Schermbeck/Hünxe. Das Gahlener Bürgerforum fordert, die Kosten für die Gefahrenabwehr den Verantwortlichen in Rechnung zu stellen - nicht dem Bürger.
Das Gahlener Bürgerforum greift die NRZ-Berichterstattung über die Kosten, die sich aus dem Schermbecker Umweltskandal ergeben, ausführlich auf und nennt nun weitere Firmen und Personen, die zur Kasse gebeten werden sollten.
Es sei vorschnell gefolgert, dass die Allgemeinheit über die Kreisumlage für die Kosten der anstehenden Untersuchungen und Sanierungen auf dem Mühlenberg (geschätzte Gesamtkosten: bis zu 52,5 Millionen Euro) aufzukommen habe.
Vereinbarte Sicherheitsleistungen
"Für solche Fälle sehen viele Genehmigungen beziehungsweise Verträge eine Sicherheitsleistung vor, damit zum Beispiel im Falle einer Insolvenz des Betreibers auch noch genug Geld für etwaige Verpflichtungen zur Verfügung steht", erklären Hamlet Schöpgens, Matthias Rittmann sowie Dr. Stefan Steinkühler für das Bürgerforum.
Zahlt Nottenkämper nur 160.000 Euro?
Der zwischen Kreis Wesel und der Firma Nottenkämper im Jahr 2016 geschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag sehe allerdings nur eine Sicherheitsleistung von rund 160.000 Euro vor. "Wieder stellt sich die Frage: Wer und wie konnte man nur so eine Vereinbarung aus Sicht des Kreises treffen?", so das Bürgerforum.
Nichts desto trotz: Innerhalb des Ordnungsrechts gelte der Grundsatz, dass der Störer für die Beseitigung eines illegalen Zustandes aufkommen muss, sei es, dass jemand gehandelt hat (Verhaltensstörer) oder für den Zustand von Sachen verantwortlich ist (Zustandsstörer).
Konkrete Personen benannt
Dass hierbei natürlich die Firma Nottenkämper als Betreiberin der Tongrube primär in Anspruch genommen werden müsse, verstehe sich von selbst. Bis 2016 firmierte Nottenkämper als OHG, sodass auch die beiden damals persönlich haftenden Gesellschafter (Hermann und Bernhard Nottenkämper) als Mithaftende für die Vergangenheit neben der Gesellschaft in Frage kämen. Auch der Grundstückseigentümer, der Freiherr von Nagell, wird als weiterer Störer genannt. Das seien aber noch nicht alle möglichen Verantwortlichkeiten.
Firmen in der Verantwortung
Neben den Drahtziehern als natürliche Personen kommen auch die folgenden Firmen in Betracht, listet das Bürgerforum auf:
- Remondis-Tochter Remex als Nachfolgegesellschaft der insolventen RZB GmbH
- RC Ruhrcarbon GmbH als „Veredeler“ der Ölpellets
- Ruhr Oel GmbH/BP für die Erzeugung der Ölpellets
- Kronos Titan GmbH für die Erzeugung des Kronocarb
- PK Rohstoffe GmbH, vormals Possehl Kehrmann, als „Veredeler“ des Kronocarb
- Aurubis AG für den mit Kupfer, Blei und Zink belasteten Eisensilikatsand (waren die Genehmigungen durch den Kreis überhaupt rechtmäßig, fragt das Bürgerform) oder sonstige Erzeuger von Abfällen, die im Mühlenberg gelandet sind.
Zwar können die zur Verwertung und Beseitigung verpflichteten Abfallerzeuger Dritte mit der Erfüllung ihrer Pflichten beauftragen. Ihre Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Pflichten blieben hiervon unberührt und so lange bestehen, bis die Entsorgung endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossen sei.
Abschließend ergänzt das Bürgerforum: "Gleichzeitig ist auch die Frage zu stellen, ob es nicht auch beim Kreis Wesel Verantwortliche gibt oder gab, die mindestens grob fahrlässig ihrer Überwachungspflicht nicht nachgekommen sind. Anhaltspunkte für aktives Tun und Unterlassen gibt es mittlerweile genug."
Müssen auch Beamte der Kreises zahlen?
Laut Bürgerforum stehe im Beamten-Gesetz: „Beamtinnen und Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzen, haben dem Dienstherrn, dessen Aufgaben sie wahrgenommen haben, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“
Daraus folgern die engagierten Bürger Gahlens: "Alle Verantwortlichen würden als Gesamtschuldner haften. Der Kreis hat hier sogar ein Auswahlermessen, wen er zuerst in Anspruch nimmt. Eventuell gibt es auch Versicherungen, die entsprechende Verfehlungen abdecken. Wer welchen Verschuldensanteil dann hat, sollen die Beteiligten untereinander klären und entsprechend ausgleichen. So sieht es auch der Gesetzgeber grundsätzlich vor."
Deswegen glauben die organisierten Gahlener Bürger, dass für die möglichen Sanierungskosten in Höhe von bis zu 52,5 Millionen Euro genug Personen – juristische und natürliche – zusammenkommen, die für den Schaden haften, bevor er auf die Allgemeinheit zurückfalle.
Wen nimmt der Kreis in Anspruch?
Der Kreis mag zwar ein Auswahlermessen haben, wen er zuerst in Anspruch nimmt. Fest stehe aber auch, dass der Kreis die Pflicht hat, entsprechende Ansprüche zu prüfen und geltend zu machen. Ansonsten begingen die Handelnden oder eben Nichthandelnden selbst eine Pflichtverletzung.
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