Rees. Die Stadt Rees bleibt bei ihrem Nein zur umstritten Abgrabung Reeser Welle. Wie sich die Untere Naturschutzbehörde jetzt positioniert hat.

Über die geplante Abgrabung Reeser Welle gibt es seit seit Jahrzehnten Diskussionen. Das Weseler Unternehmen Hülskens möchte auf einer insgesamt circa 86 Hektar großen Fläche zwischen Rhein und dem Ortsteil Esserden Kies und Sand abbauen und für voraussichtlich 20 Jahre dort seinen Betrieb aufbauen. Eine zwischenzeitlich von der Bezirksregierung erteilte Genehmigung für eine noch größere Abgrabungsfläche hatte das Verwaltungsgericht Düsseldorf Ende 2010 einkassiert, weil es die Behörde für gar nicht zuständig betrachtete.

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Mittlerweile führt wieder der Kreis Kleve das langwierige Verfahren, in dem die Firma Hülskens im August 2023 einen neuen, vollständig überarbeiteten Antrag eingereicht hat. Dieser sieht eine Unterteilung in eine südliche Abgrabungsfläche (circa 47 Hektar) und eine nördliche Abgrabungsfläche (circa 29 Hektar) vor. Hinzu kommen weitere Betriebsflächen wie Fahrwege, Bandstraße und Verladeanlage.

Rechts und links der Straße soll das Kiesabgrabungsgebiet Reeser Welle entstehen. Hier ein Bild aus Februar 2019.
Rechts und links der Straße soll das Kiesabgrabungsgebiet Reeser Welle entstehen. Hier ein Bild aus Februar 2019. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Einwendungsfrist am 25. November

Im laufenden Planfeststellungsverfahren wurde die erneute Offenlage der Pläne kürzlich beendet. Noch bis zum 25. November können Einwendungen dazu eingeschickt werden, die der Kreis Kleve sammelt und anschließend bewertet. Die Stellungnahme der Stadt Rees, die die Politik bereits im Februar einstimmig abgesegnet hatte, behält dabei unverändert ihre Gültigkeit. Im Nachgang des jüngsten Bauausschusses, in dem das Thema kurz besprochen worden war, stellte Bürgermeister Sebastian Hense gegenüber der NRZ fest: „Die Stadt Rees bleibt bei ihrem entschiedenen Nein zur Abgrabung Reeser Welle.“

Neujahrsempfang in Esserden
Bürgermeister Sebastian Hense, hier beim Neujahrsempfang in Esserden. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Sie fordert in ihrer Stellungnahme, wie berichtet, ein Fachgutachten zur Strömungssituation am Rhein bei Hochwasserereignissen und stellt Bedingungen für den Fall „einer ausdrücklich nicht gewünschten Genehmigung des Vorhabens“.

Das sagt die Untere Naturschutzbehörde

Dazu gehören unter anderem ein Abgrabungsbeginn erst nach Sanierung des maroden Deichs bei Esserden, der Bau eines Rad- und Fußwegs parallel zur Wardstraße, Freizeitmöglichkeiten nach Ende der Abgrabung und klare Regelungen zur Funktion der Dichtschürze im Nordsee und des Hochwasserschutzbrunnens. Beides soll den Grundwasserspiegel im Hochwasserfall in Esserden absenken. Unklar für die Stadt Rees ist, „ab welcher Höhe des Grundwasserstands ein Abpumpen erfolgt und wohin das Wasser gepumpt werden soll“.

Während diese Punkte inhaltlich unverändert geblieben sind, hat die Untere Naturschutzbehörde ihre Stellungnahme auf die im Mai in Teilen geänderten Antragsunterlagen angepasst. Den aktuellen Stand präsentierte sie nun dem Naturschutzbeirat des Kreises Kleve, der sie ohne längere Diskussion zur Kenntnis nahm.

