Vor allem Banken aus den USA sind von der Anpassung der Bonitätsnoten betroffen. Die Abstufungen belasten auch den deutschen Aktienmarkt.

New York/Hamburg. Die Ratingagentur Standard & Poor's hat die Kreditwürdigkeit eines Großteils der weltweit größten Finanzinstitute herabgestuft. Vor allem Banken aus den USA waren von der Anpassung der Bonitätsnoten am Dienstagabend betroffen: Die Bewertung von Bank of America, Citigroup, Goldman Sachs, JP Morgan Chase, Morgan Stanley und Wells Fargo wurde jeweils um mindestens eine Stufe nach unten korrigiert.

S&P veränderte auch das Rating der Deutschen Bank leicht. Der Ausblick für das „A+“-Rating, das im Vergleich zu anderen deutschen Banken solide ist, sei negativ, das Rating somit gefährdet, teilte S&P mit. Als Grund nannte die Agentur veränderte Bewertungsmethoden. Die Deutsche Bank wollte das am Mittwoch nicht offiziell kommentieren.

In den kommenden Monaten sollen weitere Neubewertungen folgen, was auch die Deutsche Bank treffen könnte. Das könnte teuer werden, denn wenn eine Bank ein schlechteres Rating erhält, muss sie mehr für frisches Geld vom Kapitalmarkt zahlen. Banker sprechen von steigenden Zinsen für die Refinanzierung.

S&P erklärte, dass in die neue Bewertung nun auch makroökonomische Trends und die Rolle von Regierungen und Zentralbanken eingeflossen seien. Die Agentur folgt damit einem Schritt der Ratingagentur Fitch. Die hatte ihr Deutsche-Bank-Rating ebenfalls als gefährdet bezeichnet. „Die Finanzkrise hat zu einem Teufelskreise zwischen dem Schicksal der Banken und dem der Staaten geführt“, schrieb Fitch. S&P wollte am Mittwochnachmittag mehr zu seiner neuen Herangehensweise sagen.

Die Kurse der betroffenen Geldhäuser fielen im nachbörslichen Handel zum Teil deutlich. Für sie könnte die Herabstufung finanziell erhebliche Folgen haben. Denn bei der Aufnahme von neuem Kapital müssen sie wegen des mutmaßlich höheren Risikos nun möglicherweise auch höhere Zinsen zahlen.

Insgesamt wurden nach Angaben der Agentur Änderungen in den Einstufungen von 37 Instituten vorgenommen. In die neue Bewertung seien auch makroökonomische Trends und die Rolle von Regierungen und Zentralbanken eingeflossen, teilte Standard & Poor's mit. Genaue Begründungen für die Einschätzungen im Einzelnen würden am Mittwoch geliefert, hieß es.

Auch die britischen Banken HSBC, Barclays und Royal Bank of Scotland wurden herabgestuft, ebenso die schweizerische UBS. Für mehrere Institute sei der Ausblick zudem „negativ“, hieß es am Abend weiter. Die Bewertung von Deutscher Bank, Credit Suisse, ING und Société Général hingegen blieb unverändert.

S&P-Bankenabstufungen belasten den deutschen Aktienmarkt

Der deutsche Aktienmarkt ist am Mittwoch nach drei Handelstagen mit teils kräftigen Gewinnen schwach gestartet. Auslöser sei, dass die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) die Kreditwürdigkeit zahlreicher Banken in den USA und Europa abgestuft habe, sagte ein Händler. Der deutsche Leitindex fiel im frühen Geschäft um 0,94 Prozent auf 5745 Punkte. Nach zuvor neun Handelstagen mit einem Gesamtminus von mehr als 11 Prozent konnte der Dax in den vergangenen drei Handelsrunden knapp acht Prozent davon wieder wettgemacht. Der MDax gab am Morgen um 0,86 Prozent auf 8538 Punkte nach. Der TecDax verlor 0,82 Prozent auf 679 Punkte.

Als „mehr oder weniger erwartet“ bezeichnete ein Börsianer dagegen die Beschlüsse während des EU-Finanzministertreffens, wonach die Schlagkraft des Euro-Rettungsfonds EFSF mindestens verdreifacht und möglicherweise sogar verfünffacht werden soll.

Die Aktien der Deutschen Bank und der Commerzbank waren mit jeweils rund zwei Prozent Verlusten die Schlusslichter im Dax.

EU will Macht der vier großen Wirtschaftsprüfer brechen

Neben den Ratingagenturen knüpft sich Brüssel jetzt auch die vier großen Wirtschaftsprüfer vor: Durch das Aufbrechen von deren Oligopol will Binnenmarktkommissar Michel Barnier für verlässlichere Bewertungen von Banken, Versicherern und großen Unternehmen sorgen. Die EU-Kommission legte am Mittwoch ein Maßnahmenpaket vor, über das die Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament nun beraten werden.

Nach Überzeugung Brüssels hat die Finanzkrise 2008 schwerwiegende Mängel im Markt der Wirtschaftsprüfer offengelegt. So seien Banken gute Zeugnisse ausgestellt worden, obwohl sie vor dem Zusammenbruch gestanden hätten.

Ein Exempel für Schwächen im Prüfbereich war zuletzt die Bilanzpanne bei der Hypo Real Estate, wo PwC-Experten ein Buchungsfehler über 55,5 Milliarden nicht aufgefallen war. „Das Investorenvertrauen in die Wirtschaftsprüfer ist von der Krise erschüttert worden“, sagte Barnier am Mittwoch. Deswegen „sind Veränderungen notwendig, um das Vertrauen in die Prüfergebnisse wiederherzustellen“.

Den Markt in der EU teilen sich zu 90 Prozent die sogenannten „Big 4“, Deloitte, Ernst & Young, KPMG and PricewaterhouseCoopers (PwC). Barnier will kleinen Konkurrenten den Markt öffnen. Neben der Marktdominanz sind der Kommission auch mögliche Interessenkonflikte ein Dorn im Auge.

Denn die Unternehmen verkaufen neben der Rechnungsprüfung auch noch Beratungsleistungen, was Abhängigkeiten zur Folge hat. Zu seinen vorgeschlagenen Maßnahmen gehört, dass Unternehmen nach sechs Jahren ihre Prüfer wechseln müssen. Zugleich will er verbieten, dass ein Unternehmen von derselben Firme geprüft und beraten wird. Darüber hinaus soll die Aufsicht durch nationale und europäische Behörden verstärkt werden.

Die betroffenen Gesellschaften hatten schon vorab vor einer Zerschlagung gewarnt, die jede Verhältnismäßigkeit vermissen lasse. Kritische Stimmen gibt es auch im EU-Parlament. So mahnte der konservative britische Abgeordnete und Berichterstatter Syed Kamall, ein zu starker Eingriff könne bedeutende unbeabsichtigte Folgen haben. Ein Wettbewerbszwang könne den Markt auch schwächen.

(dpa/dapd/abendblatt.de)