Elten. Stadt Emmerich und der Verein ‘t Eltense Bürgerbad haben eine Lösung gefunden, um Energie zu sparen. Bürgermeister erinnert: Politik entscheidet.
- Bürgerbad Elten droht das Aus – für immer
- Stadt Emmerich sucht nach Einsparmöglichkeiten
- Die aktuelle Nutzung der Kleinschwimmhalle ist mit der verbauten Technik nicht kompatibel
- SPD lädt zur Bürgerversammlung am Dienstag, 13. September, ein
- Das sagen Vereinsvertreter, Sportfunktionäre und die Politik
Im Zuge der notwendigen Energieeinsparmaßnahmen in den kommenden Monaten haben sich die Stadt Emmerich und der Verein ‘t Eltense Bürgerbad über den Betrieb der Kleinschwimmhalle im Emmericher Ortsteil Elten in den nächsten Monaten geeinigt. Um den Strom- und Gasverbrauch spürbar zu reduzieren, wird das Bad vom 23. Dezember 2022 bis zum 24. Februar 2023 für insgesamt fast neun Wochen geschlossen.
Im Gegenzug wurde die Temperaturabsenkung im Bad mit sofortiger Wirkung wieder zurückgenommen, so dass die Gesundheits- und Rehakurse, die unter anderem der Kneippverein Elten in dem Becken der Schwimmhalle durchführt, wie gewohnt weiterhin stattfinden können. In der Zeit der Schließung werden dann keine Kurse stattfinden können. Auch das Schulschwimmen wird nicht möglich sein. Die betroffenen Schulleitungen wurden darüber bereits informiert.
Kurse wären bei 27 Grad Wassertemperatur nicht möglich gewesen
Die Stadtverwaltung hatte im Bad bereits eine Temperaturabsenkung von normalerweise 29 Grad Celsius auf 27 Grad Celsius vorgenommen. Eine weitere Absenkung war geplant. Außerdem war der Warmbadetag (31 Grad Celsius) gestrichen worden. Das hätte den jährlichen Energieverbrauch des Bades um 15 bis 20 Prozent reduziert. Der Betreiberverein der Kleinschwimmhalle hatte sich allerdings gegen diese Maßnahmen gewandt, weil dadurch das Kursangebot nicht wie geplant durchführbar gewesen wäre.
Im Zuge der letzten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses hatte die CDU-Fraktion darum als Alternative eine längere Schließung des Bades im „Kernwinter“ vorgeschlagen, um einen vergleichbaren Einspareffekt zu erzielen und gleichzeitig das Kursangebot der nächsten Wochen und Monate aufrecht erhalten zu können.
+++ Bürgermeister erinnert: Die Politik entscheidet +++
Bürgermeister Peter Hinze wundert sich über die Aufregung in den sozialen Medien, aber gerade bei einigen Politikern besonders zu den Sparideen bezüglich des Bürgerbades. Ziel der Arbeitsgruppe Haushalt sei es gewesen, fünf Millionen Euro im Haushalt einzusparen: „Es war vereinbart worden, dass es keine Tabus gibt. Jetzt so zu tun, als ob die Kernverwaltung die Bösen sind, das finde ich nicht in Ordnung“, erinnert Hinze daran, dass die Politik selbst an der Erarbeitung der Einsparmöglichkeiten beteiligt war, dies in die Fraktionen hat zurück spiegeln können und am Ende ohnehin selbst entscheiden muss, wo gesparrt wird. Alles andere sei reichlich Polemik.
+++ Das hatte die NRZ zuvor berichtet +++
Es ist ein Horrorszenario. Dem Bürgerbad Elten könnte das Aus drohen. Die Schließung der Kleinschwimmhalle wurde in jedem Fall gleich aus zwei Gründen von der Verwaltung genannt. Zum einen muss sich die Stadt aufgrund der geopolitischen Lage Gedanken machen, wie sie Energie einsparen kann. Zum anderen gibt es das langfristige Projekt der Haushaltskonsolidierung.
