Kamp-Lintfort. Gründlich vorbereitet legt die IG Kiesausstieg Saalhoff jetzt los. Ab Montag ist der Besuch der Homepage für Gegner des Kiesabbaus interessant.

Seit der Gründung im vergangenen Sommer war es still geworden um die IG Kiesausstieg Saalhoff. Auf Nachfragen der Redaktion hieß es, man wolle gut vorbereitet an die breite Öffentlichkeit gehen und blinden Aktionismus vermeiden. Infos gab es auf Facebook auf dem nicht öffentlichen Account. Die Interessengemeinschaft will vor allem verhindern, dass nördlich und südlich des Flugplatzes auf insgesamt 139 Hektar Kies ausgebaggert wird, während der Landeplatz als Insel übrig bliebe. So sieht es der Entwurf des Regionalplans vor, der ab Montag offengelegt wird. Ab dann bis Ende April können Bürgerinnen und Bürger ihre Stellungnahme zu den Plänen beim Regionalverband Ruhr (RVR) abgeben.

Gestern trat IG-Gründer und -Sprecher Peter Schiffler erstmals wieder offiziell vor die Presse, bemerkenswerterweise in einer gemeinsamen Konferenz mit Bürgermeister Christoph Landscheidt und Planungsamtsleiterin Monika Fraling. Auch Kamp-Lintfort wehrt sich bekannterweise gegen die Ausweisung von insgesamt 230 Hektar neuen Abgrabungsflächen auf dem Stadtgebiet. Schiffler konnte verkünden, was die IG im Hintergrund sorgfältig vorbereitet hat.

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Voraussichtlich ab Montag wird unter www.ig-kiesausstieg-saalhoff.de Mustereinspruchsschreiben sowie eine Sammlung von Textbausteinen zur Verfügung stehen, mit denen möglichst viele ihre Bedenken gegen die RVR-Pläne äußern können (erreichbar auch über www.kamp-lintfort.de). Ebenso gibt es Infos zur Sachlage sowie eine Checkliste, mit der Gegner des Kiesabbaus schauen können, ob und in welchem Maße sie von den Abgrabungsgebieten betroffen sein könnten. Denn, so Schiffler, es gehe ja nicht ausschließlich um persönliche oder wirtschaftliche Betroffenheit, sondern auch um Lebensraum, Lasterverkehr, eingeschränkte Freizeitmöglichkeiten oder Natur- und Tierschutz. In Sachen Hilfe bei Einwendungen sei man auch mit benachbarten Initiativen in Neukirchen-Vluyn und Rheinberg im Austausch, verlinke sich wechselseitig und aktualisiere die Einspruchsgründe fortwährend, versicherte Schiffler.

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Dabei hob Bürgermeister Landscheidt hervor, wie wichtig es sei, möglichst viele einzelne Beweggründe zu schildern, mit denen sich der RVR dann auseinandersetzen müsse: „Ein Standardschreiben bekommt eine Standardantwort.“ Gleichzeitig bleibt auch die Verwaltung mit dem Thema Kiesabbau befasst. Unabhängig vom Prüfauftrag an den Kreis über ein Vorkaufsrecht der Kommunen bei betroffenen Grundstücken, der „uns dieses unsägliche Rechtsgutachten der Firma Hülskens beschert hat, das uns kriminalisiert“, so Landscheidt, habe Kamp-Lintfort intern geprüft, ob ein „freihändiger Eigentumserwerb“ in Betracht komme. Man habe mittlerweile sämtliche Eigentümer der ausgewiesenen Flächen – neben Saalhoff sind das Grundstücke in Rossenray und im Niephauser Feld – angeschrieben und ein Gespräch angeboten.

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An die 50 Grundstückseigentümer

Just am Freitag erreichte Landscheidt eine erste E-Mail, die ihn im Vorhaben bestätigte, hieß es doch darin, dass „wir keineswegs verkaufen wollen.“ Das Grundstück habe man erst kürzlich erworben und plane mit landwirtschaftlicher Nutzung. „Auch wir sind gegen Auskiesung und werden ALLES dafür tun, um unsere

Sollte schon längst ein Naherholungsgebiet sein, ist aber immer noch umzäunt: Rossenray.
Sollte schon längst ein Naherholungsgebiet sein, ist aber immer noch umzäunt: Rossenray. © Stadt KL

niederrheinische Kulturlandschaft zu erhalten“, zitierte der Bürgermeister weiter. Etwa 45 bis 50 Grundstückeigentümer seien von den Auskiesungsplänen betroffen, erläuterte Monika Fraling, in Saalhoff allein bis zu 30.

Landscheidt erklärte weiter, dass das Vorkaufsrecht aus seiner Sicht auch nicht das ideale Instrument sei, schließlich handle es sich dabei um eine „Zwangsmaßnahme“. Im Falle des freihändigen Erwerbs sei das nicht so. Die Finanzierung sei auch bei einem knappen Haushalt wie dem der Stadt Kamp-Lintfort im Interesse des Gemeinwohls möglich. Zumal die Investition nicht verloren sei, man könne die Flächen vielfältig nutzen, etwa als Ausgleichsflächen, „die wir sonst teuer erwerben müssen“. Auch die IG Kiesausstieg suche derzeit das Gespräch mit den Eigentümern.

Verwaltung arbeitet an einer ausführlichen Stellungnahme

Auch die Verwaltung arbeite an einer Stellungnahme, so die Planungsamtsleiterin Fraling. Argumentiert werde unter anderem damit, dass nach dem ersten Entwurf des Regionalplans 71 Hektar mehr ausgewiesen werden sollen. Die Notwendigkeit bezweifele die Stadt sehr. Auch sei nicht klar, ob es nach Abschluss der Auskiesung genügend Material gebe, um die Flächen zu verfüllen. „In der Frage der Rekultivierung haben wir keine guten Erfahrungen gemacht“, sagte Fraling mit Blick auf Rossenray, wo schon seit langem ein Freizeitareal entstanden sein sollte. Statt dessen: Kiesbagger und Zäune.

Peter Schiffler kündigte für die Interessengemeinschaft auch den Start weiterer Aktionen an, etwa mit Info-Ständen in der Stadt oder der Auslage von Flyern. In Anlehnung an die Initiativen in Rheinberg und Neukirchen-Vluyn wollen auch die Kamp-Lintforter auf eine Erkennungsfarbe setzen. Aktuell ist rot-gelb favorisiert.

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Am Rande des Pressegesprächs berichtete Bürgermeister Christoph Landscheidt von einer Telefonkonferenz mit dem Staatssekretär des NRW-Wirtschaftsministeriums in der Causa Kies. Denn weder der RVR noch die Kiesindustrie seien letztlich verantwortlich für die Ausweisung der Flächen, sondern das Land, das die Vorgaben macht. Ergebnis des Gesprächs aus seiner Sicht: „Keines“. Anscheinend wolle das Ministerium nichts verändern. Als „fatal“ bezeichnete Landscheidt die Äußerungen, nach denen „irgendwann über die Nachnutzung nachgedacht“ werden solle und irgendwann über Recycling von Baustoffen.

Seit Freitag gibt es auch einen Termin für die Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster. Am 21. März soll darüber entschieden werden, ob die Klage der Kommunen Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn, Rheinberg und Alpen sowie des Kreises Wesel über die Rechtmäßigkeit der Kiesbedarfsermittlung zulässig und begründet ist. Im aus Klägersicht besten Falle werde das Land dann aufgefordert, nachzuarbeiten, so Landscheidt am Freitag.