An Rhein und Ruhr. Eltern, die ihre Kinder quasi ins Klassenzimmer fahren, sorgen immer wieder für Verkehrschaos an Schulen. Ein Erlass des Landes soll helfen.

Verstopfte Straßen, Streit mit ehrenamtlichen Verkehrslotsen und das Parken im Halteverbot, während die Eltern ihre Kinder „nur noch ganz schnell“ ins Klassenzimmer begleiten – das Thema „Elterntaxis“ beschäftigt schon seit einigen Jahren Schulen, Eltern und Kommunen. Nun hat das Umwelt- und Verkehrsministerium in NRW mit einem Erlass neue Tatsachen geschaffen.

Elterntaxis: Schulen und Eltern in NRW kämpfen um sichere Wege für Schüler

Denn hinter dem Erlass steckt die zwar oft diskutierte, aber nur selten getestete Möglichkeit, zeitweise den Autoverkehr rund um Schulen auszusperren, Anlieger sollen davon ausgenommen sein. Dies soll in erster Linie die Kinder, die zu Fuß ihren Schulweg bestreiten, vor dem häufig hohen Verkehrsaufkommen zu Schulbeginn und -ende zu schützen.

Diese „Schulstraßen“ können von den Kommunen selbstständig eingerichtet und von Bürgerinnen und Bürgern vorgeschlagen werden. Infrage kommen dafür jedoch nur kommunale Straßen – Kreis-, Landes- und Bundesstraßen sind ausgenommen. Wie das aussehen könnte, zeigt ein Pilotprojekt in der Essener Bardelebenstraße.

Zähen Verkehr vor Schulen gibt es an vielen Schulen. Schuld sind Elterntaxis wie hier in Mülheim.
Zähen Verkehr vor Schulen gibt es an vielen Schulen. Schuld sind Elterntaxis wie hier in Mülheim. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Essener Pilotprojekt gegen Elterntaxis: Nach sechs Monaten voller Erfolg

Denn hier reihten sich morgens über Jahre auf der rund 200 Meter kurzen Einbahnstraße die Elterntaxis. Gleich zwei Schulen waren hier die Anlaufpunkte – das BVM-Gymnasium und die benachbarte Bardeleben-Grundschule. „Problematisch war dabei, dass die weiterführende Schule natürlich einen viel größeren Einzugsbereich hatte und deshalb für mehr Verkehr gesorgt hat. Die Grundschulkinder kamen meist aus der Nachbarschaft zu Fuß“, erzählt Julia Schnetger vom Bürgerprojekt „Offene Bardelebenstraße“. Sie selbst hat eine Tochter an der Grundschule.

„Die kleinen Kinder mussten sich dann durch den Stop-and-Go-Verkehr schlagen, obwohl sie die Situationen vielleicht nicht richtig einschätzen können“, erzählt sie. Viele Eltern und Verantwortliche an den Schulen seien deshalb besorgt gewesen. Als sich dann die Möglichkeit ergab, mithilfe der Essener Verkehrsinitiative „Be-MoVe“ eine Sperrung der Straße zu testen, wurde diese dankend angenommen.

„Wir waren überrascht, wie schnell das Projekt angenommen wurde“, erinnert sich Schnetger. Jetzt, fast sechs Monate später, hat sich der Erfolg bestätigt. „Die Verkehrssituation hat sich enorm verbessert“, berichtet sie. Gegen 8 Uhr morgens und zweimal am Mittag ist die Straße für den Durchgangsverkehr gesperrt, die Belastung hat dadurch ab- und die Verkehrssicherheit zugenommen.

Sperrungen in Essener Bardelebenstraße: Projekt soll langfristig bestehen bleiben

Und auch dem Ende der Projektphase Ende Februar sieht Julia Schnetger einigermaßen gelassen entgegen. „Wir gehen sehr sicher davon aus, dass auch bei uns der neue Erlass Anwendung finden wird“, sagt sie. Einziger Sorgenpunkt ist, dass es womöglich nur ein Schild sein wird, das in Zukunft auf die Verkehrsregelung hinweist. „Eine Schranke oder versenkbare Pöller wären sicher effektiver“, so Schnetger. Diese wären unter dem Erlass möglich.

