Herne. Eine Seilbahn in Herne? Dafür fehlt immer noch vielen Menschen die Vorstellungskraft. Nun hat sich NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer geäußert.
Schnapsidee! Das klappt sowieso nie! So ungefähr lassen sich die ersten Reaktionen auf das Seilbahnprojekt zusammenfassen, mit dem die „Techno Ruhr International“, die auf der Zechenbrache Blumenthal entstehen soll, mit der Wanner Innenstadt verbunden werden soll. Doch inzwischen hat die Stadt Herne zahlreiche Hürden gemeistert, unter anderem die „Überflugrechte“ über die Gleise der Deutschen Bahn. Und am Montag machte sich auch NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer auf dem Gelände ein Bild von der Idee.
Der gab zu, dass es ihm wie vielen anderen Menschen gegangen sei, als er zum ersten Mal von der Idee gehört habe: „Eine Seilbahn in Herne? Was ist das denn?“ Dabei habe er einige Fragezeichen in seinem Gesicht gehabt. Die Fragezeichen sind inzwischen gewichen, spätestens nach dem Ortstermin.
Krischer: Mit Blumenthal kann eine industriell geprägte Fläche genutzt werden
Bei Bumenthal komme einiges zusammen: nicht nur ein Nahverkehrsprojekt, sondern auch die Entwicklung eines Standorts. Von diesem Standort sei er „richtig begeistert“, so Krischer, wenn man bedenke, wie nah er am Hauptbahnhof liege. „Es ist gut, dass wir solche innenstadtnahen Flächen haben, die entwickelt werden können.“ So müssten nicht wieder auf der grünen Wiese Flächen versiegelt werden, auf Blumenthal gebe es die Chance, eine industriell geprägte Fläche zu nutzen. Und für eine Nutzung benötige man eine intelligente Anbindung an den Bahnhof. Da sei eine Seilbahn plötzlich keine verrückte Idee mehr. Bei anderen Formen der Anbindung würden die notwendigen Investitionen in ganz anderen Dimensionen liegen. Hinzu komme, dass Seilbahnen seit einiger Zeit bei Bund und Land als förderungswürdig eingestuft würden. Die Summe von rund 30 Millionen für eine Seilbahn sei im Vergleich zu anderen Städte (dort würden unter anderem U-Bahnen geplant) vergleichsweise bescheiden. Krischer hält es für möglich, dass eine Seilbahn in Herne in einem Bedarfsplan verankert werden könne. Dann könne etwas Gutes entstehen, allerdings sei es bis zum Ergebnis noch ein längerer Lauf, auch wenn schon wichtige Schritte gegangen worden seien.
Ziel: Blumenthal so autoarm wie möglich erschließen
Die Länge hatte zuvor Herner Oberbürgermeister Frank Dudda relativ genau beschrieben: Das Ziel liegt im Jahr 2029. Bis dann müsse Blumenthal in eine Entwicklungsphase kommen, damit eine Seilbahn Menschen dorthin transportieren kann. „Es nützt ja nichts, wenn es eine Seilbahn gibt, wenn auf dem Gelände gar nichts passiert“, so Dudda. Deshalb müssten die Entwicklung des Areals und die Seilbahn parallel vorangetrieben werden. Dafür müssten aber schon jetzt parallel die erforderlichen Förderanträge vorbereitet werden. Eine komplizierte Angelegenheit, da es für solche Verfahren bislang keine Vorbilder gebe. Deshalb freute sich Dudda umso mehr, dass der NRW-Verkehrsminister der Seilbahn-Idee positiv gegenüber steht, und auch das Bundesverkehrsministerium sehr ähnliche Signale sende.
+++ Nachrichten aus Herne. Lesen Sie auch +++
- Gymnasium Eickel will seinen Namen ändern - die Gründe
- Junge Muslime im Ramadan: Wie es ist, wochenlang zu fasten
- Brummi-Fahrer aus Herne erfasst Obdachlose - schwer verletzt
Dudda wurde in den vergangenen Monaten immer wieder nachgesagt, dass die Seilbahn sein Lieblingsprojekt sei. Am Montag ordnete er es so ein: Die Seilbahn sei ein Instrument, um Blumenthal so autoarm wie möglich zu erschließen. Dudda: „Das Quartier lebt von der Idee, so autoarm und so umweltschonend wie möglich zu sein.“ Ein anderes Instrument war beim Ministerbesuch vor Ort. Antric, ein Lastenrad das in Herne produziert wird, das ohne Führerschein gefahren werden kann. Auch damit könnte eine „Techno Ruhr International“ beliefert werden.
Keine Anzeichen für einen Abriss des Kraftwerks Shamrock
Während des Ortstermins warf - nicht nur wegen des Sonnenscheins - das stillgelegte Kraftwerk Shamrock seinen Schatten. In den ersten Skizzen des Projekts, die noch vom Architekten Wolfgang Krenz stammten, war das Kraftwerk einem anderen Gebäude gewichen, doch bislang gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass Uniper Geld für einen Abriss in die Hand nimmt. Auf Anfrage der Herner WAZ-Redaktion hat das Unternehmen kürzlich mitgeteilt, dass zurzeit keine Pläne für einen Abriss gebe. „In den bereits stillgelegten Gebäuden und Anlagen befinden sich noch aktive Infrastrukturen, unter anderem Rohrleitungen, elektrische Leitungen und zugehörige Komponenten“, heißt es weiter. Ob Teilflächen für die „Techno Ruhr International“ verfügbar gemacht werden könnten, hänge von der Realisierung der nötigen Entflechtung der Komponenten ab.
Die Bundesregierung hatte Uniper 2022 vor dem Kollaps gerettet und ist nach wie vor (Mit)-Eigentümer. Theoretisch könnte der Bund also den Wunsch nach einem Abriss äußern, so bestätigt es auch Uniper. Doch dafür gibt es keine Signale. Auch für Oliver Krischer liegt diese Frage nahe, doch Uniper zeige sich in Bezug auf einen Abriss wenig „engagiert“. Deshalb werde er mit NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, aber auch mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (beides Grüne wie Krischer) über dieses Thema sprechen, um vielleicht etwas zu bewegen. Allerdings liege die Verantwortung für die Beteiligung des Bundes an Uniper in der Verantwortung des Bundesfinanzministeriums. An anderen Kraftwerksstandorten würde man jedenfalls mit einer Nachfolgenutzung vorankommen, auch wenn das Jahre dauere.