Bochum. Was braucht Bochums ÖPNV? Das möchte das Land wissen. Bochum erstellt eine Liste, die Seilbahn steht nicht mehr drauf, dafür gibt‘s neue Pläne.

In Herne verspüren sie Rückenwind für eine ambitionierte Idee. NRW-Verkehrminister Oliver Krischer (Die Grünen) hat bei seinem dortigen Besuch vor einigen Wochen erklärt, er halte es für möglich, dass eine Seilbahn in Herne in einem Bedarfsplan verankert werden könne. Auch in Duisburg und Hattingen ist ein Seilbahnprojekt Thema. Bochum dagegen will endgültig Abschied davon nehmen.

Bochum nennt 15 Projekte für den ÖPNV-Bedarfsplan

Das Land NRW will seinen veralterten ÖPNV-Bedarfsplan aus dem Jahr 2006 überarbeiten und fragt in den Städten ab, was sie zu den sie betreffenden Maßnahmen sagen, die auf einer Vorschlagliste des Landes stehen bzw. welche weiteren Projekte die Kommunen gerne umgesetzt sehen würden. Bei 15 möglichen Projekten geht Bochums Daumen nach oben, bei einigen anderen nach unten.

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Dazu gehört die Idee, ein Seilbahnnetz zu spinnen, das von Mark 51/7, dem ehemaligen Opel-Werk in Bochum-Laer, zum Ruhrpark, zur Ruhr-Uni und möglicherweise sogar bis nach Witten reichen könnte. Die Begründung der Verwaltung, über deren Vorschläge der Stadtrat am 27. Juni entscheiden wird: Schon im Beteiligungsprozess 2015 habe Bochum das Seilbahnprojekt nicht gemeldet. Der Rat hatte der Seilbahn-Vision zuvor eine Absage erteilt.

Rat der Stadt Bochum hat bereits 2015 dem Seilbahnprojekt eine Absage erteilt

Damals hatten die Initiatoren, die Fraktion Stadtgestalter/FDP, zur Demonstration im Vorraum des Ratssaals ein Modell aufgestellt und versucht, die anderen Ratsmitglieder von ihrem Vorschlag zu begeistern. Vergeblich. SPD-Ratsfrau Martina Schnell sprach zwar von einer „charmanten Idee“. Und die CDU machte sich angesichts der Transportnöte auf diesem Abschnitt gar mit für den Bau einer Kurzstrecke zwischen Hauptbahnhof und Uni stark. Doch der Versuch, das Projekt in den Bedarfsplan des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) hieven zu können, scheiterte. „Sie haben eine tolle Lösung. Aber wir haben das Problem nicht“, sagte Ratsmitglied Sebastian Pewny (Die Grünen).

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Ein Verkehrsgutachten habe insbesondere eine Verbindung von Mark 51/7 zum Uni-Campus und von dort zum Kemnader See negativ beurteilt, so Bochums Stadtverwaltung heute. Eine schnelle Verbindung von Mark 51/7 zum Hauptbahnhof sei durch die Straßenbahnlinie 302 gewährleistet. Und für eine bessere Verbindung zum Ruhrpark sei die Verlängerung der Linie 306 vom Hauptbahnhof über die Castroper Straße bis zum Einkaufszentrum geeignet.

Einstige Wunschlinie ins frühere Opel-Werk ist mittlerweile umgesetzt

Mehrfach haben die Stadtgestalter versucht, Begeisterung für ihre Idee von einer Seilbahn in Bochum zu entfachen. So auch hier im Wahlkampf 2015, als Volker Steude CDU-Bürgermeisterkandidat Klaus Franz die Idee vorgestellt hat.
Mehrfach haben die Stadtgestalter versucht, Begeisterung für ihre Idee von einer Seilbahn in Bochum zu entfachen. So auch hier im Wahlkampf 2015, als Volker Steude CDU-Bürgermeisterkandidat Klaus Franz die Idee vorgestellt hat. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Diese Verlängerung ist eine von 15 Maßnahmen des ÖPNV-Bedarfsplans, die Bochum unterstützt bzw. selbst anmeldet. Darunter sind bereits im Vorgängerplan hinterlegte Wünsche wie eine Straßenbahndirektverbindung zwischen Wattenscheid, August-Bebel-Platz, und dem S-Bahnhof Höntrop über Wattenscheid Bahnhof und die Verlängerung der U35 von der Haltestelle Hustadt bis Langendreer West (S) über die Unterstraße in Langendreer. Es gehören auch neue Projekte dazu, so etwa die „Verlängerung der unterirdischen Führung von Straßenbahnen entlang der Radialstraßen“.

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Vorerst ist deren Umsetzung zwar noch reines Wunschdenken. Allerdings ist schon die Aufnahme in den ÖPNV-Bedarfsplan eine wichtige Hürde, die genommen werden muss. Und immerhin gibt es ein positives Beispiel für eine halbwegs zeitnahe Umsetzung aus der jüngeren Vergangenheit. Im alten ÖPNV-Bedarfsplan stand die Verlängerung der Linie 302 auf das Gelände des früheren Opel-Werks von der Wittener Straße. Und tatsächlich gibt es diesen Abzweig mittlerweile. Im vergangenen Jahr wurde er eingeweiht.

Fertig ist seit dem vergangenen Jahr die Verlängerung der Straßenbahnlinie 302 auf das Gelände des ehemaligen Opel-Werks in Laer.
Fertig ist seit dem vergangenen Jahr die Verlängerung der Straßenbahnlinie 302 auf das Gelände des ehemaligen Opel-Werks in Laer. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Eine Seilbahn über Bochum bleibt derweil vermutlich eine Utopie. Aus Sicht des „Erfinders“ dieser Idee wäre das indes fatal. „Offensichtlich nahm das Land weitsichtig ein Seilbahnnetz Bochum in seine Liste der initialen Vorschläge für den Bedarfsplan auf“, so Ratsmitglied Volker Steude in seinem Änderungsantrag zum ÖPNV-Bedarfsplan. „Seilbahnen bieten kostengünstige, komfortable, schnelle und wartezeitlose Direktverbindungen, die sich bereits in vielen anderen Kommunen im Vorhabens- sowie Planungsstand befinden.“ Die Einwände der Verwaltung würden sich ausdrücklich nicht auf den Nutzwert eines zusammenhängenden Netzes, sondern lediglich auf einen kleinen Ausschnitt beziehen.

Wünschenswerte Projekte

Mit dem ÖPNV-Bedarfsplan will sich NRW einen Überblick darüber verschaffen, welche großen Maßnahmen in den nächsten Jahren in den Kommunen und Kreisen des Landes anstehen. Die Städte signalisieren dem Land, „welche Projekte wünschenswert wären, um den ÖPNV nach vorne zu bringen“, sagt Bochums Stadtsprecher Thomas Sprenger.

Ausschließlich die Projekte, die in den Bedarfsplan aufgenommen werden, sind auch förderfähig, d.h. für diese Maßnahmen können Kommunen Fördermittel beim Land beantragen. Ob ein Projekt tatsächlich in Angriff genommen wird, darüber entscheidet die Politik.

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