Düsseldorf. Kurz vor Sessions-Beginn gewann Donald Trump die US-Wahl. Jacques Tilly holte ihn zurück in den Karneval, wo er seit 2016 eine Hauptrolle spielt.

Als der Hoppeditz am 11. November 2024 aus dem Senftopf stieg, staunten die versammelten Jecken: Die Symbolfigur des Düsseldorfer Karnevals hatte auf dem Kopf keine Narrenkappe, sondern eine blonde Perücke. Aus den Boxen dröhnte die Melodie von „Born in the USA“, bevor der Hoppeditz die Zuschauer mit „Hello Krauts“ begrüßte. Ein närrischer „Donald Trump“ eröffnete die Session im Englisch-Deutsch-Mischmasch: „Trari-trara: The Arsch mit the Ohren is wieder da!“ Der wiederkehrende US-Präsident ist im Düsseldorfer Karneval ein altbekanntes Gesicht: Trump-Karikaturen „schmücken“ schon seit bald einem Jahrzehnt immer wieder die Mottowagen von Wagenbauer Jacques Tilly – das erwähnte „Arsch mit Ohren“-Motiv war schon 2016 dabei.

+++ Folgen Sie der NRZ Düsseldorf jetzt auch bei Instagram! +++

Mit einem „Make Fascism Great Again“-Wagen war Trump in jenem Jahr zum ersten Mal an Rosenmontag vertreten. „Da war der noch im Wahlkampf“, erinnert sich Düsseldorfs berühmter Wagenbauer. Mit einem Sieg dieses „Clowns“ habe damals noch kaum jemand gerechnet. „Nicht alle Wagen sind prophetisch, aber da hatte ich halt den richtigen Instinkt,“ so Tilly.  Nach Trumps Ausscheiden aus dem Präsidentenamt 2021 war der laute Blondschopf erstmal nicht mehr auf den Wagen zu sehen – bis Rosenmontag 2024. Denn da stand fest: Er kandidiert wieder.

Als „Arsch mit Ohren“ war Donald Trump schon 2016 auf einem von Jacques Tillys Mottowagen zu sehen. Damals war der Politiker noch in seinem ersten Präsidentschaftswahlkampf. „Da hatte ich halt den richtigen Instinkt,“ meint der Wagenbauer.
Als „Arsch mit Ohren“ war Donald Trump schon 2016 auf einem von Jacques Tillys Mottowagen zu sehen. Damals war der Politiker noch in seinem ersten Präsidentschaftswahlkampf. „Da hatte ich halt den richtigen Instinkt,“ meint der Wagenbauer. © Tilly

Trumps Wahlsieg im November war für Tilly eher eine Überraschung: „Dieses Mal war ich nicht so überzeugt, denn jeder wusste ja, was er mit ihm kriegt.“ Trump sei der „schlechteste Präsident aller Zeiten“ gewesen, seine Präsidentschaft „eine einzige Katastrophe“, findet Tilly. „Dass man das nochmal will, konnte ich mir nicht vorstellen.“ Doch die Mehrheit der Amerikaner sah es offenbar anders – Trumps Vereidigung fand am 20. Januar statt.

Tilly und Trump: Dieser Wagen erregte besonders viel Zorn

Tillys Trump-Wagen schafften es von den Straßen der Düsseldorfer Altstadt Jahr für Jahr in die internationale Presse. 2017 wurde Tilly sogar in die Vereinigten Staaten eingeladen, für eine Ausstellungen mit Bildern seiner Mottowagen in einem Kulturzentrum in Chicago. Doch: Die Trump-Motive waren – auf Wunsch der Veranstalter – gar nicht dabei. „Weil die zu polemisch waren für die Amerikaner“, erklärt Tilly. „Da habe ich dann meine harmlosen Obama-Wagen gezeigt.“ 

Dabei hätte es da schon einige Motive mit dem damals amtierenden US-Präsidenten, der aktuell irritierenderweise die Kontrolle über Grönland und die Menschen aus dem Gaza-Streifen vertreiben will, zu zeigen gegeben: So stellte Tilly Donald Trump 2017 unter dem Motto „Blond ist das neue Braun“ in eine Reihe mit Geert Wilders, Marie Le Pen und einem ebenfalls blonden Adolf Hitler. Auf einem anderen Wagen im selben Jahr vergewaltigte eine Trump-Figur eine auf allen Vieren kniende Freiheitsstatue mit Aufschrift „Liberty“. Eine Motiventscheidung, die der Schöpfer durch den späteren „Sturm auf das Kapitol“ (Januar 2021) von Trumps Anhängern übrigens bestätigt sieht.

