Moody's hat das Vorhaben der EU, Ratingagenturen an die kurze Leine zu legen, scharf kritisiert. Die Unternehmensberatung Roland Berger ist zuversichtlich und wirbt verstärkt für eine europäische Ratingagentur.
Straßburg. Die Europäische Kommission will die Rating-Agenturen an die kurze Leine legen, sie zu mehr Transparenz zwingen und für ihre Fehler haftbar machen. Entsprechende Pläne stellte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier in Straßburg vor. Auf die höchst umstrittene zeitweise Aussetzung von Länderratings in Ausnahmefällen konnte sich die Kommission zunächst nicht einigen. Moody's, eine der größten Ratingagenturen, hat die Pläne am Mittwoch scharf kritisiert.
Das Vorhaben sei „gefährlich“ und schränke die Qualität und die Unabhängigkeit des Bewertungsprozesses ein, sagte der leitende Geschäftsführer von Moody's Investor Services, Michel Madelain, der Zeitung „Le Figaro“ vom Mittwoch. „Weder schaffen diese Vorschläge bei den Investoren Vertrauen, noch erleichtern sie Unternehmen und europäischen Staaten den Zugang zu den Kreditmärkten“, sagte Madelain. Statt dessen bedrohten sie den Bewertungsprozess.
Den Kommissionsplänen zufolge sollen die Agenturen künftig gegenüber EU-Aufsichtsbehörden nicht nur ihre Methodik und die ihren Bewertungen zugrunde liegenden Annahmen offenlegen, sondern auch die Preisgestaltung. Dies soll verhindern, dass sich die Bonitätsprüfer für gute Ratings belohnen lassen. Außerdem sollen langjährige Dominanzen durch eine Pflicht zu einem regelmäßigen Bewerterwechsel aufgebrochen werden und die Bonitätsprüfer für gravierende Fehler haften. "Rating-Agenturen haben in der Vergangenheit schwere Fehler begangen", begründete Barnier seinen Vorstoß.
Angesichts der geplanten schärferen sieht sich ein neuer Konkurrent allerdings im Aufwind. Die Unternehmensberatung Roland Berger, die bei Politikern und Investoren für eine neue europäische Ratingagentur wirbt, rechnet mit einem raschen Abschluss der Investorensuche. „Bis zum Jahresende wird das Konsortium noch nicht ganz stehen. Aber innerhalb des ersten Quartals 2012 schaffen wir es“, sagte der verantwortliche Roland-Berger-Partner Markus Krall der Tagszeitung „Die Welt„ (Mittwochausgabe). Krall versucht, Börsenbetreiber, Banken und andere Partner für das Projekt gewinnen.
Eine europäische Ratingagentur soll nach Kralls Vorstellungen ihre Produkte nicht an Emittenten von Wertpapieren, sondern an Wertpapier-Anleger verkaufen. Damit unterscheidet sich das Geschäftsmodell von dem der etablierten Ratingagenturen, die im Auftrag und auf Kosten von Unternehmen oder Ländern deren Bonität bewerten.
Unterdessen gab am Dienstag das EU-Parlament grünes Licht für schärfere Regeln für Leerverkäufe und für den Handel mit Kreditversicherungen (CDS). Nach den neuen Gesetzen können nationale Aufsichtsbehörden oder die neue EU-Börsenaufsicht ESMA künftig Leerverkäufe in Krisenzeiten befristet verbieten. Ungedeckte Leerverkäufe, bei denen Händler die Papiere gar nicht besitzen, sollen komplett verboten werden.
Mit Material von reuters/dapd