Mülheim. Den Mann, der seine Bulldoggen getreten und im Keller gehalten haben soll, erwartet zwar ein Verfahren, seine Hunde aber darf er weiter halten.
Die Videoaufnahmen, die die Tierrechtsorganisation Peta veröffentlicht hat, sind drastisch: Ein Mann traktiert seine Hunde mit Tritten, drangsaliert sie mit Leinen und schreit sie an – die Tiere zeigen sich völlig verängstigt. Dennoch sieht der Kreis Wesel, wohin der ehemalige Mülheimer inzwischen gezogen ist, keine Handhabe, um dem Mann dauerhaft die Haltung von Hunden zu verbieten. Nachdem seine Bulldoggen zwischenzeitlich in Tierheimen untergebracht waren, leben die Hunde jetzt wieder bei dem Mann.
Man muss kein Hundefreund sein, um die Szenen, die die Videoaufnahmen zeigen, abscheulich zu finden: Drei verstört wirkende Hunde werden von einem Mann durch einen Hausflur dirigiert. Sobald eines der Tiere nicht spurt, verleiht der Mann seinen Anweisungen mit Tritten Nachdruck, zerrt an den Leinen und schreit die Hunde an. Bei Taten wie diesen, bei denen Hunde geschlagen und ihnen wiederholt Schmerzen und Leiden zugefügt werden, handele es sich mindestens um einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, hatte die Tierrechtsorganisation Peta eingeordnet und entsprechend Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Duisburg erstattet. Diese ist zuständig, weil der Mann zum Tatzeitpunkt noch in Mülheim gewohnt haben soll.
Hunde werden dem Halter weggenommen und in zwei Tierheimen untergebracht
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Die Aufnahmen, die von einer versteckten Kamera stammen, waren der Tierrechtsorganisation Peta von einem Whistleblower zugespielt worden. Der Hinweisgeber, der unerkannt bleiben will, mit dem die Tierrechtler aber nach eigenen Angaben in Kontakt stehen, hatte die Videos über mehrere Monate angefertigt. Laut Meldung des Whistleblowers hält der Täter die Bulldoggen zu 90 Prozent in Verschlägen oder im Keller, heißt es bei Peta. Alle Videoaufnahmen stammen aus Mülheim, wo der Halter vor seinem Umzug an den Niederrhein gewohnt hat, heißt es bei der zuständigen Behörde.
Auch das Veterinäramt des Kreises Wesel – der Hundehalter ist zwischenzeitlich nach Neukirchen-Vluyn verzogen – ist inzwischen mit dem Fall befasst. Die dortige Polizei hatte einen Hinweis über zwei im Keller gehaltene Hunde in der neuen Heimatstadt des Mannes – Neukirchen-Vluyn – erhalten, bestätigt eine Pressesprecherin des Kreises Wesel. Nach Bekanntwerden des Falles der mutmaßlichen Hundemisshandlung waren die Bulldoggen sichergestellt worden und landeten zunächst im Tierheim in Kamp-Lintfort, einen Tag später seien zwei Hunde dann ins Tierheim Moers gebracht worden, meldet der Kreis Wesel. Auf einem der Videos waren noch drei Hunde zu sehen gewesen. Die Sprecherin des Kreises Wesel dazu: „Der Halter teilte dem Veterinäramt Anfang Dezember mit, dass er mittlerweile nur noch einen Hund hält, der andere sei eines natürlichen Todes gestorben. Diese Aussage wurde durch einen Zeugen glaubwürdig gegenüber dem Veterinäramt bestätigt.“
Inzwischen hat der beschuldigte Ex-Mülheimer seine Hunde zurück
Der Hundehalter wird sich für die Missstände in der Haltung seiner Bulldoggen verantworten müssen. Ihn erwartet aufgrund der Hundehaltung im Keller nach Aussage der Pressesprecherin des Kreis Wesel ein Ordnungswidrigkeitenverfahren, heißt es beim Veterinäramt des Kreises Wesel. Über die Höhe eines eventuellen Bußgeldes könne derzeit noch keine genaue Angabe gemacht werden, da das Ordnungswidrigkeitenverfahren und die dazu gehörige Prüfung durch das Veterinäramt noch laufe, heißt es.
