Düsseldorf. Bei der Aktion „Kein Alt für Nazis“ verteilt ein Bündnis in Düsseldorf Bierdeckel in Kneipen. Die Motive sind von Jacques Tilly. Wo es sie gibt.
Solange ist es noch gar nicht her und doch schon historisch: 100.000 Menschen demonstrieren am Rheinufer gegen den Rechtsruck, gegen die AfD, gegen eine ausschließende Gesellschaft. Diesen „Aufstand der Anständigen“ zu feiern, ist das eine. Die Energie aufzunehmen und in andere Aktionen zu stecken, das andere. Und genau dieses andere unternimmt ein Bündnis aus Rock gegen Rechts und Düsseldorf stellt sich quer unter Teilnahme von Jacques Tilly.
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Am Anfang steht ein Blick über den Tellerrand. Schon seit 2008 gibt es die Kölner Aktion „Kein Kölsch für Nazis“. Nun kommt das Äquivalent aus der Landeshauptstadt dazu: „Kein Alt für Nazis“. Bei der Aktion geht es erwartungsgemäß aber weniger darum, jemandem das Frisch gezapfte zu verweigern – denn nur die wenigsten Zecher stellen sich ihren Wirten als Nazis vor – sondern vielmehr darum, Diskussionen anzustoßen, Bewusstsein zu schaffen.
Rock gegen Rechts Düsseldorf: „Rassismus ist salonfähig geworden“
Thomas Reucher von Rock gegen Rechts erläutert bei der Vorstellung der Aktion am Montag (6. Mai): „Der Rassismus ist salonfähig geworden. Die extreme Rechte erfährt zunehmend Resonanz. Da müssen wir jenseits von blanker Symbolik etwas entgegensetzen.“ Die AfD stelle sich als „Partei des kleinen Mannes“ dar, dabei sei sie nichts weniger als das. Sie wolle ausschließen, massenhaft Menschen abschieben: Deutsche mit Migrationshintergrund genauso wie Zuwanderer. Wie Deutschland dann wohl aussähe? „Kultur und Gastronomie ohne Migranten – das muss man sich mal vorstellen!“, so Reucher.
Genau deswegen ist die Gastronomie auch das Einfallstor, über das der zivilgesellschaftliche Diskurs adressiert werden soll: „Wir wollen den Stammtisch repolitisieren“, so Reucher. Ziel sei eine regelrechte „Stammtisch-Demokratie“: Eine lebendige Zivilgesellschaft, die diskutiert, Farbe bekennt und offen für alle ist, die sich konstruktiv beteiligen wollen.
Düsseldorfer Gastronomen nehmen die Aktion begeistert an
Das Echo auf die Aktion sei fantastisch. Ursprünglich habe man 10.000 Bierdeckeln mit Motiven des womöglich berühmtesten Wagenbau-Künstlers der Welt drucken lassen – und sich gnadenlos verschätzt: „Die waren direkt weg. Da haben wir nochmal 20.000 nachdrucken lassen.“ Insgesamt sechs Motive finden sich auf den Bierdeckeln, die die Aktion an Kneipen, Hotels, Restaurants und Caterer ausliefert. Interessierte können sie hier bestellen.
Kosten tut das die teilnehmenden Gastronomen übrigens nichts. Sämtliche anfallenden Ausgaben werden durch Spenden getragen. Allein für den Druck sind bereits über 2500 Euro investiert worden. Den Beteiligten merkt man aber an, dass sie die Aktion gerne weiterführen. Daher sind Spenden nicht unwillkommen – weitere Infos dazu gibt es hier.
Düsseldorfer Bierdeckel-Aktion: Wer macht bei „Kein Alt für Nazis“ mit?
Die Teilnehmer unter den Gastronomen sind bunt gemischt und vielseitig. Tendenziell erwartbare Teilnehmer wie Steinis T-Bar in Gerresheim oder das ZAKK in Lierenfeld sind genauso darunter wie das Holiday Inn Express am Flughafen oder die Destille in der Altstadt. Die Wirte von Steinis T-Bar nannten die Aktion auch wichtig für Gastronomen, weil sie so „Farbe bekennen können.“
Auch Jacques Tilly war nach eigenem Bekunden „auf Anhieb Feuer und Flamme“ für die Aktion. Angesichts der Zustände in der Welt müssten demokratische Gesellschaften „ihr Immunsystem stärken“. Für ihn als Künstler sei es natürlich erfreulich, wenn die von ihm erschaffenen „Motive so weiter wirken können“. Und tatsächlich dürften die Motive den meisten Altstadtbesuchern bekannt sein. Unter den sechs Motiven findet sich der Narr, der der AfD die Maske vom Gesicht reißt, das sich als Hitlers entpuppt. Ein anderes Motiv ist der Regenbogenfisch, der den Hakenkreuzfisch frisst. Karnevalisten erinnern sich.
Der Sprecher der Altstadtwirte, Walid El Sheikh, begrüßt die Aktion. „Ich fahre zwar eigentlich eher die Linie, so wenig Parteipolitik wie möglich zu betreiben, gleichwohl halte ich die AfD für eine ernsthafte Gefahr für die Demokratie. Daher freue ich mich über die Aktion.“ Für El Sheikhs Signature-Bar Sir Walter sei die Aktion allerdings nichts, denn hier wird nicht mit Bierdeckeln gearbeitet. „Wir verwenden Coaster und Servietten. Tatsächlich habe ich aber mit dem Gedanken geliebäugelt, Servietten bedrucken zu lassen.“ El Sheikh gibt zu Protokoll, er würde sich freuen, wenn zahlreiche Wirte in der Altstadt an der Aktion teilnehmen würden.
Bierdeckel gegen Nazis: Welche Düsseldorfer Brauereien machen mit?
Neben vielen Kneipen in der Landeshauptstadt ist auch eine Brauerei dabei: Altus Bräu, das erste Bio-Alt aus der Landeshauptstadt. Ob sich auch die großen Hausbrauereien anschließen? Thomas Reucher hat zumindest mal angefragt. Andere Wirte waren schneller, so etwa die Betreiber des Knoten an der Kurzen Straße. Für Robin Reinicke und Hubert Klein, die die Traditionskneipe führen, war es „Ehrensache“, bei der Aktion mitzumachen: Der Knoten stehe „seit jeher für rheinische Werte und Tugenden wie Weltoffenheit.“ Und deswegen ziert die Bierdeckel eben auch ein optimistisches „Mir stonn zusamme“.
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