Berlin und Paris wollen mehr Tempo: Der Euro-Rettungsschirm soll bereits 2012 an den Start gehen. Eurobonds weiter unerwünscht.

Paris. Ein neuer Reformschub soll die Euro-Krise auch langfristig eindämmen. Mit demonstrativer Entschlossenheit gingen entsprechend Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und die deutsche Bundeskanzlerin Kanzlerin Angela Merkel vor, als sie heute noch vor dem EU-Gipfel in dieser Woche auf eine schnelle Reform der EU-Verträge pochen. Bei einem gemeinsamen Treffen in Paris gaben sie die gemeinsamen Leitlinien vor, um den Euro auf einen stabilen Kurs zu bringen. So soll auf dem Gipfel in Brüssel Ende dieser Woche schon die notwendigen Vertragsänderungen angegangen werden. Im besten Falle von allen 27 Mitgliedern – notfalls aber auch nur unter den 17 Euroländern. Der Euro-Rettungsschirm ESM soll bereits Ende 2012 an den Start gehen. Ursprünglich sollte der dauerhafte Rettungsfonds erst Mitte 2013 starten.

Gemeinsame Staatsanleihen der Euroländer, sogenannte Eurobonds, wollen beide Seiten derzeit nicht einführen. Sarkozy sagte: „Frankreich und Deutschland sind sich hundertprozentig einig, dass die Eurobonds auf gar keinen Fall eine Lösung für diese augenblickliche Krise sind, auf gar keinen Fall.“ Es sei „eine komische Idee“, die Schulden vergemeinschaften zu wollen, denn Deutschland und Frankreich müssten ja für die Schulden der anderen eintreten, ohne kontrollieren zu können, wie diese Schulden dort zustandekämen.

Am Donnerstag und Freitag in Brüssel soll die Entscheidung fallen, in welchem Rahmen die Verträge geändert und die Spielregeln zur besseren Haushaltskontrolle verschärft werden. Sarkozy sagte: „Die Zeitplanung ist sehr einfach. Am Mittwoch senden wir den Brief an (Ratspräsident Herman) Van Rompuy ab. Donnerstag und Freitag hoffen wir, alle Vorschläge, die wir vorzulegen haben, präsentieren zu können, und dann werden wir sehen, wie das Echo ist, ob man einen Vertrag mit 27 oder mit 17 Staaten anstrebt. (...) Wir sind uns der Schwere der Situation bewusst und auch der Verantwortung.“

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Merkel stellte klar, der „logische Weg“ sei, EU-Vertragsänderungen zur Verschärfung der Haushaltskontrolle mit allen 27 Mitgliedstaaten anzustreben. Sarkozy und sie seien aber entschlossen, bei Schwierigkeiten mit Nicht-Euro-Staaten Vertragsverschärfungen auch nur mit der Euro-Gruppe zu beschließen. Deutschland und Frankreich seien die beiden großen Volkswirtschaften in der EU und trügen für den Euro eine ganz besondere Verantwortung. Deutschland und Frankreich wollten den Prozess nun beschleunigen, sagte Sarkozy. „Unser Wille ist es, dann mit voller Kraft vorauszugehen, um das Vertrauen in den Euro, die Eurozone wieder herzustellen. Wir haben keine Zeit. Die Dinge liegen klar: so schnell wie möglich wird gehandelt auf der Basis dieser Vereinbarung zwischen Frankreich und Deutschland plus den anderen.“

Merkel betonte: „Wir werden natürlich auch mir dem Europaparlament sprechen und sagen, wie wir uns das vorstellen, damit jetzt kein Missverständnis auftritt, aber wir sind fest entschlossen, die Entscheidung jetzt genau bei diesem Rat herbeizuführen.“ Merkel betonte, dass bei den geplanten Sanktionen bis hin zum Klagerecht beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht jedes einzelne Budget eines Landes überprüft werden solle. Auch Sarkozy sagte, der EuGH könne nicht die nationalen Haushalte annullieren. Es gehe um die Umsetzung einer ernsthaften Schuldenbremse.

Angestrebt würden auch automatische Sanktionen gegen Schuldensünder, die mit einer qualifizierten Mehrheit beschlossen werden sollen. Teil der Vorschläge seien zudem nationale Schuldenbremsen sowie eine Beteiligung des Privatsektors. Sarkozy betonte die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB).

Deutschland und Frankreich einigten sich laut Merkel und Sarkozy auch im Streit um die Beteiligung des Privatsektors bei eventuellen Staatspleiten. Die Einbeziehung des Privatsektors im Zuge des künftigen Rettungsschirms ESM solle nach den Regeln des Internationalen Währungsfonds (IWF) erfolgen. Damit werde auf die Verunsicherung der Anleger bei Euro-Staatsanleihen reagiert, hieß es. Es werde keine „Lex Europa“ geben, die Anleger in Europa mehr verunsichere als Anleger anderswo auf der Welt, sagte Merkel.

Der FDP-Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher hat die heutigen deutsch-französischen Beschlüsse zur Bewältigung der Eurokrise gelobt. In der SWR-Talkshow „2+Leif“ sagte der ehemalige Außenminister: „Es geht darum, dass wir jetzt einen Kurs der Verantwortung einschlagen. Das verlangt Entscheidungskraft. Und in diesen Tagen erleben wir wie die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Präsident dieser Verantwortung gerecht geworden sind.“