Schermbeck/Hünxe. Damit von giftigen Ölpellets im Mühlenberg keine Gefahr ausgeht, sind verschiedene Maßnahmen nötig. Die Kosten soll die Hünxer Firma tragen.

Wer ist für die Folgen des Umweltskandal in Schermbeck verantwortlich? Juristisch wird zurzeit dem Hauptbeschuldigten am Landgericht Bochum der Prozess gemacht, doch wer kommt für die Sicherungmaßnahmen in und an der ehemaligen Tonverfüllung Mühlenberg auf? Auf die zweite Frage gibt es jetzt eine Antwort: Die Hünxer Betreiber-Firma Nottenkämper trägt die dauerhafte Verantwortung für die Sicherheit der Verfüllung und muss zudem finanzielle Sicherheiten bereitstellen, um mögliche Kosten für die öffentliche Hand in Zukunft zu vermeiden.

Darüber informierte die Kreisverwaltung Wesel jetzt gemeinsam mit dem NRW-Umweltministerium die Vertreter der Gemeinden Hünxe und Schermbeck, des Gahlener Bürgerforums sowie der Kreistagsfraktionen in einem Fazit der Machbarkeitsstudie für den Mühlenberg. Der vom Kreis beauftragte Gutachter Dr. Michael Kerth hatte vor rund einem Jahr in gleicher Runde die Ergebnisse der Gefährdungsabschätzungen vorgestellt. Damals hieß es, dass im jetzigen Zustand von der Abgrabungsverfüllung keine schädlichen Umweltauswirkungen ausgehen.

Ein deutliche Erweiterung der Sickerwasserhaltung steht an

Damit das auch in Zukunft so bleibt, sind verschiedene technische und organisatorische Maßnahmen notwendig, die Kerth nun vorstellte: Dabei zeige sich, dass im Wesentlichen eine bauliche Ertüchtigung und deutliche Erweiterung der Sickerwasserhaltung durch Bohrbrunnen im Verfüllkörper anstehen. Das gesammelte Wasser wird auch jetzt schon in einer bereits am Standort der benachbarten Deponie Eichenallee vorhandenen Sickerwasser-Behandlungsanlage aufbereitet. Ziel sei es, die in der Gefährdungsabschätzung definierte Höhe des Sickerwasserspiegels im Verfüllungskörper zu erreichen und dauerhaft zu halten.

Die damit verbundenen Verpflichtungen von Nottenkämper erstrecken sich über einen aktuell nicht absehbaren Zeitraum von mehreren Jahrzehnten, bis die Sickerwassermengen wegen der Einkapselung der Verfüllung gegen null gehen dürften. Das werde einige Millionen Euro kosten, so der Kreis Wesel.

Zum Thema der Nachsorgeverantwortung der Hünxer Firma hatte der Kreis ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, dessen wesentliche Inhalte Helmut Czichy, Vorstandsmitglied für den Bereich Umwelt, vorstellte. Zusätzlich stehe der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen dem Kreis und der Firma kurz bevor. Mit diesem Vertrag soll sich das Unternehmen verpflichten, die in der Machbarkeitsstudie festgelegten Maßnahmen auszuführen sowie entsprechende Sicherheitsleistungen zu hinterlegen. Zwischen 2010 und 2013 wurden etwa 25.000 Tonnen hochgiftige Ölpellets illegal in der Verfüllung der Tonabgrabung Mühlenberg eingelagert.

Helmut Czichy, Vorstandsmitglied für den Bereich Umwelt des Kreises Wesel, informierte über die neuesten Entwicklungen beim Umweltskandal.
Helmut Czichy, Vorstandsmitglied für den Bereich Umwelt des Kreises Wesel, informierte über die neuesten Entwicklungen beim Umweltskandal. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Der Schermbecker Bürgermeister Mike Rexforth ordnet die Aufarbeitung des Skandals aktuell so ein: „Wir werden regelmäßig durch den Kreis Wesel, Bezirksregierung Düsseldorf und das Umweltministerium über die Gesamtsituation und den aktuellen Stand der Untersuchungen und der sich daraus ableitenden Folgen informiert. Wir müssen nicht darüber reden, dass der Vorfall eine Katastrophe ist – ein Skandal, aus dem man lernen muss, und der auch die nachfolgenden Generationen belasten wird. Die Menschen, die dafür verantwortlich sind, müssen (wenn man es nachweisen kann) mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden. Dass das hier so lange passieren konnte, ohne entdeckt zu werden, ist schon wirklich schlimm.“

Dann blickt er auf die Ewigkeitslasten: „Ich mache mir Angst davor, nicht für die nächsten 10, 20 oder 30 Jahre, aber was in mehreren Jahrzehnten ist, wie weit die nun zu treffenden Maßnahmen erfolgreich wirken. Aber ich habe Hoffnung, dass durch die Aufdeckung und die Beharrlichkeit von vielen Akteuren, die Bezirksregierung, der Kreis Wesel und die Landesregierung so hart an dem Thema dran sind, dass man im Rahmen der Schadensbegrenzung und Wirkungsanalyse nicht locker lässt und informiert wie jetzt auch.“ Die vom Ministerium geleitete Koordinierungsgruppe kommt zu dem Ergebnis, dass mit der Vorlage der Machbarkeitsstudie die vom damaligen Umweltministerium geforderten Nachuntersuchungen erfolgreich abgeschlossen wurden.

Dank und Lob kommt vom Gahlener Bürgerforum

Für das Gahlener Bürgerforum erklärt Stefan Steinkühler. „Wir bedanken uns bei den handelnden Akteuren, insbesondere bei Herrn Dr. Kerth und den Vertretern des Ministeriums, für die insgesamt sehr transparente Aufarbeitung. Wir sind uns aber sicher, dass wir letztlich diese Detailtiefe in der Begutachtung auch nur deswegen erreichen konnten, weil wir in der Vergangenheit sehr kritische Fragen und Zweifel gegenüber dem Kreis Wesel aufgeworfen haben, die auch erst jetzt durch das finale Gutachten adäquat beantwortet werden konnten.“

Hünxer Fima Nottenkämper erklärt: „Wir sind Geschädigte!“

Die Betreiber-Firma äußert sich so: „In den Jahren 2010 bis 2013 ist Nottenkämper Geschädigte der kriminellen Energie einer Gruppe von Müllmaklern geworden. Ohne unser Wissen hat diese Gruppe eine größere Menge Ölpellets illegal in die ehemalige Abgrabung Mühlenberg verfüllen und einplanieren lassen. Es gilt weiterhin der Befund der Gefährdungsabschätzung aus dem Februar 2023, dass keine vom Mühlenberg ausgehenden Umweltschäden vorliegen.“

Auf dieser Gefährdungsabschätzung aufbauend sei die jetzt vorgestellte Machbarkeitsstudie gefertigt worden, die bestimmte bautechnische Maßnahmen emphiehlt, die Nottenkämper umsetzte. „Die Sickerwasserfassung und -behandlung erfolgt innerhalb eines Verfahrens nach dem aktuellen Stand der Technik unter Einsatz unserer eigenen Sickerwasserreinigungsanlage“, so die Firma weiter. Auf dem Weg der Aufarbeitung der Geschehnisse um den Mühlenberg sei die Machbarkeitsstudie ein wichtiger Schritt.