„Die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Kleve nimmt die Stadt Rees mit erheblichem Bedauern zur Kenntnis“

Sebastian Hense
Bürgermeister der Stadt Rees

Untere Naturschutzbehörde gibt Auflagen mit

Im Kern stellt die Untere Naturschutzbehörde fest, dass aus ihrer Sicht und unter Berücksichtigung gewisser Vorgaben der beantragten Abgrabung die Belange des Natur- und Artenschutzes nicht entgegenstehen. „Die Untere Naturschutzbehörde beabsichtigt im Rahmen des laufenden Beteiligungsverfahrens, dementsprechend eine positive Stellungnahme mit entsprechenden Auflagen abzugeben“, heißt es in der Vorlage.

Diese Vorgaben zur „Vermeidung, Minderung und zum Ausgleich der nachteiligen Folgen für Natur und Landschaft“ sind im landschaftspflegerischen Begleitplan, in der Artenschutzprüfung und der FFH-Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet Unterer Niederrhein ausführlich beschrieben.

So geht es weiter

Im Regionalplan Düsseldorf ist die geplante Abgrabungsfläche Reeser Welle inklusive der querenden Straße Reeserward als „Bereich für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze“ mit nachfolgender Nutzung als offene Wasserfläche dargestellt.

Im Planfeststellungsverfahren läuft am 25. November die Frist für Einwendungen ab. Falls fachlich erforderlich, werde dann ein Erörterungstermin mit den Behörden, den Einwendern und der Firma Hülskens als Antragstellerin anberaumt, erläutert der Kreis Kleve das weitere Vorgehen.

Anschließend entscheide der Kreis Kleve als Planfeststellungsbehörde nach den einschlägigen Fachgesetzen unter Berücksichtigung aller vorgetragenen Einwendungen und Stellungnahmen sowie Rechtsprechung über den Antrag für das Vorhaben. „Ein genauer Zeitplan kann hierzu aufgrund der Fülle und Tiefe der Einwendungen noch nicht benannt werden“, teilt die Kreisverwaltung mit.

Beeinträchtigung für Vögel

Letztere stellt laut der Unteren Naturschutzbehörde heraus, dass es zu einer „erheblichen Beeinträchtigung der am unteren Niederrhein überwinternden Bläss- und Saatgänse sowie einer Brutkolonie des Kiebitzes kommen kann“. Im Rahmen einer Ausnahmeprüfung werden für die verloren gehenden Flächen insgesamt knapp 80 Hektar Acker und Grünland als Ausgleich entwickelt, bewirtschaftet und in das Vogelschutzgebiet integriert.

„Die ausgewählten Flächen sind grundsätzlich geeignet, die Beeinträchtigung auszugleichen“, urteilt die Untere Naturschutzbehörde. Zwischen der Firma Hülskens und den Flächeneigentümern sollen Verträge geschlossen und eine nachweislich qualifizierte ökologische Baubegleitung eingesetzt werden. Für Viktor Bontrup, Vertreter des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes im Naturschutzbeirat, bleibt „Skepsis, wie die Tierwelt den rechnerischen Ausgleich aufnimmt“. Das sagte der Landwirt aus Rees im Gespräch mit der NRZ.

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Reaktion der Stadt Rees

Auch im Rathaus beobachtet man genau den Fortgang des Planfeststellungsverfahrens. „Die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Kleve nimmt die Stadt Rees mit erheblichem Bedauern zur Kenntnis“, sagte Bürgermeister Sebastian Hense. Die ablehnende Stellungnahme der Stadt sei im Bauausschuss von den Politikerinnen und Politikern in ihrer klaren Aussage noch einmal deutlich unterstrichen worden. „Die Stadt Rees geht davon aus und erwartet, dass alle genannten städtischen Aspekte in der Entscheidungsabwägung ausgiebig betrachtet werden“, so Hense. Auch Bürgerinitiativen wie der Verein Eden und Zukunft Esserden sowie Stef Beumer und seine Wutbürger kritisieren das Projekt.