Düsseldorf. Das Japanviertel ist einer der geschichtsträchtigsten Orte der Stadt. Wie es entstand und was viele Japaner nach Düsseldorf gezogen hat.

Betritt man die Gegend rund um die Immermannstraße in der Düsseldorfer Innenstadt könnte man schnell glauben, man hätte beim Abbiegen die Bundesrepublik Deutschland verlassen und wäre augenblicklich in Japan gelandet. Ramen-Restaurants, Manga-Shops und japanische Einzelhändler reihen sich hier aneinander. Sogar einige Straßennamen sind zusätzlich mit japanischen Zeichen ausgeschildert. Ganz offensichtlich sind die Japaner und ihre Kultur dort tief verwurzelt.

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Und das ist nicht weiter verwunderlich, denn die Geschichte der japanischen Präsenz in Düsseldorf reicht weit zurück. Der älteste Bericht über Japaner in Düsseldorf geht auf den 17. Juli 1862 zurück. An diesem Tag soll sich eine japanische Delegation während eines Zwischenstopps im damaligen Bahnhof – am heutigen Graf-Adolf-Platz – mit Altbier erfrischt haben. Doch die eigentliche Entwicklung des heutigen Japanviertels begann erst in den 1950er Jahren, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Know-How und Stahl für den Wiederaufbau

In der Nachkriegszeit rückte die Schwerindustrie – vor allem Kohle und Stahl – in den Fokus. Die Stadt Düsseldorf, welche strategisch günstig zwischen dem zu dieser Zeit aufblühenden Ruhrgebiet und der damaligen Bundeshauptstadt Bonn lag, wurde zu einem attraktiven Standort für internationale Unternehmen. Unter anderem auch japanischer Betriebe, welche bisher nur in Berlin und vor allem Hamburg tätig waren. So ließ sich 1951 der erste japanische Geschäftsmann in der Landeshauptstadt nieder. Am 2. Dezember 1955 registrierte die Düsseldorfer Gewerbeaufsicht die erste japanische Firma in Düsseldorf: eine Niederlassung des Handelshauses Mitsubishi. Darauf folgten andere Big-Player aus Japan, wie beispielsweise die Bank of Tokyo.

Japan war nach dem Krieg auf einen zuverlässigen Partner für den Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Städte angewiesen – besonders in Sachen Stahl und Ingenieurswesen. Gleichzeitig brauchten deutsche Unternehmen Abnehmer für ihre nun fast im Überfluss produzierten Waren. Mit der Zeit erkannte die Stadt Düsseldorf Potenzial in den Unternehmen aus Fernost und begann aktiv mit dem Anwerben japanischer Betriebe.

Im Laufe der Jahre siedelten sich viele japanische Händler in Düsseldorf an, um ihre Waren dort zu vertreiben. So wie dieser Betreiber eines Supermarktes an der Immermannstraße 15.
Im Laufe der Jahre siedelten sich viele japanische Händler in Düsseldorf an, um ihre Waren dort zu vertreiben. So wie dieser Betreiber eines Supermarktes an der Immermannstraße 15. © Stadtarchiv Düsseldorf | Dieter Alsleben

Japanische Schule: Bildung als Wirtschaftsfaktor

In den 1960er Jahren verlagerte sich dann der wirtschaftliche Fokus der Partnerschaft vom reinen Rohstoffhandel zum Vertrieb japanischer Produkte in Europa. Das sorgte für einen weiteren Zuwachs an Händlern, Geschäftsleuten und Arbeitern. So wuchs die japanische Gemeinde in Düsseldorf sehr schnell und vervierfachte sich innerhalb von weniger als zehn Jahren auf etwa 1000 Personen. 

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Der intensive Handel und die Zuwanderung zogen natürlich auch weitere Geschäfte und Institutionen nach Düsseldorf. 1964 eröffnete das erste japanische Restaurant namens Nippon-Kan. Im Jahr 1966 zog dann eine Niederlassung der Japanischen Industrie- und Handelskammer nach Düsseldorf. Mit der Eröffnung der japanischen Schule 1971 wurde der Standort Düsseldorf für japanische Unternehmen dann endgültig zu einem wichtigen Dreh- und Angelpunkt.

Etwa ein Jahr nach ihrer Eröffnung wurde sie von der japanischen Regierung als Bildungseinrichtung im Ausland anerkannt, was bedeutet, dass die dort erworbenen Bildungsabschlüsse auch in Japan gültig sind. Das ermöglichte es japanischen Angestellten gemeinsam mit ihren Familien nach Düsseldorf zu ziehen, um zu arbeiten. Zahlreiche Unternehmen nahmen die Eröffnung der Schule zum Anlass, ihre deutschen und europäischen Niederlassungen nach Düsseldorf zu verlegen. 1975 berichtete der Spiegel sogar über eine „Invasion japanischer Wirtschaftsunternehmen“ in Düsseldorf.

