Mülheim. Ein Mann tötet einen Hund mit dem Messer. Das Amtsgericht Mülheim spricht ihn frei. Warum die Hundebesitzerin jetzt „das Schlimmste“ befürchtet.

Der Uhlenhorstweg in Speldorf liegt schön grün direkt am Wald - ein Paradies für Menschen mit Hunden, könnte man meinen. Doch in der privilegierten Gegend herrscht auch Feindschaft und Angst, zumindest in der Wahrnehmung von Juliane Peters, die dort wohnt.

Hund mit dem Messer getötet - Mülheimerin will Freispruch nicht hinnehmen

Denn in der Straße lebt auch ein Mann, der täglich mit seinem Hovawart, einem ausgebildeten Schutzhund, unterwegs ist. Am 9. Januar 2020 hat er einen der Hunde von Juliane Peters mit einem Jagdmesser getötet, den anderen mit mehreren Stichen schwer verletzt. Vor Gericht wurde der Mittfünfziger jetzt frei gesprochen. Juliane Peters will das nicht hinnehmen.

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Sie hält das Urteil für verfehlt und glaubt: „Das ist ein gefährlicher Mann. Er greift vor allem Frauen und ältere Leute mit großen Hunden an und behauptet, sie seien nicht in der Lage, ihre Hunde zu führen.“ Wie kommt sie darauf?

Der Messerangriff im vorletzten Winter war der dramatische Höhepunkt eines jahrelangen bösen Streits, einer Reihe von Provokationen zwischen Menschen und Tieren. Unter anderem wurde der Mann im Frühjahr 2018 leicht gebissen, als er bei einer Hunderauferei dazwischen ging. Laut Juliane Peters sei nicht klar gewesen, welcher Hund die Verletzung verursacht hat, ihrer oder seiner.

Speldorferin musste ihre Hunde zeitweise unter behördlichen Auflagen führen

Peters kassierte eine Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung, die aber ohne Konsequenzen blieb. Allerdings musste sie ihre beiden Hunde - den Leonberger-Rüden „Quintus“ und den Hovawart „Jackson“ - längere Zeit unter Auflagen führen, wie Leinen- und Maulkorbpflicht für „Quintus“ und Nachweis von Trainings. Das Ordnungsamt bestätigte dann, dass ihre Hunde nicht aggressiv sind. Laut Juliane Peters existiert ein entsprechendes Gutachten.

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Kaum waren die Auflagen weggefallen, begegneten sich die verfeindeten Parteien mit ihren Hunden auf einem Parkplatz im Uhlenhorst. Was dann passierte, schildert Peters so: Als ihre Hunde auf den Hovawart des Kontrahenten zusteuern, wirft dieser sich auf den Boden und sticht mit einem Messer zu. „Jackson“ stirbt, „Quintus“ wird an Brust und Kehle verletzt, Juliane Peters wird mit Pfefferspray attackiert.

Verstoß gegen das Tierschutzgesetz: Zwei Termine vor dem Mülheimer Amtsgericht

Sie und ihr Mann zeigten den Nachbarn an. Anderthalb Jahre später - am 31. August und 21. September 2021 - wurde die Sache vor dem Mülheimer Amtsgericht ausgetragen. Dort hatte sich der Speldorfer unter anderem wegen Sachbeschädigung und Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz zu verantworten. Er schilderte den Vorfall allerdings grundlegend anderes.

Die Hunde von Juliane Peters hätten ihn hinterrücks angegriffen. Er habe in Notwehr Pfefferspray und das Messer eingesetzt. Dem Einzelrichter erschien auch dieser Hergang als „möglich“. Wie Juliane Peters einräumt, gibt es für das Drama auf dem Waldparkplatz keine weiteren Zeugen. Der Mann wurde freigesprochen. Im Zweifel für den Angeklagten.

Freispruch letztlich auch von der Staatsanwaltschaft beantragt

Ein Sprecher des Mülheimer Amtsgerichtes bestätigt den Freispruch, den letztlich auch die Staatsanwaltschaft beantragt habe. „Das Urteil ist aber noch nichts rechtskräftig“, ergänzt der Sprecher. Vor Gericht ging es aber nicht nur um die Messerattacke.

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Denn gut eine Woche später, am 17. Januar 2020, geriet eine größere Gruppe im Wald mit dem selben Mann aneinander. Fünf Menschen - drei Frauen, zwei Männer - mit insgesamt elf Hunden waren unterwegs, berichtet Silvana Giessen. Sie war selber dabei - mit ihrem kleinen, sehr betagten Hund - und schildert aggressive Ausfälle des betreffenden Herrn.

Auch andere Frauen zeigten den Mann an: Nach gebrechlichen Hunden getreten

Er habe mehrere Leute, auch Männer, derbe beschimpft und nach den teilweise schon gebrechlichen Hunden getreten. „Wir hatten ganz schön zu kämpfen“, sagt Silvana Giessen. Sie und zwei andere Frauen setzten sich auch mit Anzeigen wegen Beleidigung und versuchter Nötigung gegen den Mann zur Wehr. Anklage wurde erhoben und dieses Verfahren vor dem Amtsgericht gemeinsam mit der Sache von Juliane Peters verhandelt. Silvana Giessen wurde als Zeugin gehört und erfuhr später, dass der Beschuldigte auch in dieser Angelegenheit frei gesprochen wurde.

Weitere Attacken im Wald

Juliane Peters hat insgesamt sieben weitere Vorfälle seit Herbst 2019 dokumentiert, in denen ihr Nachbar andere Hundebesitzer aggressiv angegangen sein soll.

Teilweise haben sich die Betroffenen über Facebook gemeldet.

Schlimmster Fall war danach eine Messerattacke gegen einen Rhodesian Ridgeback im Dezember 2019. Der Hund sei schwer verletzt worden und habe nur knapp überlebt.

Peters ist überzeugt, dass es stets derselbe Täter war, und kritisiert, dass diese Hundebesitzerinnen vor Gericht nicht als Zeugin gehört worden seien.

Die Gründe kennt sie nicht. Laut Juliane Peters erfolgte der Freispruch hier aufgrund eines Formfehlers bei der Polizei: Bei Aufnahme der Anzeige sei der Vorfall schlicht falsch datiert worden. Wenn dem so war, hätten die drei Frauen Chancen bei einem zweiten Anlauf.

Juliane Peters will in Berufung gehen

Für Juliane Peters ist schon klar, dass sie in Berufung gehen und die Sache vor das Landgericht bringen will - auch wenn sie im Fall eines erneuten Freispruchs die Kosten tragen muss. Sie hofft, dass der „Mangel an Beweisen“ nicht das letzte Wort bleibt. Hofft, dass sich die nächste Instanz noch einmal der Beweisaufnahme widmet. Fotos sichtet. Neue Zeugen einlädt.

„Würden wir nicht in Berufung gehen, hätte er auf ganzer Linie gesiegt.“ In jüngster Zeit, vor der Gerichtsverhandlung, habe sich der Nachbar sehr zurückgehalten. „Aber jetzt befürchte ich das Schlimmste.“