenstellende Lösung auch nicht versprochen werden.

+++Was macht die WAZ Bochum eigentlich bei Instagram? Die Redakteurinnen Inga Bartsch und Carolin Muhlberg geben im Video einen Einblick.+++

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

SPD macht ebenfalls Vorschläge für die Vereinsunterbringung

Auch die Politik lässt das Thema dabei nicht kalt: Bereits am Dienstag, 21. Januar, brachte die SPD-Fraktion in einer Anfrage an die Stadtverwaltung einige Vorschläge ein. Darunter auch Räumlichkeiten in der „Kitschbude“ am Castroper Hellweg oder im ehemaligen Zwangsarbeiterlager Bergener Straße. Letzteres biete durch seine Nähe zur Zeche Constantin sogar einen bergbauhistorischen Bezug.

BKV Gerthe  in Bochum
Zahlreiche handgefertigte Kunstwerke aus Kohlebrocken stehen in den Regalen des Aufstellungsraumes des BKV Glückauf Gerthe. Mit der Zeit sind sie porös geworden. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Neben der Unsicherheit über den neuen Standort stellt die Finanzierung eine große Herausforderung dar. Der Verein trägt sich ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen, die bei 30 Euro im Jahr liegen. „Der Großteil unserer Mitglieder ist in Rente“, erklärt Mohlek, weshalb höhere Beiträge kaum durchsetzbar seien. Bisher zahlte der Verein für die Hausmeisterwohnung einen symbolischen Betrag – eine günstige Lösung, die mit einem Standortwechsel möglicherweise entfällt.

Für den Verein steht jedoch mehr auf dem Spiel als finanzielle Planbarkeit. „Der Bergbau hat Bochum reich gemacht“, betont Mohlek. Dass die Stadt dies scheinbar nicht ausreichend wertschätze, sei enttäuschend.

BKV Gerthe  in Bochum
Auf ihre Grubenlampen sind die Mitglieder des BKV Gerthe stolz – ganz besonders seit das Bochumer Bergbaumuseum seine Sammlung aufgegeben hat. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Politische Unterstützung und offene Fragen

Die Kündigung der Vereinsräume hat auch in der Politik Kritik ausgelöst. Vertreter der „UWG: Freie Bürger“ sowie der SPD-Fraktion fordern die Stadt auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. „Es ist unverständlich, wie die Stadt Bochum einer so traditionsreichen Institution ohne Vorwarnung die Grundlage ihrer Arbeit entziehen kann, ohne eine adäquate Alternative bereitzustellen“, kritisiert Peter Mainka, Bezirksvertreter der „UWG: Freie Bürger“ im Bochumer Norden.

Bisher bleibt unklar, welche Schritte die Stadt konkret unternimmt, um das kulturelle Erbe des Knappenvereins zu sichern. Der Verein appelliert an die Verantwortlichen und die Bürgerinnen und Bürger, ihn in dieser schwierigen Situation zu unterstützen. „Unsere Geschichte darf nicht in Kartons verstauben – sie gehört in die Mitte unserer Stadtgesellschaft“, erklärte Mohlek daher in einem offenen Brief des Vereins.

Diese Texte haben viele Menschen interessiert