Nutzung des Eltener Bürgerbads ist keine zehn Jahre mehr möglich
Sowohl Kämmerin Ulrike Büker als auch Stephan Glapski, Fachbereichsleiter Immobilien bei der Stadt Emmerich, haben die Kleinschwimmhalle in Elten ins Visier genommen. „Das Schwimmbad in Elten, so wie es jetzt betrieben wird, kann keine zehn Jahre mehr so betrieben werden“, lautet Glapskis knallharte Ansage, die er auch der Politik im Haupt- und Finanzausschuss mitgeteilt hat.
Lehrschwimmbecken ist nicht für benötigte Temperatur ausgelegt
Denn die aktuelle Nutzung passe nicht zu der vorhandenen Technik. Die Problematik liegt darin, dass in der Kleinschwimmhalle ein Lehrschwimmbecken aus Ende der 1960er-Jahren verbaut ist. Das damals für eine Wassertemperatur von 25 Grad Celsius ausgelegt worden sei. Heute werden Lehrschwimmbecken mit einer zwei Grad höheren Betriebstemperatur gebaut. Fürs Schulschwimmen sei das auch akzeptabel. Aber für die Nutzung durch die Vereine sei ein Therapie- beziehungsweise Rheumabecken erforderlich.
Denn aktuell ist die Wassertemperatur bereits abgesenkt worden. Doch Theo Berntsen, Vorsitzender des Vereins ‘t Eltense Bürgerbad, macht deutlich, dass die Absenkung der Wassertemperatur zum Beispiel nicht mehr den Anforderungen der Deutschen Rheumaliga entspreche, die 30,5 Grad Celsius Wassertemperatur vorschreibt. Das bedeutet, Reha-Sport kann bei den im Moment eingestellten 27 Grad nicht mehr betrieben werden.
Stadtverwaltung Emmerich ist in der Zwickmühle
Das weiß auch die Stadtverwaltung. Die dadurch im Moment in einer Zwickmühle sitzt. Denn das Absenken der Wassertemperatur macht aus rein monetärer Sicht keinerlei Sinn. Der Bürgerbadverein überweist als Vertragspartner jährlich 16.000 Euro an die Stadt. Sollte die Wassertemperatur aber zu niedrig sein, würde sich die Nutzung für den Verein erübrigen und er aus dem Vertrag aussteigen. Sprich: Der Stadt würden die 16.000 Euro Einnahmen fehlen, wobei die Wassertemperaturabsenkung lediglich einen positiven finanziellen Aspekt von 5000 bis 8000 Euro habe, wenn das Schulschwimmen bleiben würde.
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Anders sehe es bei einer sofortigen kompletten Schließung aus. Denn dann würden Energiekosten von bisher 40.000 Euro eingespart, die zudem steigen würden, so Glapski. Diese Zahl will Theo Berntsen nicht unkommentiert hinnehmen. Denn bei einer Schließung müsste das Schulschwimmen komplett nach Emmerich verlagert werden. „Was kostet das denn pro Kind im Embricana?“, fragt er.
Kompromissvorschlag von Dr. Matthias Reintjes (CDU)
Dr. Matthias Reintjes, Fraktionsvorsitzender der CDU, schlägt deshalb vor, dass auf die ursprüngliche Wassertemperatur wieder hochgefahren wird, damit weiter Schulschwimmen und die verschiedenen Vereine das Bad nutzen können. Stattdessen könnte im „Kernwinter“ das Bad besser für vier bis sechs Wochen komplett dicht gemacht werden.
Wie auch immer, das grundsätzliche Problem bleibt. Deswegen überprüft der Fachbereich, was eine Sanierung der Haustechnik kosten würde. „Man muss sich mittelfristig darüber Gedanken machen, soll es in Elten ein Schwimmbad geben. Und wenn es ein Schwimmbad geben soll, dann mit welcher Nutzung“, stellt Glapski als Frage in den Raum, die die Politik beantworten muss. Falls die aktuelle Nutzung weiter gewünscht sei, müsse wohl ein Therapiebecken neu installiert werden, das dann auch mit einer entsprechend hohen Wassertemperatur betrieben werden kann.
