EU-Kommission will neue Regeln für Bewertungsagenturen und fordert mehr Wettbewerb, Transparenz, Unabhängigkeit und Mit-Haftung.

Straßburg. Die Androhung einer Herabstufung der Eurozone durch die Bewertungsagentur Standard & Poor’s kommt genau drei Wochen, nachdem die EU-Kommission eine Regulierung der Branche angekündigt hat. Den großen Agenturen wird eine Mitschuld an der Finanzkrise gegeben, weil sie einst hochriskante Anlagen zu gut bewerteten. Auch in der Schuldenkrise ist ihre Rolle höchst umstritten. Hier noch einmal der aktuelle Vorschlag im Überblick:

Auflagen für Länder-Bewertungen

Künftig sollen die Ratingagenturen verpflichtet werden, ihre Bewertungen für Staaten und deren Anleihen alle sechs Monate statt wie bislang nur jedes Jahr zu erneuern. Um massive ungerechtfertigte Ausschläge an den Märkten zu verringern, sollen die Agenturen ihre Bewertungen nur noch außerhalb der europäischen Börsen-Handelszeiten vorlegen dürfen. Außerdem sollen die Prüfer die Staaten künftig 24 Stunden vor Veröffentlichung von der Analyse informieren müssen.

Mehr Transparenz

Künftig sollen die Bewerter Rechenschaft über ihre Methodik und die zugrunde liegenden Annahmen ablegen. Die Noten sollen an EU-Behörden weitergeleitet werden, die Anlegern dann einen Überblick für die Bewertung einzelner Finanzprodukte gewähren können. Die Preisgestaltung soll offengelegt werden, um zu verhindern, dass sich die Agenturen gute Noten vergüten lassen.

Haftung

Künftig sollen die Agenturen für gravierende Fehlleistungen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Beweislast soll dabei bei den Agenturen liegen.

Mehr Unabhängigkeit

Um die Abhängigkeit von einzelnen Agenturen zu verringern, will die EU-Kommission die Finanzmarktakteure darauf verpflichten, die Finanzprodukte selbst mehr unter die Lupe zu nehmen.

Um zu enge Bande zwischen den Prüfern und ihren Kunden zu verhindern, plant Brüssel ein Rotationssystem. So soll eine Agentur ein Wertpapier künftig nur noch drei Jahre lang bewerten dürfen. Führende Analysten sollen nicht länger als vier Jahre mit der Bewertung eines Produkts betraut werden.

Mehr Wettbewerb

Um die Vormachtstellung der großen drei Agenturen – Standard & Poor’s (S&P), Moody’s und Fitch – zu verringern, die derzeit rund 95 Prozent des Markts unter sich aufteilen, soll für große Spieler ein befristetes Übernahmeverbot gelten: Akteure mit einem Marktanteil von mehr als 20 Prozent am Bewertungsmarkt sollen für einen Zeitraum von zehn Jahren keinen kleineren Wettbewerber aufkaufen dürfen. Außerdem soll die Verflechtung innerhalb der Agenturen begrenzt werden. (dapd/abendblatt.de)