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Aber auch jenseits der Großstädte zeigen Schulen an Rhein und Ruhr bereits jetzt schon ein großes Interesse. So berichtet die Schulleiterin der Neukirchen-Vluyner Pestalozzischule Regina Beste-Henke: „Wir haben mit dem Ordnungsamt schon einen Begehungstermin ausgemacht.“ Bei diesem soll im März in Erfahrung gebracht werden, was rund um die Schule möglich ist. Denn trotz der Einrichtung von Elternhaltestellen und Proteste vonseiten der Grundschülerinnen und -schüler, gebe es immer noch Eltern, die uneinsichtig seien.

Schule in Neukirchen-Vluyn: „Schulstraßen“ bereits in Planung

„Nur damit kein falscher Eindruck entsteht“, betont Beste-Henke, „viele Eltern haben Verständnis für das Problem und nutzen die Alternativen. Aber die ganze Thematik bedarf sehr intensiver Überzeugungsarbeit, die leider nicht alle erreicht.“ So engagierten sich einige Eltern freiwillig als Verkehrshelfer, gerieten dabei jedoch immer wieder mit anderen Eltern in Konflikt, die ihre Kinder zur Schule bringen wollten.

„Da gibt es immer wieder heftige Auseinandersetzungen, weil Parkverbote ignoriert werden“, so die Schulleiterin. „Dabei gibt es nur 350 Meter weiter einen Edeka-Parkplatz. Von da aus müssten die Kinder nicht einmal eine Straße überqueren.“

Extra eingerichtete Hol- und Bringzonen sollen den Verkehr vor Schulen entlasten.
Extra eingerichtete Hol- und Bringzonen sollen den Verkehr vor Schulen entlasten. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Moers: Bereits Anfrage von einer Schule aus Repelen

Und auch in Moers hat die Verwaltung bereits eine Anfrage für eine „Schulstraße“ erhalten. So läge eine Anfrage von einer Repelener Schulleitung vor. Auf Anfrage teilte die Pressestelle der Verwaltung mit, dass man die neuen Regelungen in die Überlegungen zum Moerser Projekt Schulwegsicherung miteinbeziehen wolle.

In dessen Rahmen entstanden bereits mehrere Elternhaltestellen. Diese hatten mit anderen Maßnahmen bereits einen positiven Effekt gehabt, so ein Pressesprecher. So hätte sich beispielsweise die Verkehrssituation am zuvor stark von Elterntaxis frequentierten verkehrsberuhigten Bereich an der Kurt-Tucholsky-Straße nachhaltig verbessert. Dennoch wäre es natürlich gut, „wenn noch mehr Eltern die eingerichteten Haltestellen annehmen würden.“

Alternative an der Bückmannshofschule

Eine erfolgreiche Alternative zu Straßensperrungen zeigt sich unterdessen an der Bückmannshofschule in Altenessen. An der städtischen Gemeinschaftsgrundschule wurde im Mai vergangenen Jahres der sogenannte „Schulexpress“ eingeführt. Die Idee dahinter: Im Umkreis der Schule wurden mehrere Haltestellen geschaffen, an denen die Eltern morgens ihre Kinder absetzen und diese dann gemeinsam zur Schule gehen könnten.

Das Konzept funktioniere, erklärt Schulleiterin Sabine Barkhoff-Pleines. „Im Sommer besser als im Winter“, wie sie hinzufügt. So sei gerade zu Beginn im Sommer eine spürbare Veränderung eingetreten. „Jetzt müssen wir schauen, wie es sich im Frühjahr entwickelt“, so die Schulleiterin. Die Kinder seien in jedem Fall motiviert. Die Klasse mit den meisten Fußgängern erhält nämlich einen Wanderpokal.