Aktionäre der Hypo Real Estate haben die inzwischen verstaatlichte Bank auf mehr als 200 Millionen Euro Schadenersatz verklagt.

München/Berlin. Die Aktionäre der Hypo Real Estate haben viel Geld verloren, jetzt verklagen sie die inzwischen verstaatlichte Bank auf mehr als 200 Millionen Euro Schadenersatz. Der frühere Vorstand unter Georg Funke habe die Anleger systematisch über die Schieflage der Bank getäuscht, sagte Klägeranwalt Andreas Tilp der „Süddeutschen Zeitung“.

Die Grünen dringen unterdessen darauf, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem HRE-Untersuchungsausschuss aussagt. Er geht der Frage nach, ob die Bundesregierung bei der Rettung der Bank die Interessen der Steuerzahler gewahrt hat.

Der Prozess gegen die HRE soll am kommenden Donnerstag vor der selben Kammer des Münchner Landgerichts eröffnet werden, die die Bank in einem anderen Verfahren bereits zu 4000 Euro Schadenersatz verurteilt hatte. Das Geld muss letztlich der Steuerzahler zahlen.

Klage wird vermutlich noch aufgestockt

Ein Sprecher der Bank wollte sich zu dem bevorstehenden Sammelverfahren nicht äußern. Der Tübinger Jurist Tilp und sein nordrhein-westfälischer Kollege Christian Wefers verlangen für mehrere Kapitalanlagefonds und Pensionsgesellschaften aus Deutschland und anderen Ländern in einem ersten Schritt mehr als 200 Millionen Euro Schadenersatz, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete.

Eine Aufstockung der Klage um mehrere Hundert Millionen Euro sei absehbar. Hätten die Anleger die prekäre Lage der HRE gekannt, hätten sie keine Aktien gekauft, sagte Tilp. Die Bank habe Risiken bewusst verschwiegen. „Wir gehen von fortlaufenden Verstößen von Juli 2007 bis Oktober 2008 aus“, sagte der Anwalt.

Das Münchner Landgericht hat allerdings nur Klägern, die zwischen 27. November 2007 und 15. Januar 2008 Aktien der Bank gekauft hatten, „eine gewisse Erfolgschance“ eingeräumt.

Steuerzahler müsste erneut zahlen

In einem ersten Verfahren im Juni hatte die Kammer die HRE zu rund 4.000 Euro Schadenersatz wegen unzutreffender Kapitalmarktinformation verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Bank inzwischen Berufung eingelegt. Weitere vier Klagen sind von Aktionären mangels Erfolgsaussichten zurückgenommen worden.

Die mit vornehmlich staatlichen Bürgschaften über 102 Milliarden Euro vor dem Zusammenbruch gerettete Hypo Real Estate Holding AG gehört inzwischen zu 90 Prozent dem Bund. Die vollständige Verstaatlichung der weiterhin Verlust schreibenden Pfandbriefbank und das Squeeze-Out der verbliebenen Aktionäre sollen eine Hauptversammlung voraussichtlich im Herbst abschließen. Würde die HRE zu Schadenersatz an Aktionäre verurteilt, müsste letztlich der Bund und damit der Steuerzahler zahlen. Gegen den früheren Vorstandschef Funke und das damalige Management ermittelt die Staatsanwaltschaft München wegen des Verdachts, den Kapitalmarkt falsch informiert zu haben.

Der Grünen-Obmann im HRE-Untersuchungsausschuss, Gerhard Schick, begründete seine Forderung nach einer Aussage Merkels damit, dass sie das erste Rettungspaket für die Bundesregierung „abschließend verhandelt und zugesagt hat“. Schick führte seine Forderung auf die Aussage von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann vor dem Ausschuss am Dienstag zurück. Ackermann habe erklärt, dass das Verhandlungsergebnis letztlich zwischen ihm und Bundeskanzlerin Merkel erzielt worden sei.

Die dafür nötige 25-Prozent-Mehrheit im Ausschuss, die nur alle drei Oppositionsparteien gemeinsam erreichen können, scheitert aber voraussichtlich an der FDP. Die Kanzlerin sei in die Rettungsaktion erst ganz spät eingeschaltet worden: „Wir haben sie derzeit als Zeugin noch nicht vorgesehen“, sagte FDP-Obmann Volker Wissing dem SWR, ebenfalls unter Berufung auf die Aussage Ackermanns.