Voerde/Dinslaken. Bahnkunden müssen sich ab November auf massive Einschränkungen und 80 Wochen Sperrpause einstellen. Was in Dinslaken und Voerde geplant ist.

Die Geduld der Bahnreisenden entlang der Betuwe-Strecke Emmerich-Oberhausen wird ab diesem Spätherbst auf eine harte Probe gestellt: Mit einer dreieinhalbwöchigen Vollsperrung auf der gesamten Trasse beginnen im Zuge der laufenden Ausbauarbeiten entlang der Bahnlinie am 1. November 2024 die massiven Einschränkungen im Zugverkehr, die sich bis Mitte Mai 2026 hinziehen und sich damit über insgesamt 80 Wochen erstrecken werden.

Die Phase, in der die komplette Trasse zwischen Emmerich und Oberhausen nicht befahren wird, umfasst insgesamt mehr als 20 Wochen und mithin 30 Prozent der 19-monatigen Bauzeit. Zum überwiegenden Teil greift vom 1. November 2024 bis 17. Mai 2026 eine Teilsperrung zwischen dem Voerder Stadtteil Friedrichsfeld und Wesel. Auf diesem Abschnitt wird die Bahntrasse ab dem 25. November in der Zeit, in der die Strecke nicht komplett gesperrt ist, nur eingleisig betrieben. Dies wird knapp 60 Wochen der Fall sein und 70 Prozent der 19-monatigen Bauzeit ausmachen.

Ein Grund für die lange Sperrzeit ist, dass in Wesel die Eisenbahnbrücke über die Lippe erneuert wird. Ab Spätherbst 2024 erfolgt der Rückbau der bestehenden Überführung. Das fertige neue Brückenteil liegt bereits an Ort und Stelle und wird am 11. und 12. September eingeschoben. Im Mittelpunkt der Arbeiten zwischen Wesel und Friedrichsfeld steht, dass in die Eisenbahnbrücke über den Wesel-Datteln-Kanal beseitigt und durch eine neue ersetzt wird. Auch der Friedrichsfelder Bahnhof wird umgebaut und deshalb im Gewerbegebiet „Am Industriepark“ eine provisorische Haltestelle eingerichtet. Dabei handelt es sich um einen Kopfbahnhof mit Park&Ride-Parkplatz, der am 25. November, also mit Beginn der eingleisigen Streckenführung zwischen Friedrichsfeld und Wesel in Betrieb gehen wird, wie es am Donnerstag bei einem digitalen Pressegespräch der Deutschen Bahn hieß.

Diese Arbeiten erfolgen während der langen Sperrzeit in Dinslaken

Außerdem werden während der 80-wöchigen Sperrzeit etwa 16 Kilometer des neuen dritten Gleises in Oberhausen, Dinslaken, Voerde und Haldern verlegt, zudem in Dinslaken und Voerde sieben Kilometer neue Schallschutzwände gebaut. In Dinslaken erfolgen in der Zeit überdies unter anderem weitere Arbeiten an der Eisenbahnüberführung (EÜ) Holtener Straße, der Abschluss der Arbeiten für den zweiten Überbau an der EÜ Weseler Straße (B8), der Bau einer Schallschutzwandbrücke an der EÜ Hiesfelder Straße oder der Bau des dritten Gleises zwischen dem Bahnhof Dinslaken und dem Lohberger Entwässerungsgraben.

Die Eisenbahnüberführung über den Wesel-Datteln-Kanal in Friedrichsfeld wird zurückgebaut und durch ein neues Bauwerk ersetzt.
Die Eisenbahnüberführung über den Wesel-Datteln-Kanal in Friedrichsfeld wird zurückgebaut und durch ein neues Bauwerk ersetzt. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Während der eingleisigen Sperrung auf dem etwa 3,5 Kilometer langen Teilstück zwischen Friedrichsfeld und Wesel werden der RE 5 (Wesel-Koblenz) und der RE 49 (Wesel-Wuppertal) in dem Abschnitt nur am provisorischen Kopfbahnhof in Friedrichsfeld Halt machen, dort ist der End- und Startpunkt. Wer weiter nach Wesel möchte, muss in den Schienenersatzverkehr (SEV) umsteigen. Das Gleiche gilt für jene, die mit dem RE 5 oder dem RE 49 von Wesel aus weiter möchten. Für sie geht es mit dem SEV zur Ersatzhaltestelle in Friedrichsfeld. Dort wird wiederum der RE 19 (Düsseldorf Hbf-Arnhem Centraal) in der Zeit der eingleisigen Sperrung in beiden Richtungen nicht halten. Insofern ist ein Einstieg am Bahnhof Voerde oder Wesel erforderlich.

