Düsseldorf. Jacques Tilly, der berühmte Schöpfer der Düsseldorfer Mottowagen, hat jetzt angekündigt, wann er in Rente gehen will. Welche Pläne er danach hat.
Diese Nachricht dürfte alle Karnevalisten in Düsseldorf schocken: Der weltberühmte Wagenbauer Jacques Tilly hört auf! Nicht heute, nicht morgen, aber endlos lange will es der Obernarr der NRW-Landeshauptstadt dann nun auch nicht mehr machen. „2030 ist Schluss, so ist es geplant“, sagte der 60-Jährige am Aschermittwoch im exklusiven Gespräch mit der NRZ. Sechsmal also will der gelernte Bildhauer dem Düsseldorfer Rosenmontagszug noch seinen Stempel aufdrücken. „Dann bin ich 67“, sagt er. „Dann werden die Lebensversicherungen fällig, dann gibt es die Rente von der Künstlersozialkasse, und irgendwann reicht es auch mal.“
2024 kam Gegenwind aus allen Lagern
Seit 41 Jahren hat der Künstler aus Düsseldorf-Oberkassel den Karneval in der Rheinmetropole vor allem mit seinen bissig-bösen Mottowagen bereichert. Die Motive waren und sind zum Teil derart krass, dass sogar eingefleischten Jecken das Lachen – bei der ersten Betrachtung – im Hals stecken bleibt. So wie beim jüngsten Rosenmontagszug, als der „From Russia With Love“-Putin-Wagen sogar Kinderschützer auf den Plan rief. Tilly konnte die Kritik zum Teil gar verstehen. „Es gab diesmal Gegenwind aus wirklich allen Lagern“, sagt er. „Das zeigt aber auch, dass die Satire ihren Zweck erfüllt – und dass ich politisch neutral bin.“
Tillys Mottowagen wurden schon auf der ganzen Welt abgebildet, debattiert, beschimpft. Seine Karnevalskunst kennt keine Grenzen. Im Jahr 2019 landeten seine Mottowagen in mehr als 100 Ländern rund 1500 Mal in den Medien – in den USA, in Italien, sogar in Kenia, Nepal und dem Iran. Die New York Times und die Washington Post berichteten über dieses Phänomen aus Düsseldorf im roten Handwerker-Anzug. Tilly schiebt das gewohnt bescheiden zur Seite. „Das Schöne daran ist, dass diese Wagen überall auf der Welt verstanden werden und dass uns Menschen viel mehr Dinge einen als trennen.“
Tilly will aber eben nicht bis ins hohe Greisenalter an Karnevalswagen bauen, so wie es etwa sein Mainzer Pendant Dieter Wenger machte. Der Mann aus der Pfalz feierte gerade mit 85 Lenzen seinen Abschied. „Der hat das immer super gemacht, aber für mich ist das nix“, sagt der Düsseldorfer. Und das habe nicht unbedingt mit der körperlichen Belastung zu tun, „obwohl ich ein paar Kilos zu viel habe, meine Knie nicht mehr ganz so mitmachen und ich beim Arbeiten mit dem Maschendraht eine Brille brauche“, zählt er auf. Es seien vor allem die vielen anderen Interessen, für die der Künstler bei seinem Full-Time-Job nie wirklich Zeit hatte: „Ich habe in meinem Arbeitszimmer eine große Bibliothek. Jeden Tag lachen mich meine Bücher an und flüstern mir zu: Lies uns! Ich würde gerne meinen Erkenntnisumfang in Breite und Tiefe so gut es geht erweitern. Und dazu braucht es - bei meinem durchschnittlichen IQ - Zeit.“
Kampfansage an die „woken Spaßbremsen“
Okay, es könnte sein, dass Jacques Tilly auch nach 2030 noch den einen oder anderen Entwurf für einen Mottowagen zeichnen wird, den dann andere Leute umsetzen. Bislang hat der Mann vieles in Personalunion gemacht – von der Idee, über den Entwurf und der Bauzeichnung bis zum Grundgerüstbau. „Aber unterm Strich finde ich, dass auch mal die Jüngeren ihre Erkenntnisse mit ins Spiel bringen sollten, weil wir Alten ja auch irgendwie den Anschluss verlieren.“
Fotos: Die Düsseldorfer Mottowagen 2024
Nur eines will Tilly auf keinen Fall, und das hat seiner Meinung nach mit dem Begriff „Humorverengung“ zu tun. „Die woken Spaßbremsen sollten auf keinen Fall die Macht beim Wagenbau übernehmen! Dagegen würde ich mich zur Wehr setzen.“