Inzwischen hat der Mann seine Hunde zurückbekommen. Um ein Hundehaltungsverbot durchzusetzen, reichten die Videoaufnahmen aus Mülheim in Verbindung mit der aktuell festgestellten Haltung tierschutzrechtlich nicht aus, berichtet die Kreis-Pressesprecherin auf Anfrage dieser Redaktion.
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Vorangegangen waren dieser Einschätzung eine Besichtigung des Hauses, in dem der Mann mit seinen Vierbeinern lebte, durch das Veterinäramt des Kreises Wesel. „Die Mitarbeitenden des Veterinäramts konnten sich davon überzeugen, dass die Hunde in der Wohnung artgerecht gehalten werden können“, so die Kreis-Pressesprecherin, die einordnet: „Nach dem Tierschutzgesetz bestand damit keine Möglichkeit, die Tiere weiter festzuhalten und der Halter erhielt die Hunde zurück.“ Rund zwei Woche nach der Hausbesichtigung habe zudem eine unangekündigte Nachkontrolle durch zwei Tierärzte des Veterinäramts stattgefunden. Zu dem Zeitpunkt sei der Halter nicht zuhause gewesen, die kontrollierenden Veterinärmediziner hätten aber in einem einsehbaren Wintergarten Hundekorb und Decke gesichtet.
Veterinäramt: Hundehaltung wird weiterhin überprüft
„Die Hundehaltung wird weiterhin überprüft. Bei erneuten Verstößen gegen das Tierschutzgesetz durch den Halter wird die Möglichkeit eines Hundehaltungsverbots zwingend erneut durch das Veterinäramt geprüft“, kündigt die Pressesprecherin an. Was schwierig werden dürfte, denn nach Aussage des Kreises Wesel hat der Mann seine Wohnung mittlerweile verlassen. „Der Aufenthaltsort des Halters und seines verbliebenen Hundes sind dem Veterinäramt nicht bekannt. Grund für das Verlassen der Wohnung ist laut einem Zeugen der massive öffentliche Druck einer Tierschutzorganisation. In diesem Zusammenhang seien auch Name und Adresse des Halters durch Dritte im Internet veröffentlich worden, der Halter erhielt zahlreiche Drohungen“, schildert die Pressesprecherin. Gleichwohl wolle das Veterinäramt die Situation weiter beobachten.
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Die Tierrechtsorganisation Peta, die angesichts des drastischen Falles ein umgehendes Tierhalte- und Betreuungsverbot für den aggressiven Hundehalter gefordert hatte, zeigt sich mit dem derzeitigen Stand nicht zufrieden. „Absolut unverständlich, dass der Mann die Hunde zurückbekommen hat. Man fragt sich, was noch passieren muss“, sagt Peta-Referentin Jana Hoger. Die Organisation fordert Menschen, die in diesem Fall selbst aktiv werden wollen, auf, sich per Mail direkt an die Behörde in Wesel zu wenden und die Beschlagnahmung der Hunde zu fordern. Die Tierrechtler betonten indes, weder den Namen noch die Adresse des Mannes veröffentlicht zu haben. „Wir wollen, dass die Behörden ermitteln und stellen Strafanzeige“, verdeutlicht Hoger das Vorgehen. Der öffentliche Druck, der sich aufbauen kann, wenn Fälle bekannt werden, könne sich aber über soziale Netzwerke schnell verbreiten.
Tierquäler ziehen oft von Landkreis zu Landkreis, um den Behörden zu entgehen
Die Methode, dass Menschen, die mit den Behörden wegen der Art und Weise ihrer Tierhaltung in Konflikt geraten sind, mehrfach umziehen, sei bekannt, so die Peta-Referentin und schildert: „Viele ziehen dann von einem Landkreis in den nächsten.“ Denn bis die ursprünglichen Fälle aus dem einen Ort bei der neuen Behörde ankommen, könne es Jahre dauern. „Und die Leidtragenden sind die Tiere“, sagt Jana Hoger.
Peta mahnt, dass – ähnlich wie bei menschlichen Opfern häuslicher Gewalt – auch misshandelte Hunde zur Gefahr für andere werden können: „Erleben die Vierbeiner im Alltag einen solchen Umgang, sind körperliche Schmerzen unausweichlich. In jedem Fall nimmt auch die Seele des Tieres bleibenden Schaden.“