Düsseldorf. Berlin debattiert über ein AfD-Verbot, Kanzleranwärter Merz nimmt Stimmen der Rechtsextremisten in Kauf. Was sagen Düsseldorfs Bundestagskandidaten?

Im Laufe dieser Woche soll im Bundestag über den Antrag eines AfD-Verbotsverfahrens beraten werden. Im November vergangenen Jahres unterschrieben mehr als 120 Abgeordnete des Parlaments den fraktionsübergreifenden Antrag. Die Entscheidung über ein Verbot trifft das Bundesverfassungsgericht, sofern eine Zweidrittelmehrheit im Parlament für den Antrag der Initiatoren stimmt. Seit 2021 ist die Partei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. Weil die rechtlichen Hürden jedoch sehr hoch sind, fallen die Meinungen zu einem Verbotsverfahren unterschiedlich aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) etwa sprach sich dagegen aus.

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Im Rahmen der Verbotsfrage gibt es aktuell auch die Debatte darüber, inwiefern die oft zitierte Brandmauer zwischen den demokratischen Parteien und der AfD hält - oder eben nicht. Hintergrund: CDU-Mann Friedrich Merz, möglicherweise nächster Bundeskanzler, will womöglich schon an diesem Freitag (31. Januar) ein Migrationsgesetz mit Stimmen der AfD auf den Weg bringen. „Das lässt mich seit Tagen nicht mehr schlafen“, sagt dazu die grüne Bundestagsabgeordnete Sara Nanni, die erneut für ihre Partei im Düsseldorfer Süden kandidiert. „Was gerade in Deutschland unter Verantwortung von Friedrich Merz passiert, lässt 30er Jahre-Vibes aufleben“, sagt Nanni zynisch. „Das ist furchtbar!“

Vorbereitung für eine schwarz-blaue Regierung?

Die Grüne ist auch „fassungslos“ darüber, „wie wenig Problembewusstsein“ viele ihrer CDU-Kolleginnen und -Kollegen im Bundestag mit dem Vorstoß von Merz haben. „Ist das jetzt ein paar Wochen vor der Bundestagswahl die Vorbereitung für eine schwarz-blaue Regierung?“ Dabei habe Merz vor Monaten doch eigentlich versichert, eine Zusammenarbeit mit der AfD würde es mit ihm nicht geben.

Zanda Martens positioniert sich in Sachen AfD-Verbot ganz deutlich: „Wir müssen uns eingestehen, dass alle Versuche, diese rechtsextreme Partei politisch zu stellen und aufzuhalten, leider gescheitert sind. Deshalb ist es jetzt nicht nur unser Recht, sondern unsere Pflicht, zum Mittel eines Verbotsverfahrens zu greifen, bevor es zu spät ist“, so die SPD-Bundestagsabgeordnete, die für die anstehende Bundestagswahl am 23. Februar für den Düsseldorfer Norden erneut antreten wird.

DSSQ ruft zum Protest gegen die AfD auf

Am Samstag, den 15. Februar, rund eine Woche vor der Bundestagswahl, plant das Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ (DSSQ) eine Demonstration gegen die AfD in Düsseldorf. Unterstützt wird die Aktion unter anderem vom DGB Düsseldorf und der evangelischen Kirche. Die Demonstration soll um 12 Uhr am DGB-Haus auf der Friedrich-Ebert-Straße starten und in die Innenstadt ziehen. Dort findet am Schadowplatz eine Wahlkampfkundgebung der AfD statt, gegen die auch protestiert werden soll. Zudem werden nach Angaben von DSSQ „die zunehmende gesellschaftliche Rechtsentwicklung und die Übernahme von AfD-Positionen durch die etablierte Politik“ ein Thema des Protests sein. Dabei schaut das anti-rassistische Bündnis laut eigenen Angaben „mit großer Sorge wird auf Führungspersönlichkeiten der CDU“, die eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht mehr grundsätzlich ausschließen würden. Ende Januar 2024 wurde in Düsseldorf bereits gegen die AfD demonstriert. Damals zogen rund 100.000 Menschen gegen die rechte Partei durch die Straßen der NRW-Landeshauptstadt.

Die Partei verbieten zu lassen, sei aus Sicht der Sozialdemokratin legitim: „Gegen Verfassungsfeinde stellt das Grundgesetz mit dem Parteiverbotsverfahren das schärfste Schwert unserer wehrhaften Demokratie bereit.“ Sollte der Antrag im Laufe dieser Woche auf die Tagesordnung kommen, werde Martens im Bundestag „bei einer Abstimmung dafür stimmen“, wie sie der NRZ nun verriet. Den Antrag habe sie bereits unterschrieben, so die SPD-Politikerin weiter.

