Wesel. Dorothee und Volker Dingebauer vermieten am Diersfordter Waldsee Hausboote. Was Gäste bei einer Übernachtung auf dem Wasser erwartet.
Die Sonne ist gerade aufgegangen und schon fliegt eine Libelle übers glitzernde Wasser, Gänse schnattern fröhlich aus der Ferne... So kann der Arbeitstag beginnen! Vor allem dann, wenn er daraus besteht, einen Zeitungsartikel über eine Übernachtung auf einem Hausboot zu schreiben. Dabei hat der Kurzurlaub alles andere als entspannt begonnen.
Ankunft auf dem Schüttwich 19 in Wesel: 17 Uhr. Wobei, eigentlich: 17.15 Uhr. Die vielen Mails, das hektische Packen der Reisetasche, der nervige Feierabendverkehr... Volker Dingebauer lächelt, alles kein Problem, am besten erstmal ankommen und durchschnaufen! Die gute Landluft ist noch immer zu riechen, auch wenn er vor neun Jahren seinen normalen Milchviehbetrieb aufgegeben hat. „Milchproduktion ist austauschbar“, erklärt er, während er von seinem Hof über die Straße führt. Dazu kamen die gesunkenen Milchpreise, die fehlende Wertschätzung. „Ich wollte irgendetwas ganz anderes machen.“ Vielleicht ja Ferienwohnungen? Nun gibt‘s davon aber auch einige am Niederrhein... „Weil der See immer näher kam, sind wir auf die Idee mit den Hausbooten gekommen.“
Mittlerweile sind auch sein Sohn Hendrik und seine Frau Dorothee dazugestoßen, gemeinsam geht‘s nun weiter zum Diersfordter Waldsee. Das stetige Rattern des Baggers und das leise Rauschen der Förderbänder ist schon zu hören – seit 1961 wird hier Kies abgebaut. „Wir haben dann erstmal Urlaub auf einem Hausboot gemacht“, erzählt Dorothee Dingebauer. Schließlich wollten sie wissen, worauf sie sich einlassen, „und auf was man achten muss“, fügt sie hinzu. Ihre erste Reaktion? „Ohje!“ Sie lacht. „Es gibt nicht viel Stauraum, dabei hat man ja immer so viele Plörren.“ Außerdem wurde ihr Urlaub zu einem „kleinen Abenteuer“, wie sie es formuliert, denn mit dem Hausboot fuhren sie über die Spree und Nebenarme. „Und wir hatten viel Wind!“
Hausboote Niederrhein mit Sauna, Tretboote und weiteren Extras
Aber, das betont Dorothee Dingebauer auch: „Es war richtig schön.“ Damit stand für die Familie schnell fest, dass sie den Schritt tatsächlich wagen wollten. Nur sollten ihre Hausboote festliegen, „das war auch die Auflage der Stadt“, erklärt sie. Dennoch dauerte es zehn Jahre, bis es 2016 endlich loslegen konnten. Und da liegen sie auch schon! Eins, zwei, drei... „Zehn Hausboote haben wir mittlerweile“, sagt sie. Nach den ersten beiden Exemplaren, die für vier Personen ausgelegt sind, kam die Frage auf: Wie machen die Leute eigentlich hier Urlaub? „Viele reisten zu zweit an, auch für 190 Euro die Nacht. Es lag also nicht am Preis, aber gerade für sie wollten wir alles noch attraktiver gestalten.“
Und wo lässt es sich schon besser abschalten als in einer Sauna mit Blick auf den See? Ganz nach ihren Wünschen hat eine tschechische Firma, die sonst Tiny Houses herstellt, die gar nicht mal so „Tiny“ Houses gebaut. Dorothee Dingebauer nickt. „Das sind massive Häuser, die ungefähr 34 Tonnen wiegen.“ Und keine Sorge, der Steg zum Eingang wippt zwar leicht, aber seekrank wird hier niemand. Dazu liegen der „Eisvogel“, der „Haubentaucher“ oder auch der „Weißstorch“ viel zu ruhig im Wasser. Die Tür der „Blässgans“ öffnet sich. „Wir haben für die Hausboote Namen von Tieren gewählt, die es hier alle gibt“, erklärt Volker Dingebauer und zeigt auf ein Bild über dem Sofa, auf dem das Tier abgebildet ist. Für alle, die in der Ornithologie nicht ganz so bewandert sind.
