Düsseldorf. In Düsseldorf soll eine neue Kampagne motivieren, sich mit dem Thema Organspende auseinanderzusetzen. Wie Mediziner die Lage vor Ort einschätzen.

Es ist wohl eines der schwierigsten Gespräche, das Ärztinnen und Ärzte in ihrer Laufbahn bevorsteht. Mit Angehörigen im Sterben Liegender und den Hinterbliebenen kürzlich Verstorbener muss eine Frage geklärt werden: War er oder sie Organspender? „Das ist eine absolute Ausnahmesituation“, erklärt Professorin Kirsten Schmieder, Ärztliche Direktorin und Vorstandsvorsitzende der Uniklinik Düsseldorf (UKD). Dabei bezieht sie sich sowohl auf die Lage der Mediziner als auch auf die der Betroffenen. Denn die Organe werden dringend gebraucht.

Organspende: Ausnahmesituation für Mediziner und Betroffene in Düsseldorf

An diesem Dienstag, 12. November, spreche sie nicht nur für die Uniklinik, sondern als Vertreterin aller Düsseldorfer Krankenhäuser. Und in dieser Funktion spricht sie sich aus, für eine neue Kampagne der Stadt Düsseldorf und der dort angesiedelten Kliniken. Diese läuft unter dem Titel „Selbstbestimmt“ und nimmt den Aspekt der bewussten Wahl, Organspenderin oder -spender zu werden oder eben nicht, in den Fokus.

Die Last der Wahl solle damit auch von den Angehörigen genommen werden, erklärt Schmieder. „Das Thema Organspende kommt für viele im Alltag gar nicht vor.“ Umso wichtiger sei es deshalb, dass man sich mit dem Thema auseinandersetze, bevor man dazu nicht mehr in der Lage ist und die Wahl häufig überforderten und trauernden Menschen aus dem Umfeld zufiele. Diese seien dann auch häufig mit vielen einseitigen oder „Falschinformationen“ konfrontiert, so die Medizinerin. „Als ehemaliger Neurochirurgin ist mir das Thema Organspende in verschiedenster Weise untergekommen.“ Und sicher ist sie sich bei einem: Alle sind in irgendeiner Weise betroffen.

Düsseldorfs OB Stephan Keller (CDU) und Prof. Dr. Kirsten Schmieder, Ärztliche Direktorin des Universitätsklinikums Düsseldorf, zum Kampagnenstart von „Selbstbestimmt“.
Düsseldorfs OB Stephan Keller (CDU) und Prof. Dr. Kirsten Schmieder, Ärztliche Direktorin des Universitätsklinikums Düsseldorf, zum Kampagnenstart von „Selbstbestimmt“. © NRZ | Lucas Gangluff

Zu wenig Spenderorgane: Düsseldorfer Medizinerin sieht „Fehler im System“

So etwa an vorderster Front die Medizinerinnen und Mediziner. „Wir als Uniklinik Düsseldorf kriegen das als Transplantationszentrum immer sehr direkt mit“, berichtet Schmieder. Dass in Deutschland dem Menschen erst in akuten Notsituationen ein Spenderorgan zusteht, sieht sie als „Fehler im System“. Man könne viel Leid verhindern, wenn Patienten schon in frühen Krankheits-Stadien Organspenden erhalten würden. Dafür seien aber einfach nicht genügend vorhanden. Diesen Mangel hätten die Beschäftigten, „die sich mit großem persönlichen Einsatz“ engagieren, „jeden Tag vor Augen“.

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Wie viele Spenderorgane an den Düsseldorfer Kliniken fehlen, ließe sich dabei allerdings nur anhand der Wartelisten schätzen. „Ich gehe davon aus, dass es eine immens hohe Dunkelziffer gibt“, so die UKD-Vorstandsvorsitzende. Daniel Schrader koordiniert die Organspenden an der Uniklinik und erklärt, was dort aktuell geleistet wird: „Im Jahr führen wir 40 bis 50 Herztransplantationen durch. Damit sind wir das zweitgrößte Zentrum in Deutschland. Bei Nierentransplantationen sind es 70 bis 80.“ Auf diesen Bedarf kämen allerdings nur 10 bis 15 Organspenden im Jahr – „Und damit sind wir als Klinik in Deutschland vorne mit dabei“, betont er. Die traurige Wahrheit ist jedoch: Hätte man mehr Spenderorgane, könnte man noch viel mehr leisten.

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Organspendenaktion beim Heimspiel der Düsseldorfer EG am 16. November geplant

Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU), Schirmherr der Kampagne, blickt mit Sorge auf die Situation in Deutschland, wo rund 8.500 schwer erkrankte Menschen auf ein Spenderorgan warten würden und wo jedes Jahr rund tausend Patienten die lebensrettende Transplantation verwehrt bliebe. „Es ist uns wichtig, dass die Menschen eine selbstbestimmte Entscheidung treffen.“ Durch politische Entscheidungen Abhilfe zu schaffen, sei ein langwieriger Prozess, deshalb setze man jetzt auf „die zweitbeste Lösung“ und wolle die Menschen direkt ansprechen und motivieren.

Drei der Motive der Organspende-Kampagne „Selbstbestimmt“ in Düsseldorf.
Drei der Motive der Organspende-Kampagne „Selbstbestimmt“ in Düsseldorf. © NRZ | Lucas Gangluff

So stützt sich die Kampagne „Selbstbestimmt“ auf digitale und auch ganz physische Plakate und Flyer, auf denen sechs Menschen aus Düsseldorf zur Organspende aufrufen. Über die Website www.dus-selbst-bestimmt.de enthalten Interessierte kompakte Informationen zur Organspende und Möglichkeiten direkt einen Ausweis bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu beantragen.

Darüber hinaus seien verschiedene Veranstaltungen geplant, um die Menschen in Düsseldorf direkt zu erreichen und über die Organspende zu informieren. Die erste Aktion findet am Sonntag, 17. November 2024, um 16.30 Uhr beim Heimspiel der Düsseldorfer EG gegen Nürnberg statt.

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