Auch Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller setzt sich ganz klar für die klare Abgrenzung zur AfD ein. Auf seinem Instagram-Profil zitiert er die Worte des CDU-Kollegen Armin Laschet. „Die Brandmauer steht. Unumstößlich. Friedrich Merz hat sie in den letzten Wochen zementiert. Mit der AfD gibt es keine Kommunikation, keine Kooperation, keine Koordination und erst recht keine Koalition.“ Das, so Keller, sei die „klare Haltung der CDU, und das ist gut so“.

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Für CDU-Bundespolitiker Thomas Jarzombek ist die AfD „ganz klar eine verfassungsfeindliche Partei“. Daher sei es aus Sicht des Düsseldorfers „wichtig, die AfD zu bekämpfen“. Ein generelles Verbot sieht der 51-Jährige kritisch: „Das könnte dafür sorgen, dass die AfD ihre Opfer-Erzählungen weiter aufrecht erhalten wird“, befürchtet Jarzombek. Und: „Was passiert im Fall der Fälle, wenn das Bundesverfassungsgericht urteilen würde, dass die AfD nicht verfassungswidrig ist? Das würde der Partei nur in die Karten spielen.“ Zudem sieht Thomas Jarzombek bei einem möglichen AfD-Verbot ein weiteres Problem: „Die Partei wird ja vom Verfassungsschutz mit V-Leuten beobachtet. Bei einem Verbot würden alle Untersuchungen und Gutachten über die AfD sofort wegfallen. Dann wären wir taub und blind gegenüber der Partei. Von den hohen rechtlichen Hürden mal ganz abgesehen. Deswegen würde ich eher negativ abstimmen, sollte der Antrag auf die Tagesordnung kommen.“

Durch ein Verbot der AfD verschwindet das Rechtsextreme nicht aus den Köpfen

Dass die CDU die sogenannte Brandmauer nach rechts einreißen würde, sollten die Christdemokraten ihr Migrationsgesetz mit Stimmen der AfD durch den Bundestag bringen, weist Thomas Jarzombek hingegen deutlich zurück: „Ich sehe es überhaupt nicht so, dass wir dann die Brandmauer einreißen. Wir stimmen uns nicht gemeinsam mit der AfD ab, das muss ich in aller Deutlichkeit sagen. Nicht bei diesem Gesetz, noch bei anderen Dingen. Es gibt keine Zusammenarbeit mit der Partei, das ist für uns ganz klar.“

Moritz Kracht, FDP-Bundestagskandidat für den Düsseldorfer Norden, glaubt „nicht, dass durch ein Verbot der AfD der Rechtsextremismus aus den Köpfen der Gesellschaft verschwindet“. Außerdem seien die Hürden für ein Verbotsverfahren sehr hoch. Kracht sagt: „Selbst wenn ein Verbotsverfahren erfolgreich wäre, dann würde sich in der Sekunde des Verbots sicher die nächste rechtsextremistische Partei gründen.“

Der FDP-Politiker hält es grundsätzlich für falsch, „ständig die AfD ins Zentrum des Universums zu rücken“. Deshalb sieht es Kracht auch als weniger problematisch an, dass CDU-Kanzlerkandidat Merz AfD-Stimmen für sein Migrationsgesetz in Kauf nimmt. „Wir können nicht jegliche Abstimmung von der AfD abhängig machen“, sagt er. „Damit folgen wir dem Diktat einer rechtsextremen Partei und geben ihr die Hoheit über jeden politischen Diskurs.“ Gleichwohl stellt der Liberale im aktuellen Wahlkampf in den Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern fest, „dass eine große Sorge über überbordende Migration vorherrscht“. Man sollte nun „schnell zu guten Lösungen kommen“.

„Demokratie soll ja wehrhaft sein. Und dazu gehört auch, dass man sich gegen Akteure schützt, die unsere Demokratie abschaffen wollen - und das sehe ich bei der AfD als gegeben“, sagt die Linke-Bundestagskandidatin Julia Marmulla. Von daher können sie es nur begrüßen, dass über den Bundestag nun ein AfD-Verbot angeschoben wird. „Ich neige immer mehr dazu, ein AfD-Verbot als richtig anzusehen. Es bleibt da nur die Frage, welche komplementären Maßnahmen es bräuchte, damit so ein Verbot auch wirksam wird.“

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