Bochum. Einen Lichtblick bei der Konjunktur sehen die Arbeitgeberverbände Ruhr mit Sitz in Bochum. Aber: Von einem Aufschwung könne keine Rede sein.

Mit der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen geht es bergauf, heißt es dieser Tage. Zahlen des Landesstatistikamts IT.NRW aus dem Jahr 2022 würden das belegen. Vor allem in einigen Städten des Ruhrgebiets, darunter Bochum, verzeichneten ein überdurchschnittliches Wachstum. Auch ganz aktuelle Werte für die Region sind vielversprechend, allerdings nach einem zwischenzeitlichen Tief.

Ruhr-Wirtschaft erholt sich im ersten Halbjahr 2024 leicht

Auf 69 Prozent Positivmeldungen „emporgearbeitet“ hat sich die Geschäftslage im Mittleren Ruhrgebiet und in Westfalen im ersten Halbjahr 2024 bei den Mitgliedern der Arbeitgeberverbände >(AGV) Ruhr/Westfalen mit Sitz in Bochum. Das ist das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage unter 425 Unternehmen der Industrie und des Dienstleistungssektors.

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„Damit liegen die Werte nicht mehr im Krisenmodus wie noch vor Jahresfrist“, heißt es im AGV-Sitz an der Königsallee in Bochum. Allerdings seien sie noch immer auf vergleichsweise schwachem Niveau und weit entfernt von Aufschwungszenarien.

AGV-Hauptgeschäftsführer sieht Lichtblicke

„Als Lichtblicke innerhalb der nach wie vor angespannten Situation sehen wir die deutliche Reduzierung des Anteils von Meldungen über Verluste von 20 auf 6,6 Prozent und eine Erholung bei den Erträgen“, sagt AGV-Hauptgeschäftsführer Dirk W. Erlhöfer. Dass aber lediglich etwas mehr als die Hälfte der Befragten das Urteil „gut/befriedigend“ abgeben haben, sei „eindeutig zu wenig“.

Positiv entwickelt im Vergleich zum Vorjahr haben sich viele der abgefragten Parameter: 45 statt 21 Prozent Positivmeldungen bei den Inlandsaufträgen, 51 statt 28 Prozent bei den Umsätzen, 52 statt 46 Prozent bei den Auslandsaufträgen, 47 statt 29 Prozent bei den Auslandsinvestitionen. Nur die Investitionen im Inland (49 statt 52 Prozent) sind rückläufig. Erlhöfer: „Die Unternehmen sind offenbar aus dem Tal der Krise heraus, jedoch leiden sie noch immer unter zu schwacher Konjunktur.“

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Weiterhin positiv seien die Aussichten beim Ausbildungsangebot. Und: Unternehmen neigen derzeit eher zur Einstellung von Personal (20,4 Prozent); Kurzarbeit (3,2 Prozent) und betriebsbedingte Kündigungen (2,2 Prozent) spielen kaum eine Rolle.

Nicht einmal die Hälfte der Firmen erwarten gute Geschäfte im zweiten Halbjahr

Aus Sicht der Arbeitgeberverbände scheint der Erholungsprozess bei den wichtigsten Konjunkturparametern aber erst einmal ins Stocken zu geraten: Nur 44,6 Prozent der Unternehmen erwarten bessere oder gleich gute Geschäfte im zweiten Halbjahr 2024. Auch die Erwartungen an Umsätze, Erträge, Inlands- und Auslandsaufträgen liegen lediglich zwischen 45 und 59 Prozent. Signale für eine durchgreifende Erholung seien das nicht.

„Unsere regionale Wirtschaft befindet sich unverändert in einer sehr schwierigen konjunkturellen Lage, auch wenn sie die Talsohle der Krise offenbar verlassen konnte“, so AGV-Hauptgeschäftsführer Erlhöfer. Alarmierend ist aus seiner Sicht, dass die Unternehmen stärker auf das Ausland als auf das Inland setzen. „Die De-Industrialisierung ist also keine Vision, sondern Realität.“ Dazu passten die leicht abnehmende Beschäftigungsprognose und zunehmende Rückmeldungen über geplante Kurzarbeit bzw. betriebsbedingte Entlassungen. Erlhöfers Fazit: „Alles in allem sind das keine guten Prognosen für den Standort.“

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Tatsächlich hat allein Bochum in den vergangenen Jahren mehrere wichtige Industrieunternehmen verloren. So wurden die Werke von Opel, Johnson Controls und Jahnel-Kestermann geschlossen, Wabtec hat seine Produktion ins Ausland verlagert.

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