Düsseldorf. Solche krassen Fehler darf sich das Thioune-Team auch in der Liga nicht erlauben - Spiel mit Dreierkette funktioniere nicht gut genug
Es war für Fortuna Düsseldorf ein beinharter Aufprall auf dem Boden der Realität. An diesem Mittwochabend wurde im Pokal-Halbfinale in Leverkusen der Unterschied zwischen erster und zweiter Liga und der zwischen einem Aufstiegskandidaten aus dem Fußball-Unterhaus und einem europäischen Spitzenteam sehr deutlich. Deshalb wollte Fortunas Trainer nach der Partie gar nicht so sehr auf eine Analyse eingehen und überlegte sogar, die Probleme und Fehler seinen Spielern nicht mehr vorzuhalten und auf eine Video-Betrachtung des Spiels zu verzichten. Dennoch kann und wird Fortunas Trainer einige Schlüsse aus dem ziehen, was da in der 91-minütigen Lehrstunde auf dem Rasen der BayArena passiert ist.
Zunächst können Trainer und Spieler mitnehmen, dass die Fans ohne jegliche Zurückhaltung hinter ihnen stehen. Die Düsseldorfer Anhänger feierten die Unterlegenen nach dem Abpfiff so, als hätten sie das Pokalfinale erreicht. Damit zeigten sie nicht nur ihre Rückendeckung auch in schwereren Zeiten, sondern machten deutlich wie erfolgreich die Saison bisher verlaufen ist und der Mannschaft auch Fehler verziehen werden. „Das ist allerdings auch ein Auftrag an uns für die nächsten Spiele“, sagte Thioune. Zwar mussten die Betreuer die beiden Plastiktüten mit den vorsichtigerweise vorbereiteten Final-T-Shirts schnell entsorgen, aber die Saison ist für die Fortuna noch nicht gelaufen, was auch der Trainer bestätigte. „Wir haben immer die beiden Wettbewerbe inhaltlich voneinander getrennt“, sagte Thioune, der jetzt nur eine Nacht verständliche Enttäuschung bei den Spielern und allen anderen Beteiligten zuließ, um dann schon wieder umzuschwenken auf den Liga-Alltag.
Ao Tanaka fehlte dem Thioune-Team sehr
Dann dürfen solche Fehler, die von Leverkusen sofort und gnadenlos bestraft wurden, auch in der 2. Liga nicht passieren. In manchen Situationen war nicht allen klar, was die Mannschaftstaktik war. In Sachen Kampfkraft und Einsatzbereitschaft konnte man dem Team keine Vorwürfe machen. „Aber wenn man Florian Wirtz zehn Meter Raum gibt, dann ist man selber schuld. Dann trifft man sich zehn Sekunden später an der Mittellinie wieder“, sagte Daniel Thioune und meinte damit den Konter, den sich eine Fortuna eingefangen hatte, die ein riesiges Loch zwischen den vorne pressenden Spielern und der Restverteidigung hatte. „In der 2. Liga wirst du dafür vielleicht nicht so hart bestraft, aber gegen ein solches Klasseteam lässt sich das dann nicht mehr verteidigen.“, sagte Kapitän Andre Hoffmann, der zur Pause ausgewechselt wurde. Für ihn kam der schnellere Joshua Quarshie ins Team. Wieder einmal war deutlich geworden, dass Kapitän Hoffmann nach einem verletzungsbedingten Ausfall mehr Zeit benötigt, um wieder die nötige Wettkampfpraxis, das Auge und die Robustheit zu haben. Quarshie hatte allerdings auch den Vorteil, dass die Leverkusener nach dem 3:0 und später nach dem 4:0 nicht mehr so stringent auf ein weiteren Torerfolg spielten.
Fortuna muss sich überlegen, wie sie den Ausfall von Ao Tanaka, der sicherlich nach seiner Blinddarm-Operation noch etwas länger ausfallen wird, kompensieren kann. Thioune versuchte es in Leverkusen zunächst mit einer Dreierkette und schuf damit Probleme im Mittelfeld mit nur einem tatsächlichen Sechser. In der Defensive und im Aufbauspiel hätte Ao Tanaka mit seiner Zweikampfstärke und Ballsicherheit sicherlich mehr bewirken können, als dann von den auf dem Platz tätigen Fortunen umgesetzt werden konnte. Die Umstellung auf Viererkette kam dann schon zu spät, um noch größeren Schaden zu verhindern.
Offensiv fand keine Entlastung statt. Der rechte Glauben daran, etwas ausrichten zu können, fehlte offensichtlich. Viel zu viele schnelle Ballverluste kosteten Momente der Entlastung. Sicherlich kann man auf Defensive und schnelle Konter setzen. Das Problem war in der BayArena aber, dass der Zweitligist nicht in der Lage war, in Ballbesitz zu bleiben oder überhaupt die Spitzen zu erreichen. Der Ball kam postwendend zurück, und eine Mannschaft wie Leverkusen lässt sich dann auch nicht stören, Möglichkeiten herauszuspielen. Die individuellen Fähigkeiten und das Verhalten im Raum der gesamten Werks-Elf sind derzeit von keinem Team richtig zu kontrollieren sind. Selbst wenn das Umschaltspiel der Gäste besser funktioniert hätte, wäre da immer noch die Zweikampfstärke der Leverkusener Defensive zum Tragen gekommen.
Torchancen für Fortuna waren sogar noch vorhanden
Dass der Schiedsrichter der Fortuna einen Foulelfmeter (an Tzolis) verwehrte und stattdessen einen umstrittenen Handelfmeter (Zimmermann) nach Videostudium gab, passt zwar ins Bild, hätte aber am Ergebnis wenig geändert. Denn der Spielverlauf war quasi nach dem frühen 0:1 bereits vorgegeben. Und dennoch wäre für Fortuna mehr möglich gewesen. Andre Hoffmann hätte kurz vor der Pause aus acht Metern den Ball nur besser treffen müssen, Christos Tzolis schoss in der zweiten Hälfte aus bester Position nur den Torwart an, und der unbedrängt ausgeführte Kopfball von Vincent Vermeij kurz vor dem Ende hätte auch den Weg ins Leverkusener Tor finden können. Kein Zweifel, Leverkusen hätte immer wieder ein Schippe drauflegen können. Aber die Effizienz der Fortunen vor dem gegnerischen Tor war eine andere als zuletzt in den Ligaspielen. Auch das sollten sich die Fortunen klar machen: in der Liga müssen diese Chancen verwertet werden, wenn man die hohen Ziele weiter anstreben und Erfolg haben will.
Das Wichtigste für die kommenden und entscheidenden Wochen in der Liga ist, dass die Fortuna wieder zu der Kompaktheit findet, die sie in den vergangenen Spielen ausgezeichnet hatte. „Man hat gesehen, dass bei Leverkusen eine Qualität auf dem Platz ist, die wir so jede Woche nicht gewohnt sind“, sagte Hoffmann. Tatsächlich erübrigen sich weitere Gedanken an dieses Halbfinale. Der Pokal ist nun Geschichte, der Blick muss nach vorne gehen, das Spiel gegen Braunschweig im Fokus sein. „Jetzt heißt es, sich wieder aufzurichten und schauen, dass wir unser Heimspiel am Sonntag gegen Braunschweig gewinnen“, sagte auch Matthias Zimmermann, der wie seine Teamkameraden an diesem Freitag einen freien Tag bekommt, um die Pokal-Enttäuschung komplett aus dem Kopf zu bekommen und den Trainingstag am Samstag zur Vorbereitung nutzen muss, um wieder an die jüngsten Erfolge in der Liga anknüpfen zu können.