Die Erwartungen sind hoch. Länder ringen um Kompromiss. Machtkampf zwischen Deutschland und der Europäischen Zentralbank entbrannt.
Brüssel. Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und die 15 weiteren Staats- und Regierungschefs der Eurozone haben keine andere Wahl: Sie müssen am Donnerstag bei ihrem Krisengipfel in Brüssel ein zweites Hilfspaket für das hoch verschuldete Griechenland auf den Weg bringen. Da nach neuesten Spekulationen möglicherweise noch zusätzliche Beträge für die Rettung oder Absicherung von Banken in dem Krisenland bereitgestellt werden müssen, könnte der Notplan teurer werden als die bisher veranschlagten 120 Milliarden Euro. Offizielle Zahlen zu dem neuen Notplan fehlen bisher.
Die Finanzmärkte sind nervös, der Druck auf die EU-Spitzen steigt. Die von Griechenland ausgehende Krise droht auf auf Italien und Spanien überzugreifen. Dies sind große Kernländer des Eurogebiets, deren Risikoaufschläge für Staatsanleihen weiter ansteigen. Hinter den Brüsseler Kulissen wird händerringend an einem Kompromiss gearbeitet, den die von Luxemburgs Jean-Claude Juncker geführten Finanzminister nach wochenlangen Verhandlungen nicht schafften. Es gibt laufend Telefonkonferenzen und andere Vorbereitungstreffen.
Diplomaten meinen, dass es sich um einem Machtkampf von Deutschland und der Europäischen Zentralbank handelt. Die Bundesregierung will, gefolgt von den Niederlanden und Finnland, dass Banken und Versicherungen einen nennenswerten Teil des neuen Griechenland-Pakets schultern. Ratingagenturen kündigten bereits an, das sie dies als einen zumindest teilweisen Zahlungsausfall Griechenlands werten würden. Und das genau will die EZB verhindern, denn sie fürchtet Erschütterungen der Finanzmärkte wie bei der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers vor knapp drei Jahren. Mehrere Länder stehen laut Diplomaten hinter der EZB, darunter Frankreich und Spanien.
Sicher ist, dass der europäische Krisenfonds für wackelnde Eurostaaten (EFSF) bei der zweiten Griechenland-Rettung mit dabei sein wird. Beim ersten Hilfspaket der Eurostaaten und des Internationalen Währungsfonds (IWF) von 110 Milliarden Euro gab es ihn noch nicht.
Die Euroländer wollen dem Fonds in der Krise neue Aufgaben zuweisen – er könnte beispielsweise den Rückkauf griechischer Staatsanleihen finanzieren, damit die Schuldenlast Athens insgesamt sinkt. Auch der Kauf von Anleihen auf dem sogenannten Sekundärmarkt - das sind Privatanleger – wird debattiert. Für die letztere Variante müsste jedoch der EFSF-Vertrag geändert werden.
Um die Blockade bei der Bankenbeteiligung zu überwinden, machen inzwischen neue Vorschläge die Runde. So könnten Finanzinstitute über eine neue Steuer an der Griechenlandrettung beteiligt werden. Debattiert wird eine solche Abgabe schon länger - EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso schlug vor, Einnahmen aus einer Finanztransaktionsteuer in die EU-Kasse zu schleusen, um die Beiträge der Mitgliedstaaten am Union-Haushalt zu senken.