Kämmerin: „Emmerich hat zu viel Wasserfläche“
Das wiederum würde zunächst eine hohe Investitionssumme nach sich ziehen. Zwar deutet Ulrike Bücker bei ihren Konsolidierungsvorschlägen an, dass es durchaus gängige Praxis sei, in Modernisierungen zu investieren, um dann dadurch später einen Spareffekt zu erzielen. Allerdings stellt die Kämmerin auch nüchtern fest: „Rein vom Papier hat Emmerich zu viel Wasserfläche.“
>> Harte Kritik vom Stadtsportbund Emmerich
Regelrecht erschüttert zeigt sich Rüdiger Helmich, dass überhaupt eine Schließung der Kleinschwimmhalle in Elten in Betracht gezogen wird. „In ganz Deutschland macht man sich große Sorgen, um den Kindern das Schwimmen beizubringen“, so der Vorsitzende des Stadtsportbundes (SSB). „In Emmerich sind diese Verhältnisse verhältnismäßig gut. Würde das Bad in Elten geschlossen, wird Emmerich stark zurückfallen.“
Schwimmunterricht sei vergleichbar mit normalen Schulunterricht. Und niemand käme auf die Idee, eine Schule zu schließen, weil die Heizung zu teuer sei, so Helmich, der ebenso wie SSB-Vorstandsmitglied Karin Thelemann bei der Einwohnerfragestunde im Ausschuss kritisiert hat, dass der Stadtsportbund nicht im Vorfeld in die Gedankenspiele der Verwaltung involviert gewesen sei.
>>> Das sagt Christopher Papendorf von der BGE
Christopher Papendorf, Vorsitzender Bürgergemeinschaft Emmerch (BGE), fordert angesichts der Energiekrise „konkrete Hilfen für das Bürgerbad in Elten und für alle Emmericher Vereine, die sich dem Stadtsportbund angeschlossen haben“.
Die BGE warnt davor, jetzt und im Rahmen der Haushaltskonsolidierung das Bürgerbad in Elten und andere Sportstätten zu schließen. Die Emmericher Sportvereine bekommen mit ihren Sportanlagen und -einrichtungen aktuell die immens steigenden Energiekosten besonders zu spüren. Die Politik ist jetzt gefordert, wie in der Corona-Pandemie Solidarität zu zeigen und den Emmericher Vereinen im Stadtsportbund unter die Arme zu greifen. Die BGE fordert Bürgermeister Peter Hinze öffentlich auf, zeitnah notwendige Gespräche mit dem Stadtsportbund zu führen und den kurzfristigen Unterstützungsbedarf zu identifizieren.
Das Bürgerbad in Elten und die örtlichen Sportvereine gehören den Bürgern. Sie sind Teil der kommunalen Daseinsvorsorge. „Wenn nicht hier, wo sonst sind öffentliche Gelder in Emmerich am Rhein sinnvoll investiert“, so BGE-Vorsitzender Christopher Papendorf.“
>>> SPD Elten organisiert Bürgerversammlung
Der SPD-Ortsverein Elten teilt mit, dass „die Einwohnerinnen und Einwohner Eltens diese Neuigkeit mit großer Bestürzung aufgenommen und viele Fragen“ haben. Aus diesem Grunde organisiert der SPD-Ortsverein Elten am Dienstag, 13. September, um 18.30 Uhr bei Wanders eine Bürgerversammlung, zu der alle Interessierten eingeladen sind. Es sind ebenso auch Vertreter verschiedener Vereine und Nutzer des Bürgerbades vom SPD-OV Elten eingeladen worden, die auch schon zugesagt haben.