Wesel. Bei Wesel werden für das Wochenende Rhein-Pegelstände um die 9,40 Meter erwartet. Was das für die Deiche und das Kanalnetz bedeutet.

In rasantem Tempo ist der Pegel des Rheins bei Weselin den vergangenen Tagen angestiegen – laut Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes allein von Donnerstag- auf Freitagmorgen um rund 1,20 Meter. Am Freitagmittag lag der Wasserstand bereits bei 8,69 Meter und kratzte somit an der ersten Hochwassermarke (8,70 Meter).

In Wesel gebe es bereits Sperren von fünf Straßen und Wegen aufgrund des Rhein-Hochwassers, hieß es vom ASG Wesel am Freitagmittag: Neben den „üblichen Kandidaten“ – Eyländer Weg, Hülskens-Radweg, Landzunge am Yachthafen und der Rheinpromenade – sei auch die Zufahrt zur Grav-Insel in Flüren bereits gesperrt. Die Absperrvorrichtungen waren seit dem Hochwasser Ende des vergangenen Jahres vor Ort geblieben und konnten so schnell wieder genutzt werden.

Unter anderem musste wegen des Hochwassers die Zufahrt zur Grav-Insel gesperrt werden.
Unter anderem musste wegen des Hochwassers die Zufahrt zur Grav-Insel gesperrt werden. © Wesel | Markus Weißenfels

Für die Nacht von Samstag auf Sonntag wird laut Prognosen die Spitze dieser Hochwasserwelle erwartet: Bis auf knapp über 9,40 Meter könnte der Pegel dann steigen, bevor er wieder zu sinken beginnt. Das liegt zwar immer noch deutlich unter der zweiten Hochwassermarke (10,60 Meter), dennoch fragten bereits am Donnerstag erste besorgte Stimmen in den Sozialen Netzwerken, wie es um die Rheindeiche steht. Schließlich machten bereits um Weihnachten Bilder vom aufgeweichten Ruhrdeich in Oberhausen die Runde und auch in anderen hochwasserbetroffenen Gebieten sah man Einsatzkräfte, die mit Sandsäcken Deiche stabilisierten.

Hochwasser: Drei-Zonen-Deiche sichern Wesel zuverlässig vor Überschwemmung

In Wesel wird das so schnell nicht nötig werden, kann Martin Gimken beruhigen. Er ist Deichgräf in Flüren und Heimrat im Deichverband Bislich-Landesgrenze. Unsere Rheindeiche, sagt er, „kann man gar nicht mit den Deichen irgendwelcher Nebenflüsse vergleichen.“ Derzeit (Stand Freitagmittag) fließe das Wasser mit 6500 Kubikmeter pro Sekunde durch den Rhein, die neueren Deiche in seinem Zuständigkeitsbereich seien aber für mehr als das Doppelte konstruiert: 14.700 Kubikmeter pro Sekunde. Sechs Wochen lang könnte hier das Wasser bis zu einem Meter unter der Deichkrone stehen, ohne dass etwas passiert, dafür seien die Deiche ausgelegt. Hintergrund ist ihr spezieller Aufbau in drei Zonen, der möglichst wenig Wasser eindringen lässt und dieses schnell auf der Landseite abfließen lässt, sodass der Deich nicht aufgeweicht wird.

Nur in den Deichabschnitten Vahnum bis zur Stadt- bzw. Kreisgrenze nach Rees sowie im Bereich der Kreisstraße bis zum Wald steht die Sanierung noch aus, doch auch hier drohe keine akute Gefahr durch das aktuelle Hochwasser, erklärt Gimken. In Vahnum etwa erreicht das Wasser den Deich überhaupt erst bei einem Pegelstand von neun Metern, im Bereich der Kreisstraße dauere es sogar noch länger. Dieser Abschnitt sei nicht einmal beim großen Hochwasser von 1995 (Pegelstand: 11,16 Meter) in Gefahr gewesen.

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Linksrheinisch sind die meisten Deiche frisch saniert

Auch im linksrheinischen Stadtgebiet, also in Büderich und Ginderich, gibt es die Drei-Zonen-Deiche bereits, der dort zuständige Deichverband Duisburg-Xanten hatte sie in den vergangenen Jahren umfangreich saniert. Besonderes Augenmerk liegt für Deichgräf Viktor Paeßens in dem an Büderich angrenzenden Bereich Wallach (Rheinberg), wo im vergangenen Jahr die Vorbereitungen für genau diese Sanierung begonnen haben, ebenso in Rheinberg-Orsoy, wo die Sanierung noch aussteht, beide Bereiche werde man „ganz besonders aufmerksam“ beobachten, so Paeßens.

Am Samstag wird der Rheinpegel an der für den Deichverband relevanten Messtelle in Duisburg-Ruhrort vorraussichtlich die 9,50 Meter-Marke knacken, dann gilt für den Verband die Wachstufe 1. Die Deiche werden dann täglich auf Beschädigungen kontrolliert. Akuten Grund zur Sorge gibt es aber in Büderich und Ginderich nicht, wenngleich Paeßens einschränkt: „Es gibt keinen hundertprozentigen Schutz, es gibt nur den bestmöglichen Schutz – und auf dem Niveau bewegen wir uns.“

Trotz Rhein-Hochwasser in Wesel: Keine Kanalproblematik wie in Voerde

Neben den Deichverbänden ist auch die Stadt Wesel mit diversen Fachbereichen in Sachen Hochwasser alarmiert. So kontrolliere etwa die Feuerwehr täglich den Stand von Lippe und Issel, ein anderer Fachbereich hält den Deich im Bereich der Schillwiese im Blick, erläutert Barbara Cornelißen von der Stadtverwaltung.

Für die Kanäle wiederum sind die Stadtwerke zuständig, doch auch hier gibt es aktuell keinen Anlass zur Sorge: „Derzeit ist die Situation für uns beherrschbar“, erläutert Stadtwerke-Chef Rainer Hegmann. Dass es in Wesel, wie in Voerde, zu Problemen mit voll laufenden Kanälen kommen könnte, ist derzeit nicht zu erwarten. Im Kanalnetz gibt es mehrere Schieber, die bei zu viel Wasser geschlossen werden können. Es wird dann von hier aus zur Kläranlage gepumpt, sodass kein Wasser aus Rhein- oder Lippe das Netz überfluten kann. Auf der linken Rheinseite sorgt ein Pumpwerk dafür, dass die Kanäle einsatzbereit bleiben. Bei Erreichen der zweiten Hochwassermarke (10,60 Meter) würden weitere technische Vorkehrungen greifen.