Doch: „Die Vergewaltigungsszene hat viele empört“, erinnert sich Tilly, in Deutschland und auch in Amerika. Aus den USA formierte sich eine Facebookgruppe, die gegen seine Wagen protestierte. „‚Let‘s nuke Germany‘ das war so das Niveau der Kommentare“, berichtet er. Auf Deutsch also: „Lasst uns eine Atombombe auf Deutschland werfen“. Tilly und sein Team erhielten genug Hassnachrichten, um einen dicken Aktenordner zu füllen, berichtet er. Der Karikaturist nimmt es mit Gelassenheit: „Der Sinn der Wagen ist es, dass sie wirken und gesehen werden.“ So deutliche Reaktionen seien immer auch eine Bestätigung, dass das geklappt hat.   

Zehn Mal sei Trump schon auf seinen Mottowagen zu sehen gewesen, schätzt Tilly aus dem Kopf. Bis „The Donald“ zu seinem meistporträtierten Politiker wird, wäre es aber noch lange hin: „Helmut Kohl war sechzehn Jahre dran, der fuhr jedes Jahr mit“, erinnert sich Tilly. Übrigens öfter als dessen spätere Nachfolgerin: „Angela Merkel hatte nicht solche Angriffsflächen. Die war nicht so häufig dabei wie das eigentlich einer Kanzlerin gebührt.“  Trump sei dagegen „Angriffsfläche pur“, sagt Tilly. „Klar. Der ist eine perfekte Figur für den Karneval.“

Jacques Tilly: Das „Prinzip Trump“ ärgert ihn

Rein im Hinblick auf die Wagenmotive der nächsten vier Jahre könnte er sich also auch ein bisschen glücklich schätzen, kann man meinen. Aber das wäre weit gefehlt: „Die Vorstellung, wieder vier Jahre Trump bauen zu müssen, ist sowas von öde!“ sagt der Düsseldorfer frustriert. „Zu diesem Mann ist alles gesagt worden. Wir wissen alle, dass das ein kranker, psychopathischer Narzisst ist.“ Karikaturisten arbeiteten sich seit Jahren an dem amerikanischen Populisten ab – noch originelle Motivideen zu finden, sei deswegen harte Arbeit, erklärt Tilly. Noch dazu renne man mit dem Thema hierzulande „offene Türen ein“, meint er: „Alle finden den schlimm in Europa.“ Und am Ende nütze man Trump sogar noch damit, dass ständig über ihn geredet wird: „Das ist das Prinzip Trump, und das ärgert mich.“

Eigentlich möge er es lieber ganz anders: „Mir macht es schon Spaß Wagen zu bauen, wo es um Themen geht, die in irgendeiner Weise polarisierend sind. Wo man polemisch sein kann, und eingreift in irgendeine Streitfrage.“ Und doch werde er in den nächsten Jahren wohl kaum um neue Wagen mit dem US-Präsidenten drumherum kommen, denn: „Er wird natürlich die Weltpolitik auf seine katastrophale Art dominieren“, erwartet Tilly – und freut sich gleichzeitig auf den Tag, an dem sein endgültig letzter Trump-Wagen gebaut ist.

Trump vergewaltigt „Miss Liberty“ - dieser Mottowagen sorgte 2017 für einige Empörung. Auch Trump-Anhänger aus den USA protestierten. Mit teils sehr geschmacklosen Postings im Internet.
 
Trump vergewaltigt „Miss Liberty“ - dieser Mottowagen sorgte 2017 für einige Empörung. Auch Trump-Anhänger aus den USA protestierten. Mit teils sehr geschmacklosen Postings im Internet.   © Tilly

Die Trump-Einlage des Hoppeditz zum Sessions-Start fand Tilly übrigens gut: „Das lag natürlich in der Luft, hätte ich an seiner Stelle auch gemacht.“ Außer dem Hoppeditz war am 11.11. allerdings kaum ein „Donald“ in der Düsseldorfer Innenstadt zu sehen. Ob das Kostüm nach dessen Amtsübernahme wohl noch beliebter wird, wird sich zeigen.

Dass Altstadt-Besucher am Rosenmontag in den nächsten Jahren auch mal Düsseldorfs berühmtesten Wagenbauer im Trump-Kostüm sehen, ist jedenfalls unwahrscheinlich: „Der Originalitätsgrad ist nicht besonders hoch. Der Fisch ist gekocht“, meint Tilly. „Ich gehe lieber mal als Schneewittchen – da wäre man überraschter!“

Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Düsseldorf