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Vielleicht lässt sich die Blässgans ja während einer Rundfahrt mit dem Tretboot blicken? Richtig, „zu jedem Hausboot gehört ein Tretboot“, bestätigt Volker Dingebauer. Außerdem steht auf der großzügigen Terrasse ein kugeliger Wintergarten, „in dem es auch während der kalten Jahreszeit lauschig gemütlich ist“, verrät Dorothee Dingebauer, während sie schon mal den selbstgemachten Apfelsecco von der hauseigenen Streuobstwiese auf den Tisch stellt. Später kann die Flasche übrigens mit einer Halterung zum Kühlen ins Wasser, „eigentlich wollte ich eine Vertiefung für einen Kasten Bier“, gibt ihr Mann zu und lacht. So geht‘s aber auch! Ja, es sind die kleinen Details, die jede Übernachtung auf dem Hausboot so besonders machen.
Ausflugtipps rund um den Diersfordter Waldsee
Dorothee und Volker Dingebauer können ihren Gästen zahlreiche Tipps geben, was sie rund um den Diersfordter Waldsee alles unternehmen können: Mit der Rheinfähre Keer Tröch fahren, das Schloss Diersfordt oder das Deichdorfmuseum besuchen und natürlich eine der vielen Wander- oder Radrouten ausprobieren.
Danach lohnt sich ein Abstecher in eines der vielen Restaurants und Cafés. Die beiden empfehlen u.a.: das Café Landluft, das Restaurant Am Jäger oder auch das Restaurant Art. Weitere Informationen, auch zu „Hausboot Niederrhein“ sind online zu finden unter www.hausboot-niederrhein.de
Die schönsten Restaurants rund um den Diersfordter Waldsee
Deshalb möchte die Familie jetzt auch nicht länger stören, gibt noch schnell einige Restauranttipps und wünscht dann lächelnd: „Einen schönen Aufenthalt!“ Und damit beginnt der Kurzurlaub auf dem Hausboot, der sich nun wirklich nicht nach einem Arbeitstag anfühlt! Stress? Ach was, gefühlt nie gehabt. Die Sonne scheint noch immer kräftig, deshalb geht‘s direkt von der Terrasse über eine Treppe ins Wasser. Herrlich! Danach wartet auch schon das knallrote Tretboot auf einen kurzen Ausflug. Peter Fox singt dabei „Und am Ende der Straße steht ein Haus am See“, die Augen suchen die „Orangenbaumblätter“, finden aber nur Kühe, die auf der Wiese ebenso entspannt herumstehen wie die Menschen im Boot durchtreten.
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Spätestens nach einer ausgiebigen Dusche (Schwitzen klappt an diesem Tag auch ganz ohne Sauna) ist klar, weshalb manche immer und immer und immer wieder kommen. Ein Gast, das hat Volker Dingebauer vorab verraten, war bereits zum 55. Mal da. Übrigens nicht nur zum Entspannen, sondern auch zum Arbeiten! Mit dem Gedanken geht‘s nach einer kurzen Nacht (dank des Backgammonspiels, das nach einer Revanche verlangt hatte) bereits am frühen Morgen in den kugeligen Wintergarten.
Und hier ist es nun tatsächlich „lauschig gemütlich“! Das hat jedoch auch einen großen Nachteil: Statt auf den Bildschirm zu starren, wandert der Blick lieber über den glitzernden See, zu den surrenden Libellen und den schnatternden Gänsen... Aber wenn Sie diese Worte lesen, hat es ja scheinbar doch noch mit dem Schreiben geklappt.