Düsseldorf. In Düsseldorf wird der Auftrag für die Fluggastkontrollen neu vergeben. Bislang galt der DSW als Favorit. Nun gab es eine überraschende Wendung.

Bereits vor einigen Wochen machte die Nachricht die Runde, dass der umstrittene Sicherheitsdienstleister Deutscher Schutz- und Wachdienst (DSW) für vier weitere Jahre die Fluggastkontrollen am Düsseldorfer Flughafen übernehmen soll. Der DSW war in der Vergangenheit immer wieder in die Kritik geraten – „unfassbar“ sei daher eine Auftragsvergabe unter solchen Bedingungen, findet Özay Tarim von der Gewerkschaft Verdi (NRZ berichtete). Doch nun deutet sich eine überraschende Wendung in dem Prozess an.

Verdi: „I-Sec hat Rüge eingereicht“

Zum Hintergrund: Das Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums, das bei dieser Auftragsvergabe die Federführung innehat, meldete am 18. beziehungsweise 19. September, dass der DSW den Zuschlag erhalten würde. Allerdings war die Entscheidung zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz in trockenen Tüchern. Denn nach der Bekanntgabe haben die im Vergabeprozess unterlegenen Firmen die Möglichkeit, gegen die Entscheidung Einspruch einzulegen. Die Frist beläuft sich auf 15 Tage nach Erhalt der Vergabeinformation.

Die Frist verstrich, eine finale Entscheidung seitens des Beschaffungsamts wurde nicht kommuniziert. Nun aber das: Nach Informationen von Verdi hat tatsächlich ein unterlegenes Unternehmen Einspruch eingelegt. Dabei handelt es sich dem Vernehmen nach um die niederländische Firma I-Sec.

Eine Anfrage an das Unternehmen blieb bisher unbeantwortet. Wie Özay Tarim, Gewerkschaftssekretär der Verdi im Gespräch mit der NRZ erzählt, wisse er noch nichts über die Gründe: „Die Gründe für den Einspruch beziehungsweise Rüge von I-Sec sind uns nicht bekannt.“ Tatsächlich folgt aus diesem Einspruch aber nicht automatisch, dass der DSW den Zuschlag nicht doch erhält. Viele Fragen bleiben vorerst offen.

Gewerkschaft kritisiert Arbeitsbedingungen beim DSW

Aufgrund der unklaren Lage blickt der Verdi-Mann aktuell mit Sorge auf die Beschäftigten: „Die aktuelle Situation wirft Fragen auf, ob die Kriterien für die Vergabe objektiv und transparent waren. In diesem Zusammenhang dürfen wir nicht vergessen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Fluggastkontrollen durchführen, unter enormem Druck stehen und auf ein sicheres Arbeitsumfeld angewiesen sind. Wenn unzuverlässige Firmen den Zuschlag erhalten, hat das auch Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten.“

Und das wiederum könnte sich auf die Luftsicherheit am Düsseldorfer Flughafen auswirken. Die Gewerkschaft betont, sie wolle „weiter gegen die Missstände bei den profitorientierten privaten Sicherheitsfirmen und für bessere Arbeitsbedingungen in der Luftsicherheitsbranche kämpfen“.

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Und es wird nochmals an das Beschaffungsamt appelliert: „Die Auftragsvergabe der Luftsicherheitskontrollen am Flughafen Düsseldorf an die – aus unserer Sicht – unzuverlässige Firma DSW wäre eine absolute Fehlentscheidung!“. Wer sich indes nicht zur Causa äußert, ist der DSW. Von dort möchte man die Angelegenheit nicht kommentieren. Das Bundesinnenministerium wiederum stellt klar, dass man sich „zu laufenden Vergabeverfahren und einzelnen Bietern gründsätzlich nicht äußern“ wolle.

Gründe für die Rüge bleiben unklar

Und auch der Flughafen „möchte die Situation nicht kommentieren“. Ein Sprecher teilte mit, dass der Flughafen Düsseldorf keinen Einfluss auf den Vergabeprozess habe. Und der zieht sich nun ziemlich in die Länge. Tarim: „Wir fragen uns, warum der Vergabeprozess überhaupt so lange dauert.“ Auch gegenüber der Gewerkschaft äußern sich die Beteiligten nicht. Aber: „Wir denken, es muss etwas Gravierendes sein, das die Verzögerung bedingt.“ Außerdem bleibt die Frage, warum I-Sec überhaupt widersprochen hat.

Besonders pikant dabei: Der DSW wurde von der Bundespolizei im Herbst 2022 zwei Mal abgemahnt. Die Bundespolizei bestätigte dies auch gegenüber unserer Redaktion. Allerdings könne man sich zu „Einzelheiten zu den Abmahnungen aus vertragsrechtlichen Gründen“ nicht äußern. Verdi allerdings hat in Erfahrung gebracht, dass die Bundespolizei damals die Firma I-Sec damit beauftragt habe, dem DSW unter die Arme zu greifen. Genau das Unternehmen, das nun gegen die Vergabe Einspruch eingelegt hat, musste dem DSW also mit Manpower zur Seite springen.

Ein weiterer Kritikpunkt für Özay Tarim: „Damit ist die Aussage ja klar. Die Bundespolizei hat dem DSW nicht zugetraut, dass er seine Aufgaben erledigt. Wie kann es dann sein, dass der DSW nun eine Vertragsverlängerung erwarten kann? Wenn ich einen befristeten Arbeitnehmer zweimal abmahne, dann würde ich mich als Arbeitgeber nach der Frist anders orientieren.“ Doch was für Arbeitnehmer gelte, gelte eben augenscheinlich nicht für Unternehmen. Auch wenn die Wirtschaftlichkeit des Angebotes laut Bundesinnenministerium zu lediglich 40 Prozent in die Angebotsbewertung einginge: Der Verdacht erhärtet sich, dass es bei der Vergabe eben doch vor allem ums Geld geht. Und das hält die Gewerkschaft grundsätzlich für falsch.

Gewerkschaft fordert, dass Luftsicherheit durch die öffentliche Hand geregelt wird

Für den Luftsicherheitsexperten der Verdi scheint der Fall jedenfalls klar: „Die Luftsicherheit wird hier wie eine Ware verkauft.“ Ein Arbeitgeber wie der DSW solle nicht mit einer so gewichtigen Aufgabe betraut werden, fordert die Gewerkschaft. Özay Tarim geht es dabei aber um mehr: „Luftsicherheit ist eine hoheitliche Aufgabe des Staates – also gehört sie in die öffentliche Hand.“ Denn auch wenn der DSW den Auftrag nun nicht bekommen sollte, „das System bleibt das Gleiche“.

Doch dass der Vergabeprozess nun schon so lange läuft, birgt auch ein weiteres Problem, wie Tarim erklärt: „Der in Frage stehende Auftrag geht am 1. Januar 2025 los. Niemand weiß, wer den Auftrag bekommt und wir haben fast schon November.“ Ob im Falle einer Übernahme des Auftrags durch einen Mitbewerber die Zeit reicht, alles nötige zu organisieren, bleibt fraglich. Wenigstens aber steht fest, dass die Beschäftigten bestehen bleiben. „Weil der DSW und I-Sec Mitglied im gleichen Arbeitgeberverband sind, mit denen wir Tarifverträge haben, ändert sich für die Beschäftigten nicht viel. Im Prinzip tauschen sie nur die Uniform.“

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