Düsseldorf. Seit 1. Januar liegt die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants wieder bei 19 Prozent. Düsseldorfer Gastronomen kritisieren die Erhöhung.

Seit dem 1. Januar ist die Mehrwertsteuer für Speisen im Restaurant wieder auf 19 Prozent gestiegen. Vorausgegangen waren dreieinhalb Jahre, in denen die Steuer bei lediglich sieben Prozent lag. Diese Steuersenkung wurde als Folge der Belastungen in der Corona-Pandemie und später auch der gestiegenen Energiekosten eingeführt. Nun gilt wieder der alte Steuersatz. Düsseldorfer Wirte beunruhigt die Wiederanhebung.

Walid El Sheikh, Sprecher der Altstadtwirte, stellt fest: „Die Meinung der Altstadtwirte ist einhellig: Wir sind wegen der 19 Prozent nicht erfreut.“ In der Konsequenz werde es zu Erhöhungen der Preise kommen. Allerdings nicht unbedingt sofort und auch nicht einseitig auf Speisen. „Es wird zu Mischerhöhungen kommen, also nicht zwölf Prozent Aufschlag nur auf die Speisen. Vielmehr werden Getränke und Speisen zu unterschiedlichen Anteilen moderat angepasst.“

Profitieren McDonalds und Co.?

Außerdem werden viele Gastronomen versuchen, ihren Anteil am Außer-Haus-Geschäft zu steigern, denn hier gelten nach wie vor sieben Prozent Mehrwertsteuer. Allerdings ist das nicht unbedingt für jeden Gastronomen in der Düsseldorfer Altstadt möglich. Und es stellt sich auch die Frage, ob das eine wirklich zufriedenstellende Lösung ist. El Sheikh befürchtet, dass es gerade „kleine Betriebe treffen wird und damit solche, die auch mal etwas ausprobieren, alte Rezepte aus ihren Heimatländern mitbringen, besondere kulinarische Angebote eben“.

Profitieren werden die großen Systemgastronomen wie „McDonalds, KFC und Co.“, glaubt El Sheikh. Diese haben „wenn’s hochkommt, einen Anteil von 20-25 Prozent, auf den sie die 19 Prozent zahlen müssen.“ Und das könne ja eigentlich nicht sein. Schließlich werde mehr Verpackungsmüll produziert, der ökologische Fußabdruck schnellt in die Höhe, ganz davon abgesehen, dass das „Junk-Food“ auch gesundheitlich negative Auswirkungen hat, so der Altstadtsprecher weiter.

Altstadtwirtesprecher El Sheikh: Die kulinarische Kultur steht auf dem Spiel

Vor allem aber werde es nun eine „herausfordernde Zeit“ für die kulinarische Kultur in Düsseldorf geben, befürchtet der Gastronom. „Und wir wissen, wozu Monokulturen führen: eigentlich fruchtbare Böden verlieren an Nährstoffen und es kommt zu Bodenerosion.“ Und das, obwohl Bundeskanzler Olaf Scholz 2021 noch verkündet hatte, den verminderten Mehrwertsteuersatz für Gastronomen „nie wieder“ abzuschaffen. Von der Ampel hatte sich El Sheikh eigentlich mehr Diversität versprochen. „Nun wird es eine Bereinigung geben, eine Monokultur wird kommen. Und wir wissen, was Monokulturen mit fruchtbaren Böden machen.“ Gerade kleine Unternehmen würden es womöglich nicht schaffen.

Für große Ketten bestehe indes keine Gefahr, so El Sheikh weiter. Und das, obwohl die Fastfood-Ketten ihre Preise seit 2020 sowieso kräftig angehoben haben. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes haben die Preise in Fastfood-Restaurants um 25 Prozent zugelegt, das sind fast vier Prozent über dem Anstieg in der traditionellen Gastronomie. Nun steht zu befürchten, dass die Systemgastronomen die Preise stabil halten können, während alle andere erhöhen müssen.

Viele Gastronomen in Düsseldorf müssen jetzt zunächst einmal schauen, wie es weitergehen kann. Der Betreiber eines Restaurants ins Wersten, der nicht namentlich genannt werden möchte, betont, dass er sich zwar des Rückhalts seiner Stammkunden sicher ist, aber die Preise ständig zu erhöhen, sei ja auch keine Lösung. Ein wenig ratlos sei er, wie es nun weitergehen soll. Auch andere Gastronomen möchten sich eher bedeckt halten. Vielerorts herrscht Ratlosigkeit.

2024 gibt es viele Preistreiber – auch abseits der Mehrwertsteuer

Die Hausbrauerei zum Schlüssel teilt mit, dass „eine Erhöhung der Preise nur aufgrund der Mehrwertsteuer“ nicht stattgefunden habe. Dennoch seien Preise „individuell geprüft und angepasst worden. Die Preisanpassungen sind aufgrund von gestiegenen Kosten, vor allem bei den Lebensmitteln, erforderlich geworden“. Demnach seien Sauer- und Schmorbraten um je einen Euro teurer geworden. Das Mittagsangebot und ein Glas Schlüssel-Alt kosten hingegen genauso viel wie vor der Mehrwertsteuererhöhung.

Giuseppe Saitta, Betreiber eines Restaurants am Barbarossaplatz in Oberkassel, ist sauer: „Die Rücknahme ist absolut nicht in Ordnung. Die Gastronomie hat sich noch längst nicht von Corona und den diversen anderen Krisen erholt. Wir haben Preissteigerungen beim Personal, bei der Energie, bei den Waren und jetzt kommt noch die Mehrwertsteuer dazu.“

Unabhängig davon, ob die Mehrwertsteuer von 19 Prozent nun gerechtfertigt sei oder nicht, „ist es einfach der falsche Zeitpunkt“, schimpft der Gastronom, der zudem für die CDU im Düsseldorfer Stadtrat sitzt. Saitta wird seine Preise wohl anpassen müssen, „aber wir sind ja schon am Limit. Wir müssen jetzt echt schauen, wie wir das gedeckelt bekommen“. In seinem Fall kommt noch hinzu, dass 80 Prozent der Ware aus Italien importiert wird – „und die Transportkosten ziehen auch an. Teilweise bekommen wir da Tagespreise“, die Kosten wieder reinzuholen sei zunehmend schwierig.

Eine mögliche Konsequenz: Streik

Saitta, der auch beim Gaststätten- und Hotelverband Dehoga aktiv ist, stellt nun sogar einen Protest in Aussicht, sollte sich nichts ändern. Geplant ist, dass eine Delegation nach Berlin fährt, um dort für Öffentlichkeit zu sorgen, wie Thomas Kolaric, Geschäftsführer der Dehoga Nordrhein verriet. „Wenn am 15. Januar die Bauern nach Berlin fahren, werden auch wir dabei sein. Wir überlegen, dass unser Verbandspräsident dann auch eine Rede halten wird.“ Saitta hingegen würde auch eine Art Warnstreik der Gastronomen befürworten: „Es ist wichtig, auf die Bedeutung der Gastronomie aufmerksam zu machen.“

Bisher ist Zahl der in Düsseldorf angemeldeten gastronomischen Betriebe relativ stabil. Die schiere Anzahl an Restaurants konnte sogar an das Niveau vor Corona anknüpfen. Nach Zahlen der Landesbehörde IT.NRW gibt es in der Stadt 1607 Restaurants, Gaststätten und Imbissbuden. 2018 waren es noch 1598. Was die Zahlen allerdings nicht verraten: Wie viele Unternehmen tatsächlich inhabergeführt sind. Die schiere Menge muss keine Vielfalt bedeuten.