Kreis Kleve. Anmeldungen an Grundschulen im Kreis Kleve laufen. Bei Lehrermangel sollen Seiteneinsteiger helfen. So ist die Situation an unseren Schulen.
Auf den Fluren der Grundschulen im Kreis Kleve brummt’s. Seit Dienstag laufen die Anmeldungen für die künftigen Erstklässler. Schon jetzt zeichnen sind Überhänge an manchen Grundschulen ab – es werden Kinder abgewiesen werden müssen. Die Zahl der Schüler steigt durch Zuwanderung und höhere Geburtenraten. Die der Lehrer aber nicht.
„Im Kreis Kleve ist der Lehrerinnen- und Fachkräftemangel groß und begleitet uns nun schon seit Jahren. Insbesondere die Grundschulen und Förderschulen sind unterversorgt“, bestätigt Anja Oster, Kreisvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „In ländlichen Randgebieten fehlt Personal und es gibt zahlreiche leergelaufene Stellen“, erklärt Anja Oster (Karl-Leisner-Grundschule Kleve).
Kranke Kollegen und solche im Erziehungsurlaub werden trotzdem mitgerechnet
Warum die Versorgung laut Bezirksregierung mit 90 bis 115 Prozent so gut klingt, liegt daran, dass Lehrerinnen in Mutterschutz, Elternzeit, Altersteilzeit oder längerfristig erkrankte Kollegen statistisch mitgerechnet werden, auch wenn sie keinen Unterricht geben. Die üblichen fünf Prozent Krankheitsquote stiegen seit Corona auf zehn Prozent, überschlägt Jens Willmeroth, Kreisvorsitzender der Gewerkschaft Verband Bildung und Erziehung (VBE). „Der Personalbestand ist permanent auf Kante genäht. Das Land steuert die Zahl der Studienplätze,“ die Erhöhung um 300 Plätze seit 2019 reiche nicht. Nicht vorhersehbar sei obendrein der Zuwachs durch zugewanderte Kinder gewesen.
Der Mangel an Grundschullehrern ist innerhalb des Kreises Kleve unterschiedlich
Der Mangel an Grundschullehrern ist regional unterschiedlich, auch innerhalb des Kreises Kleve, sieht Willmeroth, der an der großen Grundschule An den Linden in Kleve Schulleiter ist. Für Lehramtsanwärter liegt die Latte durch Numerus clausus hoch. Parallel aber sollen durch Seiteneinsteiger aus anderen Berufen die Lücken im Kollegium gefüllt werden. „Die Qualifizierung von Seiteneinsteigern ist mühsam“, bewertet Willmeroth. „Und sie müssen darüber hinaus auch noch mit Kindern klarkommen. Mich wundert darum das schlechte Abschneiden in der aktuellen Studie nicht“ (IQB-Bildungstrend vom Montag). Schließlich studieren Lehrer in der regulären Ausbildung fünf Jahre plus eineinhalb Jahre Vorbereitungsdienst. Inzwischen holt man pensionierte Lehrkräfte wieder zurück. „Auch das ist nicht die Lösung“, sagt Willmeroth. Und: „Seit Jahren haben wir keine Bewerbung mehr von Sonderpädagogen.“
Ein Vorteil, dass das Zentrum für Lehrerausbildung neue Kollegen am Ort hält
„Alle Förderschulen sind unterbesetzt“, bestätigt Judith Greven, Leiterin des Grunewald Förderzentrums in Emmerich. Sie erlebte in ihrer Ausbildung noch die verpflichtende Zuweisung von Lehrkräften nach Noten – nur die Besten konnten Wünsche äußern. Gute Erfahrungen mache sie heute mit Lehrkräften, die nach dem Master ein Sonderpädagogik-Studium draufsatteln. „Dass es das Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung in Kleve gibt, ist ein großer Vorteil für uns, dass wir überhaupt Lehramtsanwärter an die Schulen bekommen“, sieht sie. „Mehrfach konnten wir neue Kolleginnen nach der Ausbildung gleich hierbehalten.“ Bei großen Personallücken wird Lehrpersonal von anderen Schulen abgeordnet – die fehlen dann dort.
Den Lehrerberuf attraktiv machen, damit es überhaupt mehr Bewerber gibt
Am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) in Kleve, zuständig für den Niederrhein, sieht Leiter Holger Appelt einen leichten Anstieg bei Grundschullehrer-Anwärtern. „Bewerber haben viele Chancen, genau dahin zu gehen, wohin sie wollen.“
Zur aktuellen Diskussion, ob das Land schulscharfe Zuweisung von neuen Lehrkräften an Schulen wie vor 20 Jahren ausüben sollte, verhält sich Appelt neutral: „Es ist die Frage, aus welcher Blickrichtung man es sieht.“ Einerseits sind es Landesbeamte, die sich überall einsetzen lassen müssen. Andererseits gelte es, den Lehrerberuf attraktiv zu machen, damit es überhaupt mehr Bewerber gibt. Am ZfsL Kleve lernen derzeit knapp 400 Anwärter*innen, inklusive Seiteneinsteiger, deren Anteil gestiegen ist.
Im Kreis Kleve 120 allgemein bildenden Schulen mit 40.000 Schülern
An den Schulen im Kreis Kleve sind aktuell 3032 Lehrkräfte inklusive sonstigem Schul-Personal beschäftigt. An den rund 120 allgemein bildenden Schulen werden jährlich rund 40.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet plus 7500 an den Berufskollegs.
So berechnet das Land die Lehrerversorgung
Lehrerversorgung laut Bezirksregierung.
Grundschule: Bedarf 749, besetzt 701 (93,61%).
Gesamtschule Bedarf 499, besetzt 456 (91,28%).
Gymnasium Bedarf 430, offiziell besetzt 454 (105,56%).
Realschule Bedarf 167, besetzt 167 (100%)
Hauptschule Bedarf 55 Stellen, besetzt 62 (113,49%).
Förderschule Bedarf 282, besetzt 252 (89,63%).
Berufskolleg Bedarf 271, besetzt 269 (99,28%).