Düsseldorf. Schon lange waren die Kneipen der Düsseldorfer Altstadt bei einem Fußballspiel nicht mehr so voll. Rudelgucken habe sich verändert, so ein Wirt.
Der Traum vom ersten Pokalfinale seit 1980 lebte bei vielen Fortuna-Fans, die am Mittwochabend zahlreich in die Düsseldorfer Altstadt strömten, lediglich 35 Minuten. Denn da führte Bayer Leverkusen gegen Fortuna Düsseldorf bereits mit 3:0. Zuvor wurde die Mannschaft von Trainer Daniel Thioune in der ersten Halbzeit förmlich an die Wand gespielt. Deswegen gingen die Köpfe bei vielen Düsseldorfer Anhängern vor den TV-Bildschirmen und Leinwänden in und vor den Kneipen in der Altstadt erstmal nach unten. „Sowas darf nicht passieren. Das war eine Einladung zum 3:0“, ärgerten sich beispielsweise Fans vor dem Auberge an der Bolkerstraße.
Trotz der am Ende deutlichen 0:4-Halbfinalniederlage und der verpassten Pokalsensation waren viele Fans nach Spielschluss dennoch stolz auf die diesjährige Pokal-Reise von Fortuna Düsseldorf, die erst kurz vor dem Endspiel in Berlin (25. Mai) ihr Ende fand. „Die Mannschaft ist im Pokal weiter gekommen, als man vorher erwarten konnte. Deswegen hält sich die Enttäuschung in Grenzen“, sagte ein leicht-angetrunkener Fan vor dem gut gefüllten Irish Pub „Fatty‘s“ an der Hunsrückenstraße.
Kneipen an der Ratinger Straße waren gut gefüllt
Das Pokal-Halbfinale gegen Leverkusen zog am Mittwochabend viele Fußball-Fans in die Bars und Kneipen. Die Kneipe „Ohme Jupp“ an der Ratinger Straße war bereits rund eine Stunde vor Spielbeginn prall gefüllt, auch auf der Außenterrasse versammelten sich viele Fans zum Rudelgucken. Einige Meter weiter in der Retematäng-Bar sah es ähnlich aus. Ohne Reservierung ging nichts, die beliebte Kneipe war rappelvoll. Sitzplätze auf der Terrasse waren ebenfalls Mangelware. Auch auf der Bolkerstraße verfolgten das Spiele viele Anhänger der „Forteng“, die ihre Mannschaft trotz des Spielverlaufs mit laut starken Gesängen anfeuerten.
Szenen, die es in der Altstadt schon lange nicht mehr gab, meint Walid El Sheikh. „Das Pokalhalbfinale hat die alte Fußballleidenschaft in der Altstadt wieder aufleben lassen. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie waren die Kneipen und Bars in der Breite bei einem Fußball-Spiel nicht mehr so voll“, berichtet der Sprecher der Altstadtwirte.
Es sei ein super euphorisches und friedliches Fest gewesen, so El Sheikh, das bereits um 14 Uhr an der Bolkerstraße startete. Denn zu dieser Uhrzeit versammelten sich die Ultras der Fortuna und weitere Teile der aktiven Fanszene auf der Altstadtmeile, um sich auf das Duell mit den Leverkusenern einzustimmen, ehe es um 17 Uhr per lautstarkem Fußmarsch bis zum Düsseldorfer Hauptbahnhof ging, um von dort per Entlastungszug Richtung BayArena zu fahren.
Fußball-Enthusiasmus ist seit Corona merklich zurückgegangen
Bis März 2020 sei das Thema Fußballübertragung und Rudelgucken für die Gastronomen in der Altstadt „ein großes wirtschaftliches Thema gewesen“, erklärt Walid El Sheikh. Nicht nur wenn Fortuna gespielt hat, sondern auch wenn Spiele der Nationalmannschaft anstanden, oder der FC Bayern München sich mit Borussia Dortmund duellierte, füllten sich die Kneipen und Bars beinahe von alleine. Doch durch die Corona-Einschränkungen und dem ersten Lockdown vor vier Jahren sei der Fußball-Enthusiasmus bei vielen Altstadt-Besuchern merklich zurückgegangen.
El Sheikh führt diese Entwicklung auf mehrere Gründe zurück: „Seit der Pandemie haben die Leute ihre Prioritäten geändert.“ Zudem gebe es durch die Liberalisierung der TV-Rechte viele Wirte, die überhaupt keine Live-Übertragungen mehr anbieten. Denn neben einer Lizenz von Sky müssen Gastronomen seit einigen Jahren auch Gewerbelizenzen des Streamig-Anbieters „Dazn“ erwerben, um alle Spiele der 1. und 2. Fußball-Bundesliga sowie Spiele der Champions League zeigen zu dürfen.
Kneipen- und Barbetreiber müssen dafür viel Geld aufbringen. „Die Kosten für diese Lizenzen haben sich zuletzt mehr als verdoppelt. Außerdem werden verschiedene Endgeräte benötigt, damit auch möglichst viele Spiele gezeigt werden können“, so der Altstadtsprecher weiter. Dadurch seien „in der Altstadt die Orte geringer geworden, wo regelmäßig mit vielen Fußballfans Spiele geguckt werden. Viele Menschen schauen sich die Spiele seit vier Jahren viel lieber zuhause an.“
+++ Folgen Sie der NRZ Düsseldorf jetzt auch bei Instagram! +++
Dennoch sei der Mittwochabend mal wieder ein schöner Fußballabend gewesen, betont Walid El Sheikh. Deswegen hoffe er nun, dass künftig wieder in regelmäßigen Abständen viele Fußballfans zum Rudelgucken in die Altstadt kommen. „Die Möglichkeit, dass es wiederkehrt, ist natürlich da. Da hoffen wir sehr drauf.“ Aber dafür müssten Gastronomen wieder mehr Geld in die Hand nehmen, denn neben den notwendigen Lizenzen müsse ja auch die passende TV-Ausstattung besorgt werden.
El Sheikh: „Vorgeschmack auf EM“
Nun wirft der Gastronom den Blick auf die Fußball-Europameisterschaft, die ab dem 14. Juni in Deutschland und auch in Düsseldorf stattfinden wird. „Dass, was man am Mittwoch in der Altstadt beobachten konnte, war wahrscheinlich nur ein Vorgeschmack auf das, was uns zur EM in der Altstadt erwarten wird. Wir freuen uns auf ein fröhliches und buntes Fest.“ Denn immerhin werden fünf Spiele in der Arena in Stockum ausgetragen, zudem finden täglich Veranstaltungen in den Fanzonen statt, die sich alle in Altstadtnähe befinden.
Doch bis der EM-Ball in Düsseldorf rollt, stehen für Fortuna Düsseldorf noch wichtige und prestigeträchtige Duelle im Rennen um den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga an, unter anderem am 27. April beim FC Schalke. Auch da dürften viele Fans in die Altstadt strömen und für volle Kneipen sorgen. „Lokale Sportclubs sind immer noch ein Triggerpunkt für viele Leute, um Spiele gemeinsam zu schauen“, sagt Walid El Sheikh.
Dass die Rückkehr ins Fußball-Oberhaus gelingt, wurde am Mittwochabend trotz der deutlichen Niederlage in Leverkusen von vielen Fans in der Altstadt jedenfalls nicht bezweifelt: „Wir steigen trotzdem auf“, kommentiert ein junger Fan an der Ratinger Straße und erhob sein Glas Alt nach Spielschluss auf die Fortuna.
Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Düsseldorf