Nippon-Kan – das erste japanische Restaurant in Düsseldorf – hatte ganze 46 Jahre geöffnet. Im Jahr 2010 musste es schließen.
Nippon-Kan – das erste japanische Restaurant in Düsseldorf – hatte ganze 46 Jahre geöffnet. Im Jahr 2010 musste es schließen. © Stadtarchiv Düsseldorf | Günter Weirich

Das Deutsch-Japanische-Center an der Immermannstraße: der Grundstein von „Little Tokyo“

Mittlerweile zeichneten sich den engen Beziehungen mit Japan auch im Stadtbild ab. So eröffnete beispielsweise im Jahr 1974 mit Takagi in Düsseldorf, die Erste japanische Buchhandlung in Europa. Im Folgejahr eröffnete dann der japanische Garten im Nordpark. Dieser war ein Geschenk des japanischen Botschafters an die Stadt, um den in Düsseldorf lebenden Japanern ein kleines Stück Heimat zu geben.

An der Immermannstraße – um welche herum sich heute das Japanische Viertel erstreckt – wurde im Jahr 1978 das Deutsch-Japanische-Center eröffnet. Dieses umfasst etwa 12.000 Quadratmeter Bürofläche, verschiedene Geschäfte und ein Hotel. Es war lange Zeit Sitz der japanischen Handelskammer in Düsseldorf, der Sitz des Generalkonsulats und europäischer Hauptstandort des Marubeni-Konzerns. Durch die dort ansässigen, japanischen Unternehmen, Geschäfte und Institutionen siedelten sich natürlich schon bald ebenfalls japanische Händler und Gastronomen in der Gegend an. Dadurch hatte sich während der 1980er Jahre bereits ein weit gespanntes Netz von Händlern, Unternehmern, Angestellten und deren Familien in Düsseldorf – und vor allem um die Immermannstraße herum – gebildet. So entstand nach und nach das Japanviertel, das sogar noch weitere Menschen anzog.

Der Innenhof des damals frisch errichteten Japan-Centers an der Immermannstraße in Düsseldorf.
Der Innenhof des damals frisch errichteten Japan-Centers an der Immermannstraße in Düsseldorf. © Stadtarchiv Düsseldorf | Heinz Gräf

Japan war also nicht mehr nur ein starker Handelspartner, sondern mittlerweile auch ein touristischer Faktor für Düsseldorf, denn aus dem gesamten Umland kamen Besucher in die Stadt, um die japanische Kultur auch in Deutschland erleben zu können. Dadurch florierte die Gastronomie und der Einzelhandel in „Little Tokyo“, weshalb noch mehr Japaner nach Düsseldorf kamen, um hier ein Geschäft zu eröffnen. Die Stadt wurde für Japan so wichtig, dass 1993 sogar das japanische Kaiserpaar Akihito und Michiko die Landeshauptstadt besuchte. Erst als Japan während der 1990er Jahre eine große Wirtschaftskrise erlitt, flachte die Zuwanderung nach Düsseldorf ab, denn vielen Unternehmen fehlte das Geld für Investitionen und Dependancen im Ausland.

Japantag in Düsseldorf – Düsseldorftag in Tokyo

Doch die schwindende Anzahl an japanischen Zuwanderern änderte nichts an dem positiven Verhältnis, dass Düsseldorf mit dem fernöstlichen Inselstaat pflegt. So basiert eines der bekanntesten Events, das die Stadt Düsseldorf zu bieten hat, auf ebendiesem Verhältnis: der Japantag, das vielleicht größte japanische Kulturfest Europas. Seit 2002 zieht er jährlich über eine halbe Million Besucher an die Rheinuferpromenade, in die Altstadt und in die Innenstadt, um die fernöstliche Kultur zu feiern.

Nachdem sich dann die japanische Wirtschaft über die Jahre erholt hatte, stiegen die Zahlen der japanischen Zuwanderer im Jahr 2006 erstmals wieder an. Als Reaktion auf diese neuerliche Zuwanderung hat der Fußballverein Fortuna Düsseldorf mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit in Richtung der japanischen Gemeinde in der Stadt begonnen. So erscheint seit 2008 quartalsweise sogar das Clubmagazin „Fortuna Aktuell“ in japanischer Sprache.

Doch Düsseldorf hinterlässt auch seinen Eindruck in Japan, denn der größte Teil der Zuwanderer kommt lediglich für ein paar Jahre in die Stadt. Damit sie nach ihrer Rückkehr nach Japan ein Stück „alte Heimat“ erleben können, gib es regelmäßig den „Düsseldorf Abend“ in Tokio. Dort können Japaner, die einst selbst in Düsseldorf gelebt haben, bei Altbier und rheinischer Küche in Erinnerungen schwelgen. Der letzte Düsseldorf-Abend im September 2019 hatte weit über 1.000 Gäste.

Auch im Jahr 2024 hat der Japantag wieder für zahlreiche Besucher in Düsseldorf gesorgt.
Auch im Jahr 2024 hat der Japantag wieder für zahlreiche Besucher in Düsseldorf gesorgt. © FUNKE Foto Services | Oleksandr Voskresenskyi

Düsseldorf und Japan: Bis heute eine fruchtbare Partnerschaft

Mittlerweile leben mehr als 8000 Japaner in der Landeshauptstadt und die 410 japanischen Unternehmen bilden einen wichtigen Teil der regionalen Wirtschaft. Die Geschichte des Düsseldorfer Japanviertels ist ein beeindruckendes Beispiel für erfolgreichen wirtschaftlichen und kulturellen Austausch. Von den Anfängen in den 1950er Jahren hat sich „Little Tokyo“ zu einem lebendigen und unverzichtbaren Teil der Düsseldorfer Stadtlandschaft entwickelt.

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