Bochum. Bahnzulieferer Wabtec hat angekündigt, 200 seiner 300 Mitarbeiter in Bochum zu entlassen. Das ist auch ein Rückschlag für den Standort Mark 51/7.

Der Bahnzulieferer Wabtec Corporation aus Bochum hat angekündigt, 200 seiner derzeit etwa 300 Beschäftigten zu entlassen. Das Unternehmen stellt Bremsen und Kupplungen für die Bahntechnik her und hatte erst Ende 2020 sein neu gebautes Werk auf dem früheren Opel-Gelände in Laer, Mark 51/7, bezogen.

Arbeitsplätze sollen bis spätestens Ende 2023 wegfallen

Völlig überraschend hatte die Geschäftsführung des US-Unternehmens, das 2016 das Faiveley-Werk in Witten übernommen und dieses Anfang 2021 nach Bochum-Laer überführt hat, am Freitagmorgen der Belegschaft und dem Betriebsrat mitgeteilt, dass 200 Beschäftigte bis spätestens Ende 2023 ihren Arbeitsplatz verlieren werden.

Damit, so heißt es in Gewerkschaftskreisen, sei nicht ansatzweise zu rechnen gewesen. „Die letzten Umsatzrenditezahlen habe mich nicht gerade zu Überlegungen in diese Richtung gebracht“, sagt Mathias Hillbrandt, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Ennepe-Ruhr-Wupper.

Produktion wird nach Italien und Indien verlagert

Wabtec argumentiert, sein Standortnetzwerk in Europa optimieren zu müssen, da sich das Wettbewerbsumfeld in den vergangenen 18 Monaten stark verändert habe und der Kosten- und Innovationsdruck steige. Dazu gehöre die „Restrukturierung des Standortes Bochum“. Dessen Produktionsmengen sollen von den Standorten in Poli (Italien) und Hosur (Indien) übernommen werden. „Insbesondere durch Überlappungen der Kompetenzen von Poli und Bochum werden Synergiemöglichkeiten aktuell nicht genutzt“, heißt es.

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Höchste Produktionsstandards sollten erfüllt werden

„Die strategischen Überlegungen und Kostenanalysen haben ergeben, dass der Standort in Bochum dauerhaft und deutlich am wenigsten wettbewerbsfähig ist“, heißt es in einer Wabtec-Mitteilung. Bei der Grundsteinlegung im vergangenen Jahr für das neue Werk in Bochum, dass der Eisenbahnzulieferer vom Immobilienentwickler Panattoni gemietet hat, klang das noch ganz anders. „Wir freuen uns, mit dieser neuen Anlage den Grundstein zu legen und unsere langjährige Erfahrung in Deutschland zu nutzen, um bahnbrechende Technologien für die von uns belieferten Branchen zu entwickeln“, so Christopher Antes, Präsident des Geschäftsbereichs Transit Brakes & Safety, damals. „Diese neue Anlage wird den Raum bieten, den wir benötigen, um höchste Produktivitäts- und Qualitätsstandards sowie eine zukunftsorientierte Arbeitsumgebung für unsere Mitarbeiter zu schaffen. Außerdem ist es zentral in der Nähe der Bochumer Universitäten und ihres reichen Talentpools für Ingenieure gelegen.“

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Allein 9200 Quadratmeter Produktionsfläche

Erst Anfang 2021 hat Wabtec den neuen Standort in Bochum bezogen. Auf dem knapp 34.000 Quadratmeter großen Gelände im Stadtteil Laer ist eine Produktionsfläche von 9200 Quadratmeter entstanden.

Zum Standort gehören außerdem eine Lagerfläche von 5100 und eine Bürofläche von 5600 Quadratmeter Größe.

Bleiben sollen nun wohl nur noch die Ingenieure und Beschäftigte mit Dienstleistungsaufgaben. In Bochum soll zwar das Neubaugeschäft für Deutschland, Österreich und die Schweiz betrieben werden. Dies umfasst aber nur den Vertrieb, das Projekt Management und den Engineering-Bereich.

Sozialplan und Transfergesellschaft

Wabtec kündigt an, mit dem Betriebsrat und der IG Metall „sozialverträgliche Lösungen für alle betroffenen Mitarbeitenden zu entwickeln“. Verhandelt werden soll „ein Interessenausgleich und ein Sozialplan für alle Beteiligten“. Wer bis Ende 2023 keinen neuen Job findet, soll in eine Transfergesellschaft wechseln. IG Metall und Betriebsrat wollen Anfang nächster Woche zusammenkommen, um über das weitere Vorgehen zu sprechen.

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Sieben Jahre nach der Schließung des Opel-Werks Ende 2014, als 3000 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren haben, kommt es damit an gleicher Stelle erneut zum Verlust industrieller Jobs. Das Wabtec-Werk steht in direkter Nachbarschaft zur früheren Opel-Verwaltung, dem jetzigen O-Werk. Es ist der erste Rückschlag für den bislang so erfolgreich betriebenen Aufbau eines neuen Wissens- und Wirtschaftsstandorts auf Mark 51/7. Ob es Pläne gibt, den nun offenbar viel zu großen Standort schnell wieder aufzugeben, darüber wollte Wabtec am Freitag keine Auskünfte geben.

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Auch die Bochum Wirtschaftsentwicklung ist überrascht

Überrascht von der Entwicklung ist auch Ralf Meyer, Geschäftsführer der Bochum Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft. „Mir tut es unendlich leid für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, so Meyer. Auf Mark 51/7 werde sich das aber nicht negativ auswirken. Angesichts des plötzlichen Sinneswandels von Wabtec, nur ein Jahr nach dem Bezug des neuen Standorts die Aufgabe der Produktion anzukündigen, sagt Meyer: „Ich zweifle manchmal schon an den strategischen Entscheidungen von Großunternehmen.“