Bochum. Mehrere bedeutende Industrieunternehmen hat Bochum in jüngster Zeit verloren. Der Abschied einer weiteren Traditionsfirma kündigt sich an.
Opel, Johnson Controls, Jahnel Kestermann, Wabtec. Mehrere bedeutende Industrieunternehmen haben ihre Werke in Bochum geschlossen. Der Industriesektor ist anders als in früheren Jahrzehnten längst nicht mehr die Nummer eins in der Stadt. Und der nächste Abschied kündigt sich an. Die Breuer Motoren GmbH wird über kurz oder lang aus Bochum verschwinden.
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Dabei gehört sie neben Eickhoff zu den ältesten Industrie-Unternehmen in der Stadt. 1877 wurde die Breuer Motoren GmbH gegründet. 147 Jahre später geht diese lange Firmengeschichte zu Ende. Allerdings nicht so ganz. Der Hersteller von Spezialmotoren, der 2022 in einem erfolgreichen Insolvenzverfahren in Eigenregie noch das Aus verhindern konnte, bleibt immerhin am Markt – wenn auch nicht mehr als eigenständiges Unternehmen. Die Hauhinco Holding GmbH, Muttergesellschaft der HBT-Gruppe aus Lünen, übernimmt rückwirkend zum 1. Januar 2024 das Bochumer Familienunternehmen.
Bochumer Motorenhersteller baut sich neue Märkte auf
„Wir sind sehr froh, in der HBT ein an vielen Standorten auf der Welt erfolgreich operierendes Unternehmen gefunden zu haben, das in die alten Bereiche von Breuer investiert, aber auch das Ziel verfolgt, unseren angestoßenen Weg in neue Märkte wie E-Mobilität und Öl-, Gas- und Geothermiebohrung auszubauen“, sagt Breuer-Geschäftsführer Dirk Linnepe.
Die 75 Beschäftigten von Breuer haben damit einen neuen Arbeitgeber, der Geschäftsführer bleibt nach eigenen Worten an Bord. Die traditionsreiche Unternehmens- und Produktmarke „Breuer Motoren“ werde „wegen des hohen Bekanntheitsgrades und der umfassenden Marktgeltung im Bergbausektor in ihrer jetzigen Form beibehalten und fortgeführt“, heißt es beim neuen Eigentümer.
Lünen wird langfristig der neue Standort von Breuer Motoren
Auch der Standort Bochum-Riemke wird weiter bestehen. Zumindest vorerst. Langfristig sei der Umzug nach Lünen geplant. Bochum würde dann die nächste der ohnehin nur noch wenigen Industriefirmen verlieren. Ende 2023 hat der Eisenbahnzulieferer Wabtec seine Produktion in der Stadt eingestellt. Breuer Motoren hat seinen Sitz nahe dem früheren Nokia-Werk, das mittlerweile der Essener Entwickler Thelen als Gewerbepark betreibt.
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Die Bochumer haben nach dem erfolgreichen Neustart wirtschaftlich zuletzt wieder zugelegt. Die Misere hatte spätestens 2021 mit einem Jahresverlust von gut 1,8 Millionen Euro begonnen. Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg haben ihnen stark zugesetzt. Nun gehe es ihnen „wirtschaftlich wieder besser“, so der Geschäftsführer. Die Auftragslage sei so gut wie seit fünf Jahren nicht mehr. Die Nachfrage für Bergbau-Maschinen sei vor allem in Australien, Indien und China groß, bei Öl und Gas kommen die Aufträge vor allem aus dem Mittleren Osten, aus Mexiko und Norwegen. Daher werde auch neues Personal gesucht; etwa im Projektmanagement sowie in IT und Zerspanung.
Bisherige Inhaberfamilie entscheidet sich für den Verkauf der Firma
Die Übernahme sehen die Bochumer mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Ein Familienunternehmen zu verkaufen, fällt nicht leicht. Aber die gesamte Familie hat sich dafür entschieden, weil es für das Unternehmen und die Mitarbeiter der beste Weg in die Zukunft ist“, so Dirk Linnepe. In der HBT-Gruppe seien die Marktchancen auf den hart umkämpften Weltmärkten größer als für einen „kleinen Einzelkämpfer“.
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„Für die HBT-Gruppe bedeutet diese Übernahme eine weitere strategische Ergänzung des aktuellen Produktportfolios im Bereich der Antriebstechnik für den Bergbau-Sektor“, heißt es beim neuen Eigentümer in Lünen. Er sei nun in der Lage, Kunden komplette Antriebslösungen für Strebsysteme – inklusive Elektromotoren und Frequenzumrichtern – aus einer Hand anzubieten.
Breuer-Eigner HBT hat seine Wurzeln im Bergbau
Die Wurzeln der HBT liegen nach eigenen Angaben in der Strebbauindustrie und reichen bis zu den Anfängen des mechanisierten Strebbaus im 19. Jahrhundert zurück. „In den letzten 200 Jahren haben wir Innovation und Leistung vorangetrieben und uns von einer Reihe von Branchenführern prägen lassen“, heißt es – vor allem von Hauhinco, DBT und Caterpillar. Hauhinco wurde 1908 in Sprockhövel gegründet, die Deutsche Bergbautechnik (DBT) war von 1997 bis 2005 Teil des RAG-Konzerns und ging als Teil weiterer Firmen im US-Konzern Caterpillar auf, der wiederum seine Bergbautechnik an HBT verkauft hat.