Düsseldorf. Der Düsseldorfer Karneval hat viele Gesichter. Eines davon ist Bürgermeister Josef Hinkel. Seine Familie hat er mit dem närrischen Virus angesteckt.
Er ist ein Düsseldorfer Original. Und ohne Karneval geht da nichts, wie er bekundet: „Das ist im Rheinland ja normal.“ Wobei es bei Hinkels vielleicht doch eine Spur karnevalistischer zugegangen sein mag: „Meine Tante Maria war 1962 Venetia. Mein Vater war 1988 Prinz Kajo I.“ Und 2008 folgte dann der Sohnemann. Zusammen mit Venetia Barbara amtierte Josef Hinkel als Prinz Josef I. Klar, dass die Hinkel-Sippe sich auf den Karnevalsendspurt freut, der am Rosenmontag, 3. März, seinen Höhepunkt findet.
Denn auch der Hinkelsche Nachwuchs ist nicht frei vom närrischen Treiben geblieben: „Meine älteste war Pänz en de Bütt. Johannes war Karnevalsprinz, genauso wie Josef. Hannah war Venetia.“ Dem Karneval erhalten geblieben ist Josef junior – mittlerweile Brauerlehrling bei Schuhmacher: „Ein überzeugter Gardist.“ Und vielleicht irgendwann einmal Kommandeur.
+++ Folgen Sie der NRZ Düsseldorf jetzt auch bei Instagram! +++
Vier von fünf Kindern hat Hinkel, der durch seine Altstadt-Bäckerei auch als Kult-Bäcker in die Düsseldorfer Geschichte eingegangen ist. in den Karneval gebracht - und offensichtlich ist er damit ziemlich zufrieden. „Gerade meine Älteste als Pänz en de Bütt ist ja völlig schmerzbefreit vor Leuten. So als Kind, alleine mit dem Mikrophon auf der Bühne, das ist für die persönliche Entwicklung unbezahlbar.“ Und überhaupt: „Alle Düsseldorfer Karnevalsvereine leisten eine hervorragende Jugendarbeit.“
Josef Hinkel mag es, „aus der Rolle“ zu fallen
Doch es ist nicht nur die Jugendarbeit, die Hinkel schätzt. Der Mann kennt den Karneval von innen. Nicht nur als Vorsitzender im Förderverein Düsseldorfer Karneval, Hinkel war auch als CC-Präsident aktiv. Und dann ist er noch Senator bei den Weissfräcken – und übrigens maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Weissfräcke alljährlich den goldenen Lackschuh verleihen. Das Original trug seinerzeit Prinz Kajo I.
Wer den Karneval so gut kennt, der macht sich natürlich auch seine Gedanken über die fünfte Jahreszeit: „In der Karnevalszeit hat man die Möglichkeit, Dinge zu tun, die einen aus der Rolle herausspringen lassen. Man kann einfach mal anders sein. Psychologisch ist das so, dass der Karneval viele Blockaden löst. Der Kern von Karneval ist dieses aus der Rolle fallen.“
Außerdem bietet der Karneval jedem einen Platz. Hinkel streicht etwa den Verein Gemeinsam Jeck heraus, der für Inklusion im Karneval sorgt: „Als Prinz waren die Veranstaltungen mit Gemeinsam Jeck mit das Beste überhaupt. Erstmal ist es eine super Sache, Menschen mit Behinderung eine Bühne zu bieten“, sagt Hinkel. Und wenn Du dann dahin kommst – viele haben ja kaum Berührungsängste; und ich sowieso nicht – dann fallen Dir etliche direkt um den Hals. Und dann stehst Du da und knuddelst erstmal rum. Das ist so schön. Du merkst einfach, da geht ein Ventil auf. Da kriege ich jetzt noch Gänsehaut. Ich glaube, da sieht man, wie der Karneval wirkt.“
„Und dann stehst Du da und knuddelst erstmal rum. Das ist so schön. Du merkst einfach, da geht ein Ventil auf. Da kriege ich jetzt noch Gänsehaut.“
Der Karneval habe sich aber verändert. Er sei professioneller geworden. „Das ist der Lauf der Zeit. Man kann heute nicht einfach so einen Zug organisieren. Es braucht Sicherheitskonzepte, Fluchtwege. Da kommt man an einer Professionalisierung gar nicht vorbei. Außerdem sind die Preise explodiert“, so Hinkel. Der Karneval ist mittlerweile ein Event, eine richtige Großveranstaltung. Und das ist auch gut so. Allerdings schätze ich es schon, wenn die Leute in den Vereinen noch selbst auf die Bühne gehen. So war es ursprünglich – und das war auch nicht schlecht.“
Karneval ist auch immer politisch, vor allem in Düsseldorf
Doch Hinkel ist nicht nur Ex-Prinz und Weissfräcke-Senator, er ist eben auch Politiker. Also, wie schätzt er es ein: Ist der Düsseldorfer Karneval so politisch, wie gesagt wird? Grundsätzlich, so Hinkel, ist der Karneval sowieso politisch. „Früher war das vielleicht etwas weniger der Fall, wobei die Büttenreden immer mindestens einen politischen Anstrich hatten.“ Außerdem: „Als die Preußen noch da waren, war die Gardeuniform natürlich Satire.“ Politik und Karneval gehören zusammen. Gleichwohl: „Die heutige, stark politische Ausrichtung im Düsseldorfer Karneval hängt natürlich mit Jaques Tilly zusammen.“
Tilly sei ein Intellektueller. Absolut beeindruckend sei, was er erschaffe: „Kunst.“ Er könnte ihn sich auch als Professor an der Akademie vorstellen: „Er ist in der Lage, noch drei Tage vor Rosenmontag Ideen umzusetzen.“ Brandaktuell würden die Wagen nur durch ihn. Und er habe mit seiner Werkstatt eine echte Schule erschaffen. Doch genau deswegen macht sich Hinkel auch keine Sorgen: „Wenn Jaques Tilly in den Ruhestand geht, wird die Tradition weiterlaufen.“
- Die NRZ Düsseldorf bei WhatsApp: Hier kostenlos den Kanal abonnieren
Und auch eine andere feste Größe des Düsseldorfer Karnevals kann Hinkel gar nicht politisch genug sein: Der Hoppeditz. „Wir hatten ja schon Hoppeditz-Reden, die im Wortlaut in der Welt am Sonntag abgedruckt wurden. Sogar mit Kommentar. Der Hoppeditz muss politisch sein.“ Tom Bauer mache die Sache super, man verstehe sich gut. Dies wohl auch ein Grund, warum Josef Hinkel ein bevorzugtes Ziel der Hoppeditz-Reden ist. Böses Blut gibt es da selbstredend nicht: „Das ist einfach gut. Wenn der Hoppeditz mich so würdigt, das freut mich.“
Doch auch hier sieht Hinkel kein Problem der Nachfolge. „Wir hatten schon so gute Hoppeditze – Hermann Schmitz etwa, der einfach auf das Jan-Wellem-Denkmal geklettert ist und vom Hinterteil des Pferdes seine Rede gehalten hat.“ Der Hoppeditz sei die Inkarnation des Karnevals: „Diese Rolle – einfach mal allen die lange Nase zu zeigen. Herrlich. Und ganz ehrlich: Ich wäre gerne Hoppeditz geworden.“ Und irgendwie kommt das Gefühl auf, dass Hinkel auch diesen Job ziemlich gut erledigt hätte. (bel)
Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Düsseldorf