Projektleiter: Wir wissen, was wir Bahnpendlern zumuten

Detaillierte Informationen zum SEV will die Deutsche Bahn nach eigener Aussage rechtzeitig vor Beginn der 80 Wochen dauernden Sperrzeit bekanntgeben. „Wir sind uns bewusst, was wir den Pendlern zumuten“, erklärte Stefan Ventzke. Der Projektleiter für den dreigleisigen Betuwe-Ausbau zwischen Emmerich und Oberhausen bezeichnet die am 1. November beginnende und bis Mitte Mai 2026 dauernde Bauphase als „in der Geschichte des Ausbauprojekts einmalig“. Man wisse, dass die 80 Wochen Bauzeit auch für die betroffenen Anwohner eine Herausforderung seien. „Wir werden versuchen, den Baulärm zu minimieren“, versichert Ventzke.

Eine besondere Herausforderung bedeute der Neubau der Eisenbahnbrücke über den Wesel-Datteln-Kanal zwischen Friedrichsfeld und Wesel. Das Bauwerk müsse nicht nur für das dritte Gleis erweitert werden, sondern auch für den darunter herführenden Schiffsverkehr angepasst, sprich, 1,50 Meter höher als bisher gebaut werden. Die Bahn spricht von „anspruchsvollen Arbeiten rund um den Kanal“: Die beiden bestehenden, jeweils rund 213 Tonnen schweren Stahlbrücken werden abgerissen.

In Friedrichsfeld werden rund 50.000 Kubikmeter Erdreich bewegt

Um den Anschluss des neuen Bauwerks an die Strecke herzustellen, passe das Projektteam auch die bestehende Infrastruktur vor und hinter der Brücke an. Hierfür tragen die Fachleute im ersten Schritt die bestehende Gleisanlage auf einer Gesamtlänge von drei Kilometern bis zu zwei Meter tief ab. Allein dafür bewegen sie rund 50.000 Kubikmeter Erdreich. Im Nachgang bauen sie den Bahndamm Stück für Stück neu auf. Danach starten hier die Arbeiten für das neue dritte Gleis“, erläutert die Bahn. Darüber hinaus wird die Eisenbahnbrücke an der Poststraße komplett neu errichtet und für das dritte Gleis erweitert.

Nicht zu vergessen: der Bahnhof Friedrichsfeld. Der Haltepunkt wird umgebaut. Der Mittelbahnsteig entfällt. Die Bahnreisenden steigen nach dem Umbau an zwei Außenbahnsteigen ein. Erreichbar werden die Gleise über eine Rampenanlage und über einen Aufzug sein. Für Letzteres hatte die Stadt Voerde lange gekämpft. Die Bahn hatte ursprünglich an dem Haltepunkt nur mit einer etwa 150 Meter langen Rampe als Zugang hinauf zu den Gleisen geplant und lange auf dieser Lösung beharrt.

Die Streckensperrungen ab 1. November 2024

Vollsperrungen: 1. November bis 24. November 2024, 30. November und 1. Dezember 2024, 7./8. Dezember 2024

18./19. Januar 2025; 22. Februar bis 2. März 2025; 12. bis 27. April 2025, 10./11. Mai 2025, 14./15. Juni 2025, 28. Juni bis 24. August 2025, 20. Oktober bis 2. November 2025, 6./7. Dezember 2025.

3./4. Januar 2026, 21./22. Februar 2026, 21./22. März 2026, 20. April bis 17. Mai 2026.

Teilsperrung: Die Strecke zwischen Friedrichsfeld und Wesel ist darüber hinaus zwischen 25. November 2024 und 19. April 2025 teilgesperrt und nur eingleisig befahrbar.

Mit dem Ende der Bauarbeiten im Mai 2026 erreiche die Bahn „einen wichtigen Meilenstein“: Rund 60 Prozent der Ausbauarbeiten zwischen Friedrichsfeld und Wesel werden zu diesem Zeitpunkt nach Angaben der Deutschen Bahn „bereits abgeschlossen sein“. Auch markiere der Abschluss des 80-wöchigen Baumarathons Mitte Mai 2026 eine „wichtige Zwischenetappe“ im Zuge des Ausbauprojektes: „Seit dem Spatenstich im Jahr 2017 wird die DB dann 52 Kilometer Gleise neu bzw. umgebaut haben. Außerdem stehen zu diesem Zeitpunkt bereits knapp zwölf Kilometer der neuen Schallschutzwände und 38 Kilometer der neuen Oberleitungsanlage. Zusätzlich werden auch insgesamt 62 Weichen erneuert und 45 Brücken entlang der Strecke erweitert bzw. neu gebaut sein.