Essener. 54 Essener sind im vergangenen Jahr gestorben, weil für sie ein Spenderorgan fehlte. Für über 600 Patienten auf der Warteliste läuft die Zeit.

Es ist ein Wettlauf mit der Zeit – und den bezahlen jedes Jahr auch viele Essener und Essenerinnen mit dem Tod: Im Jahr 2023 sind 54 schwerkranke Menschen in unserer Stadt gestorben, weil das für sie lebensnotwendige Spenderorgan nicht rechtzeitig verfügbar war. Mit den dramatischen Zahlen wollen die AOK Rheinland/Hamburg und das Westdeutsche Zentrum für Organtransplantation (WZO) der Uniklinik Essen auf das Thema aufmerksam machen. Spitzenmedizin gerate an ihre Grenzen, wenn die Bereitschaft zur Organspende nicht zunehme.

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Allein in Essen standen demnach im vergangenen Jahr 655 Personen auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Die Männer, Frauen und Kinder hofften auf 443 Nieren, 76 Lebern, 73 Lungen und 63 Herzen. 183 von ihnen habe man durch postmortale Organspenden sowie durch Lebendspenden helfen können. Neben den 54 Patienten, die verstarben, bleiben also weitere auf der Warteliste, die in diesem Jahr auf die rettende Operation hoffen. Und neue Betroffene kommen hinzu.

In dieser Fusion von medizinischer Exzellenz und altruistischem Handeln liegt die wahre Stärke unserer Gesellschaft.“
Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor der Uniklinik Essen, über Organspenden.

„Die Transplantationsmedizin und Organspende verkörpern die Spitzenmedizin unserer Zeit – sie vereinen Wissenschaft, Technologie und menschliche Fürsorge, um Leben zu retten und Hoffnung zu schenken“, betont der Ärztliche Direktor der Uniklinik und Vorstandsvorsitzende der Universitätsmedizin Essen, Prof. Dr. Jochen A. Werner. „In dieser Fusion von medizinischer Exzellenz und altruistischem Handeln liegt die wahre Stärke unserer Gesellschaft.“

Uniklinik Essen braucht Spenderorgane für schwerkranke Patienten

Werben für die Organspende: Dr. Ebru Yildiz, Leiterin des Westdeutschen Zentrums für Organtransplantation an der Uniklinik Essen und der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Prof. Dr. Jochen Werner.
Werben für die Organspende: Dr. Ebru Yildiz, Leiterin des Westdeutschen Zentrums für Organtransplantation an der Uniklinik Essen und der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Prof. Dr. Jochen Werner. © dpa | Oliver Berg

An der Universitätsmedizin haben sich Ärzte und Wissenschaftler vor Jahrzehnten im Westdeutschen Zentrum für Organtransplantation zusammengeschlossen, um ihre Expertise zu bündeln. Dabei setzen sie auf innovative Technologien, die ständig fortentwickelt werden. So führe man seit diesem Jahr robotische Operationen bei Lebertransplantationen durch, „um die Ergebnisse weiter zu optimieren“.

Auch seltene Kombinations-Operationen habe man bereits erfolgreich durchgeführt. Darunter die kombinierte Leber- und Lungentransplantation oder die kombinierte Transplantation von Herz und Leber. Doch mit dem medizinischen Fortschritt geht hierzulande keine vergleichbare Entwicklung bei der Spendenbereitschaft einher.

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Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann, macht sich daher für die sogenannte Widerspruchslösung stark, wie sie in anderen Ländern angewandt wird: Danach ist jeder nach seinem Tod automatisch ein potenzieller Organspender – sofern er dem nicht zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen hat.

In Deutschland ist die Regelung aktuell umgekehrt: Nur wer, etwa durch einen Organspendeausweis, die Bereitschaft zur Spende dokumentiert hat, kommt dafür später infrage. Seit Mitte März gibt es die Möglichkeit, sich in das neue bundesweite Organspende-Register eintragen zu lassen. Der Eintrag ist freiwillig, kostenlos und kann jederzeit geändert werden. Ab Juli 2024 können die Krankenhäuser auf das elektronische Register zugreifen, um so schnell Klarheit über die Spendenbereitschaft erhalten. Die Bundesregierung erhofft sich von dem Register mehr Rechtssicherheit.

1800 Menschen in Nordrhein-Westfalen warten auf ein Spenderorgan

Wertvolle Fracht: In diesem Styropor-Behälter werden zur Transplantation vorgesehene Organe transportiert. (Archivbild).
Wertvolle Fracht: In diesem Styropor-Behälter werden zur Transplantation vorgesehene Organe transportiert. (Archivbild). © dpa | Soeren Stache

Karl-Josef Laumann will auf das Thema auch als Schirmherr der Kampagne #NRWEntscheidetSich aufmerksam machen. In NRW warten derzeit 1800 Menschen auf ein Spenderorgan, doch 2023 wurden nur 166 Organe gespendet. „Die Organspenderzahlen sind seit Jahren auf einem niedrigen Niveau“, bedauert der Minister. „Zugleich zeigen Umfragen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung immer wieder, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung der Organspende positiv gegenübersteht.“ Umso wichtiger sei es, die Menschen nun aufzuklären und aufzurütteln.

Schwere Entscheidung nicht den Angehörigen überlassen

Bei der Kampagne solle es nicht um richtig oder falsch gehen, sondern darum, „dass größere Teile der Bevölkerung sich überhaupt mit dem Thema Organspende befassen und eine Wahl treffen“. Beim Vorläufer-Projekt #RuhrEntscheidetSich, das seit einigen Monaten läuft, ist das offenbar gelungen: Über die Internetseite ruhrentscheidetsich.de wurden schon mehr als 7.000 Organspendeausweise bestellt.

Indem wir unsere Entscheidung dokumentieren, nehmen wir unseren Liebsten die Last ab, im schlimmsten Moment unseres Lebens diese schwierige Entscheidung treffen zu müssen.“
Dr. Ebru Yildiz, Leiterin des Westdeutschen Zentrums für Organtransplantation an der Uniklinik Essen, über die Organspende.

Partner der nun erweiterten Kampagne sind die AOK Rheinland/Hamburg sowie die Universitätsmedizin Essen mit dem WZO. Dessen Leiterin, Dr. Ebru Yildiz, nennt die Entscheidung über die Organspende eine persönliche und eine gesellschaftliche Verantwortung, die jeder zu Lebzeiten treffen sollte. „Indem wir unsere Entscheidung dokumentieren, nehmen wir unseren Liebsten die Last ab, im schlimmsten Moment unseres Lebens diese schwierige Entscheidung treffen zu müssen.“ Yildiz bittet auch für die Patienten auf der Warteliste: „Lasst uns diese bedeutende Entscheidung heute treffen, um Hoffnung und Heilung in Zukunft zu schenken.“

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