Ratingagentur Moody's droht USA mit einer Abstufung der Kreditwürdigkeit. Noch genießen Amerikaner die bestmögliche Bewertung.

New York. Europäische Schuldner konnten in den letzten Monaten schon ein Gespür für die Macht der Ratingagenturen gewinnen. Nachdem sie Griechenland, Portugal und Irland herbastuften, drohen sie jetzt auch den verschuldeten USA die Best-Bonität abzusprechen. Wegen des andauernden Streits über die Erhöhung der Schuldengrenze kündigt Moody's an, die Notbremse zu ziehen. Sie verlangen eine rechtzeitige Einigung, damit die USA ihre Bestnote "AAA" behalten könne. Die Agentur erklärte, dass die Wahrscheinlichkeit wächst, dass die Schuldengrenze nicht rechtzeitig erhöht würde und daraufhin US-Schuldtitel in Zahlungsverzug geraten könnten.

Es ist nicht die erste Androhung der Rating-Agenturen. Bereits im Frühjahr war eine Herabstufung im Gespräch. Doch jetzt will Moody's Ernst machen und setzt dem US-Rating die Bemerkung „review for possible downgrade“ bei - den Verweis, das bald abgestuft werden könnte. Für die Finanzmärkte kam dies offenbar überraschend. Der Dollar reagierte mit deutlichen Verlusten, der Euro legte innerhalb von Sekunden einen halben Cent zu. Der US-Aktienmarkt war zum Zeitpunkt der Ankündigung jedoch bereits geschlossen. Banken und Broker sagten für den Dax zur Eröffnung einen Abschlag von rund einem Prozent auf 7200 Punkte voraus.

Der Warnschuss der Ratingagentur Moody's gegen die von der Zahlungsunfähigkeit bedrohten USA hat am Donnerstag die Aktien- und Devisenmärkte in Asien belastet. Auch die anhaltende Schuldenkrise in Europa führte dazu, dass an der Leitbörse Tokio die großen Indizes nachgaben. Der Dollar fiel in die Nähe des seit vier Monaten niedrigsten Wertes. Der höhere Yen in Tokio hielt die Exportwerte unter Druck. Auch die anderen asiatischen Börsen tendierten überwiegend nach unten.

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Schlapper Riese Amerika

Die Vereinigten Staaten haben aus der Weltwirtschafts- und Finanzmarktkrise nichts gelernt. Die größte Volkswirtschaft der Welt treibt ihre Verschuldung voran wie ehedem. Bis Anfang August muss die Obergrenze für die Staatsverschuldung vom Kongress erneut erhöht werden. Derzeit liegt sie bei 14,3 Billionen Dollar - 14 300 Milliarden. Andernfalls droht der Zentralregierung in Washington die Zahlungsunfähigkeit. Die aktuelle Schuldenlast ist der höchste Wert in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Optimisten weisen darauf hin, dass es den USA noch immer gelungen sei, ihre Verschuldung wieder zurückzufahren, zuletzt in den 90er-Jahren während der Regierungszeit von Präsident Bill Clinton. Wenig allerdings spricht dafür, dass sich alte Erfolgsgeschichten an der Schuldenfront heute wiederholen lassen.

Die Terroranschläge des 11. September 2001 haben alles verändert, vor allem auch den Militärhaushalt der Vereinigten Staaten. Er ist so groß wie nie, und eine Trendwende - etwa ein kompletter Abzug der USA aus Afghanistan - ist nicht abzusehen. Doch auch ungeachtet dieser geostrategischen Hypothek sind die USA des Jahres 2011 weit von denen der 90er-Jahre entfernt. Jahrzehntelang war das Land die dynamischste Volkswirtschaft der Welt. Die Globalisierung des Welthandels und die Ausbreitung einer arbeitsteiligen Industrie bis in die letzten Winkel der Erde gehen letztlich vor allem auf den Schwung Amerikas zurück. Derzeit aber sind die USA ein schlapper Riese, während China und andere asiatische Staaten wirtschaftlich rasant aufholen.

Die Beharrungskräfte sind in Amerika stärker als die der Modernisierer. Der Politik gelingt es nicht, ein gerechteres Steuersystem einzuführen, das die Spitzenverdiener stärker heranzieht. Die Vereinigten Staaten ignorieren weitgehend die immensen Chancen, die ein Ausbau der erneuerbaren Energien gerade diesem riesigen sonnen- und windreichen Land bietet. Letztlich ist die US-Wirtschaft insgesamt veraltet - amerikanische Unternehmen produzieren zu wenige Güter, die Menschen brauchen und kaufen.

Stattdessen setzt das Land weiterhin auf Konsumismus und steigende Verschuldung und nimmt als einen Preis dafür eine wachsende Zahl armer Menschen in Kauf. Bedenklich ist das vor allem deshalb, weil Barack Obama vor allem mit dem Charisma des Erneuerers Präsident geworden ist. Leider konnte er diese Strahlkraft bislang nicht in wirtschaftliche Stärke verwandeln.